Musikalischer Umbruch

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Wir porträtieren an dieser Stelle bis zur Vernissage alle 20
mitwirkenden KünstlerInnen unserer Ausstellung
“10 im Quadrat Reloaded”
 im Farbenladen – mal Fotograf, mal
Modell. Heute: Musikerin Amira Warning.

Amira Warning, geboren 1995, schreibt deutschsprachige
Lieder und ist gespannt, wie das bei ihren Fans ankommen wird. Bisher hat sie auf
Englisch gesungen. Englisch versteht schließlich jeder und würde deshalb auch
eine potentielle internationale Karriere nicht behindern. Doch inzwischen ist
Amira das nicht mehr wichtig: „Wenn ich in Deutschland spiele, versteht mich
jeder und auf Deutsch kann ich mich besser und natürlicher ausdrücken.“ Der
Musikstil ist auch neu: „Singer-Songwriter und vom Beat her Hip-Hop und
Groove.“ Neben ihrem Soloprojekt Ami ist sie auch mit ihrem Vater Wally Warning
als Duo unterwegs. Gemeinsam bespielen sie Kulturplätze und wechseln sich ab
mit Gesang und Bass. Diesen Musikstil beschreibt Amira als Weltmusik mit ein
bisschen Reggae und Soul. Für sie ist es wichtig, dass beide Seiten
nebeneinander existieren. So kann sie einerseits ihr „eigenes Ding“ machen und
es andererseits genießen, wenn die ganze Familie bei den Auftritten mit ihrem
Vater dabei ist.

Text: Lena Schnelle

Foto: Diego Reindel

Raus aus München

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Beim “White Paper Festival” sollen

Designmarkt, Kurzfilme und Bands Besucher von München nach Dachau locken – und gleichzeitig die lokale Kulturszene bereichern.

Eine überwucherte Freifläche. Dahinter eine runtergekommene, zur Seite hin offene Fabrikhalle. Eine steife Brise weht übers Gelände. Donnergrollen. Annika Wenzel hat ihre Hände ganz tief in den Manteltaschen vergraben. „Wir waren schon so viel bei Regen hier, wenn an den Festivaltagen kein schönes Wetter ist, dann weiß ich auch nicht weiter“, sagt sie. Hier, auf dem Gelände einer ehemaligen Papierfabrik in Dachau, soll Mitte Juni ein zweitägiges Benefiz-Festival stattfinden mit dem Namen: „The White Paper“. Kurzfilme, Workshops, ein Designmarkt, lokale Essensstände und viele Bands sollen die Besucher nach Dachau locken. Hinter der Organisation stecken fünf junge Frauen, die seit Monaten in Eigenregie auf die Eröffnung hinarbeiten.

Warum in Dachau und nicht in der nahegelegenen Großstadt? „Wir wollten hier mal was für Dachau machen“, sagt Mitorganisatorin Lina Homann. Sie würden vor allem jungen Menschen gerne eine Alternative bieten, die normalerweise jedes Wochenende zum Feiern nach München fahren. Die Resonanz und die Wertschätzung für die Leistung, die man bringt, seien in Dachau außerdem viel größer. Und die Konkurrenz sei ihnen in München einfach zu groß gewesen. Eine viel umfangreichere Marketingmaschinerie wäre nötig gewesen, auf die sie, plump gesagt, einfach keinen Bock gehabt hätten. 

Denn bei all der Energie und Liebe zum Detail, die die Freundinnen in das Festival stecken, ist ihnen anzumerken: Da sind fünf junge Frauen am Werk, die nicht viel halten von Businessplänen, ausufernden Werbekampagnen und Selbstdarstellung. Da sind fünf Frauen, die lieber anpacken.

Und das tun sie seit einigen Jahren mit ihrem Verein „Wir sind Paul“. Packende Aktionen, Unterstützung, Leben, kurz Paul, lautet ihr Slogan, mit dem sie schon einen Kleidertausch und einen alternativen Weihnachtsmarkt im Dachauer Wasserturm organisiert haben. „Es gibt so viele schlechte Meldungen jeden Tag, man muss einfach anfangen, was im Kleinen zu tun“, sagt Mitgründerin Lina. Die Reaktionen auf die ersten Aktionen seien überwältigend gewesen: „Immer wieder wurden wir danach gefragt, wann wir denn wieder so etwas organisieren würden“, sagt sie. Die Idee für ein großes Festival stand sofort im Raum: „Das war wie ein Schneeball, den du runterrollst und der irgendwann nicht mehr zu bremsen ist.“

Über den Standort waren sich alle sofort einig: Es musste die alte Dachauer Papierfabrik werden, die 2006 stillgelegt wurde und seitdem keine Verwendung gefunden hat. Das Gelände ähnelt dem Münchner Viehhof, an dem sich die Jugend mit Graffiti und Streetart austobt. Etwas Geheimnisvolles, Verbotenes strahlt es aus. Die Initiatorinnen und ihre mehr als 40 ehrenamtlichen Helfer stapfen nun seit Monaten immer wieder bei Wind und Wetter auf dem alten Fabrikgelände umher, versuchen die während der vergangenen zehn Jahre überwucherte Freifläche in den Griff kriegen, zerbrechen sich den Kopf darüber, wie sie die Fabrikdecke dicht bekommen, bauen eine Infrastruktur auf. „Man muss sich mal vorstellen: Hier ist kein Wasser, hier ist kein Strom, hier ist nichts“, sagt Annika ein wenig entsetzt. Sie ist trotzdem voller Zuversicht, dass sie mit den nötigen Vorbereitungen rechtzeitig fertig werden.

Dass das Festival keine bestimmte Zielgruppe hat, sondern jeden ansprechen soll, sieht man am besten am geplanten Musik-Programm: Auf einer Open-Air- und einer Indoor-Bühne werden zwölf bunt durchgemischte Musikgruppen zu hören sein. So spielen die Neo-Volksmusikanten von Kofelgschroa, die Express Brass Band und Ami, die Tochter von Wally Warning.

Als eine Art Vorbild sehen die Organisatorinnen Tobias Schneider, den Kulturreferenten der Stadt Dachau, der „rührig und engagiert“ die Festivalplanung unterstütze. Eigentlich organisiert er regelmäßige Veranstaltungen wie den Dachauer Musiksommer. Dabei steckt er viel Geld in attraktive Line-ups und hat es so geschafft, selbst Publikum aus München in die vorgelagerte Kleinstadt zu locken – normalerweise funktioniert das nur umgekehrt. 

 Es ist noch nicht sicher, ob die jungen Frauen genug Geld zusammenkriegen, um überhaupt die Festivalkosten zu decken. Wenn aber im besten Fall etwas übrigbleibt, wissen Lina, Annika, Alice, Ines und Lena schon, wem sie das Geld spenden werden: an ein Straßenkinderprojekt in Bulgarien und die Organisation „Ein-Dollar-Brille“. 

Die Frage, ob es das Festival nächstes Jahr wieder geben soll, fällt den Frauen nicht leicht zu beantworten. „Das ist gerade schwer vorstellbar“, gibt Annika zu. Zu kräftezehrend seien die vergangenen Monate gewesen, zu viel Energie hätten sie für die Organisation aufbringen müssen. Auch sei es fragwürdig, ob der Standort alte Papierfabrik für ein weiteres Jahr in Frage komme. Ein Architekturwettbewerb zur zukünftigen Nutzung des Geländes hat schon stattgefunden, die Stadt Dachau erkennt so langsam das Potenzial dieses verwunschenen Ortes.  

Text: Tilman Waldhier

Foto: Niels Peter Joergensen

Die SZ Junge Leute Spotify Playlist im September

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Noch einige Tage läuft das
Oktoberfest in München – und der ein oder andere Wiesn-Besucher könnte das
Bedürfnis haben sich die Kugel zu geben, wenn er noch einmal ein Lied von
Andreas Gabalier hören muss. Gut, dass gerade noch rechtzeitig unsere Playlist
um die Ecke kommt und Alternativen bietet – mit viel guter Mucke und viel made
in Munich!

DOPE
LEMON – Fuck Things Up

Menschliches
Zusammenleben ist eine ständige Herausforderung. Einer
baut Mist, ein anderer ist traurig und am Ende hat es keiner so gemeint. Angus
Stone aka Dope Lemon erinnert mich mit seiner stoischen Gelassenheit daran,
dass wir Geschehenes manchmal einfach hinnehmen müssen, ohne uns lange den Kopf
darüber zu zerbrechen. Denn: Sometimes we just fuck things up.

Katharina Würzberg

 

AMI – Blessing & Curse

Diese
raue und doch weiche Stimme, die dich mit so viel Gefühl und Leichtigkeit
mitnimmt. Mitnimmt in die Geschichte, die sie und die sanften Akkorde erzählt.
Hier ist es die einer Liebe – die auch wehtun kann. Einfach nur schön
zu zuhören.

Stephanie Albinger

 

Passenger
– Young As The Morning Old As The Sea

Leicht
und melodisch kommt der neue Song von Passenger-Sänger Mike Rosenberg daher. „Young
As The Morning Old As The Sea“ erzählt vom Fernweh und der damit verbundenen Suche
nach dem Glück. Rosenberg nimmt seine Zuhörer mit auf eine gedankliche
Fernreise nach Norwegen und Schweden über Russland bis hin nach Spanien. Die
leichten Gitarrenklänge wirken
beruhigend und gleichzeitig wehmütig – eine Kombination, die Rosenberg
meisterlich beherrscht. „I wanna be sunny and bright as a sunrise, happy and
full as the moon, I’m fleeting like fireworks fading too soon.” Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Barbara Forster

 

Green Day – Bang Bang

Nach
vier Jahren Absenz melden sich die kalifornischen Punkrocker von Green Day zurück
– und das gleich mit einem Knall. Die erste Singleauskopplung “Bang
Bang” aus ihrem zwölften Studioalbum “Revolution Radio” prangert
Massenschießereien in den USA und deren Rezeption in den sozialen Medien an.
Mit hohem Tempo, reduzierten Power Chords und orientalisch anmutendem
Tonmaterial in der Bridge erinnert der Song an die frühen Werke der Band. Das
Album erscheint am 07. Oktober – die erste Single macht auf jeden Fall Lust auf
mehr.

Maximilian Mumme

 

Lotte Kestner – Bluebird of
Happines

Endlich
Herbst. Endlich kurze Tage. Endlich Entschleunigung. Für den Herbst habe ich
20 000 Lieblingslieder und Liebeslieder. Das hier zum Beispiel. Zu sehnsüchtig
für den Tag, zu schmerzhaft für ein Schlaflied – aber jeder Song der
Trespassers-Williams-Sängerin ist beruhigender als Kräutertee.

Michael Bremmer

 

Brock Berrigan – A Night in Vegas

Allein
der Songtitel lässt genug Bilder im Kopf auftauchen. Der imposante 60s Bigband
Sound, passend zu einer Nacht am Pokertisch in der großen Stadt, wird verfolgt
von einem erfrischendem Boombap-Rhythmus. In Film Noir Manier lassen die
Damenvocals womöglich auf den weiteren Verlauf des Abends im Hotelzimmer
schließen…

Bobbie Spangler

 

Anges Obel – Familiar

Vor kurzer Zeit hat die dänische Singer-Songwriterin Agnes Obel ihr neues Album
“Citizen of Glass” mit der Single “Familiar”
veröffentlicht. Ein Geschenk für graue verregnete Oktobertage, die da kommen
mögen – ihre Melodien sind so gedämpft wie die Stimmung, die man kriegt, wenn‘s
draußen kalt ist und man mit Tee und Kuschelsocken auf dem Sofa bleiben will.
Und doch hellen sie solche Tage auch ein wenig auf – kraftvoll
wie leicht akustisch umgesetzt und dabei so episch, wie es man es zuletzt von
Enya kannte. Die neue Single “Familiar” ist neben den ruhigen Klaviermelodien
auch geprägt von Cello-Parts und leichten Elektro Einklängen, wie sie momentan
eben überall mit drin sein müssen.

Anne Gerstenberg

Mumford and Sons – The Boxer

Ja,
weder „The Boxer“ noch Mumford and Sons ist neu, und ja, vielleicht auch nicht
sehr innovativ, aber dafür umso schöner. Für mich ist diese Version des Simon
and Garfunkel-Klassikers ausnahmsweise, und ganz im Gegensatz zu derzeit
kursierenden Remakes anderer Songs dieser Ikonen, ein eindeutiger Zugewinn.
Traurig und voller Hoffnung zugleich. Das zerreisst innerlich und legt
gleichzeitig eine tröstende Hand auf die Schmerzen.

Theresa Parstofer

 

Okta Logue – Distance

Man
fühlt sich wie auf einer Zeitreise, wenn man Okta Logue hört. Da sind Einflüsse
aus den letzten Jahrzehnten der Musikgeschichte, leicht psychedelisch dank der
Orgel und den Synthie-Klängen, dann wieder modern und indielastig dank der
Gitarre. Mit den beiden Alben „Tales of Transit“ und „Diamonds and Despair“ fällt
man beim Zuhören einfach aus der Zeit und aus jeglicher Musikkonvention heraus,
denn jeder Song überrascht aufs Neue mit märchenhaften und außergewöhnlichen
Varianten einer Musikrichtung, die eigentlich nicht wirklich einzuordnen ist.
„Distance“ hat mich vor allem mit seiner Bass-Line gepackt, die gegen Ende den
Song immer noch weiter vorantreibt und sechs Minuten eines grandiosen Songs
ausfüllt, der eigentlich perfekt den Stil der Band einfängt.

Marina Sprenger

 

Mark Forster – Chöre

Jeder
hat mal Selbstzweifel. Wenn man vor großen Herausforderungen steht, wenn man
Angst davor hat etwas nicht zu schaffen oder wenn man zurückgewiesen wurde. Was
da hilft, sind ein paar aufbauende Worte und die hatte Mark Forster mit „Chöre“
in diesem September für mich.

Anastasia Trenkler

 

The
Whiskey Foundation – Man of the Moon

Seit ich
die Whiskeys als Vorband von AC/DC live gesehen hab, laufen sie bei mir rauf
und runter. Man of the Moon ist mein absolutes Lieblingslied und das nicht nur
wegen Murats cooler Stimme, sondern weil das Lied eine Mischung aus den frühen
Werken der Stones und Muddy Waters ist. Kopfhörer
rein, Sonnenbrille auf und sich wie in einer verrauchten Bar in den 60ern
fühlen

Serafina Ferizaj

 

LCAW – Painted Sky

Kaum zu
fassen, dass der neue Song des Münchners Leon Weber alias LCAW in den Radios
rauf und runter läuft. 2013 wurde LCAW quasi über Nacht zum angesagten DJ in
ganz Europa und legt seitdem auch auf Festivals auf. Dieser Song hat die
perfekte Mischung zwischen Elektrosound und coolem Indiepop, er vertreibt
sommerleicht den düsteren Herbst und zeigt, wie bunt der Himmel mit den
richtigen Klängen sein kann.

Sandra Will

 

Noname
feat. Xavier Omär – All I Need

„Im a fucking rapper. You don’t have to keep saying
female.“ Das hat
Noname vor Kurzem auf Facebook gepostet und verdammt, sie hat so recht. Ein
Grund mehr diese junge Musikerin nicht zu unterschätzen!

Jacqueline Lang


KYTES – Room 509

Das
Album das Munich’s Finest KYTES letzte Woche rausgehauen haben ist ein Brett,
das haben wir ja schon geklärt. Besonders gut gefällt mir „Room 509“, das Lied
reißt mit seiner Energie einfach mit. Round and round!

Philipp Kreiter


Pete Doherty – I Don’t Love Anyone (But You’re Not Just Anyone)

Nach
seinem ersten Soloalbum 2009 hat Pete Doherty sich letzte Woche
überraschend mit einer Single zurückgemeldet. „I Don’t Love Anyone (But
You’re Not Just Anyone)“ heißt die Ballade. Der poetische Song passt
perfekt zum wehmütigen Abschied vom Sommer, aber auch zur ersten Tasse
Tee im Herbst auf dem Sofa. Mehr von Pete Doherty gibt’s dann im
Dezember mit dem Album „Hamburg Demonstrations“, dessen Aufnahmen in der
deutschen Hansestadt entstanden sind

Elisabeth Kagermeier


Musikalische Fundgrube

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“Das  heftigste Festival, das  Minga je gesehen hat. 18000 Bands an einem Tag ins G’sicht.” Sagt Rainer Gärtner, Sänger von “Impala Ray”. Natürlich übertreibt er ein bisschen. Aber im 15-Minuten-Takt zeigt sich beim Sound Of Munich Now, wie spannend die junge Bandszene der Stadt ist (Fotos: Käthe deKoe).

Von Theresa Parstorfer

Es hätte auch regnen können. Dann wären die Gesichter der Wartenden in der Schlange vor dem Feierwerk mit Sicherheit weniger entspannt, weniger gut gelaunt. Es hätte auch zehn Grad kälter sein können, schließlich ist schon November. Aber die Luft ist angenehm, irgendwo zwischen Herbstfrische und Spätsommerbrise. Es ist 17.45 Uhr, Samstagabend, die Türen zur Hansa 39 sind noch nicht einmal geöffnet, aber die Menschenschlange reicht schon fast bis zur Straße.

Einmal im Jahr trifft sich beim Sound-Of-Munich-Now-Festival, veranstaltet vom Feierwerk und der SZ, die Münchner Musikfamilie. 21 junge Bands spielen im 15-Minuten-Takt auf zwei Bühnen in einer Halle. Hat man einmal einen guten Platz ergattert, genügt eine kleine Körperdrehung, um abwechselnd beschallt zu werden. Hüftschwung rechts, Hüftschwung links ist das Motto des Abends. Zudem ist es ratsam, einen guten Zeitplan zu haben. Denn ist man einmal draußen aus der Halle, könnte es ein wenig dauern, bis man wieder hineinkommt, sodass ein Toilettenbesuch bedeuten könnte, die Lieblingsband zu verpassen.

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„Das heftigste Festival, das Minga je gesehen hat“, begrüßt Rainer Gärtner um 22.10 Uhr das schon schwitzende, aber immer lauter jubelnde Publikum und lacht, „18 000 Bands an einem Tag ins G’sicht.“ Als seine Band Impala Ray, die sich in diesem Sommer durch die beliebtesten Open-Air-Festivals Bayerns gespielt hat, auf die Bühne kommt, wird niemand mehr in die Halle gelassen, ob Bändchen oder nicht. Einlassstopp. Ein wenig gegrummelt wird da vor der Tür schon, von denen, die die lebensfrohen, bunten Folk-Klänge von Tuba, Hackbrett und Banjo nun lediglich von der Vorhalle aus hören können.

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Aber es gibt noch so viel mehr zu entdecken auf diesem Festival. Etwa bei der Electronica-Nacht und beim Show-Case von Alpinerecords am Freitag. Am Samstag treten in den beiden benachbarten Hallen weitere zehn Bands auf. Die beiden Münchner Plattenfirmen „Redwinetunes“ und „Gutfeeling Records“ stellen „handverlesene Acts“ vor. So kann im Orangehouse gleich zu Anfang ein bisschen geschwelgt werden, als Paul Kowol mit seiner Gitarre, einem schmachtenden Hundeblick und einer Stimme, die an Jesper Munk erinnert, süß-melancholische Liebeslieder singt.

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20.45 Uhr, die Schlange der Wartenden vor der Halle wird immer länger. Viele der Menschen, die vor dem Feierwerk warten, sind zum ersten Mal dort, kennen auch keine der Bands, aber harren aus. „Eine halbe Stunde“, sagen zwei junge Frauen aus Aachen, die für ein Wochenende zu Besuch sind – der Ruf des Festivals eilt schon über die Grenzen der bayerischen Hauptstadt hinaus. „Eine halbe Ewigkeit“, wartet hingegen eine Gruppe junger Männer, die schon öfter hier waren, und sich heute wieder von der Münchner Bandvielfalt überraschen lassen wollen. Dafür müssen sie geduldig sein.

Auf einmal ist es aber gar nicht mehr so schlimm, in der Schlange zu stehen, denn plötzlich gibt es auch hier Musik. Les Millionnaires, die das Festival und das Publikumsinteresse kennen, nutzen die Situation für ein Spontankonzert im Freien. Gut, dass Christian Höck und Fredo Ramone nicht mehr unter ihrem alten Bandnamen Phonoboy unterwegs sind, denn streng genommen darf jede Band nur einmal bei „Sound Of Munich Now“ auftreten, und mit Phonoboy waren sie schon vor zwei Jahren dabei – damals in der Halle.

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Jakob Arnu, Philip-Maximilian Meier und Pia Kreissl von Swallow Tailed empfinden es „schon als Ehre, heute spielen zu dürfen“. Schließlich ist das „so ein bisschen die Münchner Musik-Elite, die sich heute hier trifft. Und zu wissen, dass man da dazugezählt wird, ist schön“, sagt Jakob. Auch Lukasz Kolny, Bassist von Chinese Silk and Videotape, freut sich total, hier zu sein. Seine Band wartet schon seit ein paar Jahren auf eine Einladung – und auch wenn sie dieses Jahr sehr kurzfristig eingesprungen sind, versetzen sie um 22.40 Uhr 500 Zuhörer mit den drei Songs, die sie zum Besten geben, in einen elektronischen Indie-Rausch. Das ist eine weitere Folge des strikten Zeitplans: Jede Band hat 15 Minuten, in die kann gepackt werden, was an Liedern reingeht.  Drei bis vier Songs, das ist der Mittelwert.

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Lost Name aka Andreas Langhammer entscheidet sich hingegen für nur zwei Lieder. Das macht auch Sinn, denn seine Musik lebt von den unzähligen Loops, die er strumpfsockig bedient, während er gleichzeitig sehnsuchtsvolle Melodien auf der Gitarre zupft. Seine Musik ist ein bisschen wie wenn der Wind durch buntes Herbstlaub fährt, wie ein Sich-fallen-Lassen in süße oder auch schmerzhafte Erinnerungen. Dann heißt es aber auch schon wieder Hüftschwung rechts, denn auf der großen Bühne hat AMI bereits die Gitarre umgeschnallt. Sie ist derzeit „mit Sicherheit eine der aufregendsten jungen Künstlerinnen in München“, sagt SZ-Moderator Michael Bremmer. Als die junge Amira Warning, unterstützt von ihrem Vater, dem Reggae-Musiker Wally Warning, ihre rauchige Stimme erklingen lässt, ist ihr die Aufmerksamkeit in der ganzen Halle gewiss – und nach ihren vier Songs tobt das Publikum. 

Hüftschwung links: Eine weitere Neuentdeckung steht auf der kleinen Bühne in den Startlöchern. Ella Josaline ist 16 Jahre alt. In zwei Wochen wird ihre erste Platte veröffentlicht, nachdem Musikmanager Gerald Huber vor einem Jahr ein Video von ihr bei Youtube gesehen hat. Ihre verträumte, aber durchaus mitreißende Folk-Musik steht in starkem Kontrast zu den wahrscheinlich experimentellsten Künstlern des Abends: Nalan 381. Improvisierter, sirenenhaft-klagender Gesang auf teilweise gar nicht mehr an Musik erinnernden Geräuschen. Aber gerade diese Mischung schätzt das Publikum, niemand verlässt die Halle. Auch das ist „Sound Of Munich Now“: im 15 Minuten-Takt Einblicke in fremde Musikwelten erhalten.

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Neugierig geworden treibt es einige Zuschauer nach den Auftritten zum Merchandise-Stand neben der Bar. Zwei Damen begutachten den Musik-Sampler des diesjährigen Festivals. „Wer war das ganz junge, blonde Mädchen?“ Ja, das war Ella Joseline. Von ihr und AMI, von Timothy Auld, der um 22.40 Uhr eine locker-coole Show zwischen R ’n’ B, Pop und Hip-Hop abliefert, und von vielen anderen der an diesem Abend zu bestaunenden Bands wird noch zu hören sein. „Sound Of Munich Now“ bietet nicht nur einen Schnelldurchlauf durch alle derzeit möglichen Musikrichtungen, sondern ist Fundgrube und Aussichtsplattform zugleich – und dafür lohnt es sich sogar, eine kleine, halbe Ewigkeit in einer Warteschlange zu verbringen. Vor allem, wenn die Herbstnacht so mild ist.