Captain, my Captain (Alternative)

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Jahr: 2014, Woche: 21

Die Musiker Christoph Elwert und Kevin Thoma erfinden eine Geschichte: Ein Seemann kämpft mit dem Stürmen und Tücken des Meeres, kehrt nach Hause zurück, doch sein Haus ist abgebrannt. Die Abenteuer, die ihr Pirat erlebt haben die beiden Münchner rockig vertont.


Fortsetzungsromane waren im 19. Jahrhundert ganz groß. All die Abenteuer-Geschichten – vom Grafen von Monte Christo zu den drei Musketieren – wurden zuerst in kleinen Häppchen in Zeitungen veröffentlicht; Cliffhanger und Spannungsaufbau inklusive. In der Moderne wurde das von Fernsehserien abgelöst, die Sucht des Publikums dafür ist geblieben. Wenn die Band Captain, my Captain (Foto: Johann Oswald) dieses Prinzip nun auf die künstlerische Arbeit einer Rock-Band überträgt, schaffen sie da eine spannende Zwischenform: in etwa wie ein Musical, das aber seine Geschichte nicht auf einer groß-inszenierten Theaterbühne erzählt, sondern mehr wie ein gesungenes Hörspiel klingt.
 
Die Geschichte ist eigentlich ganz einfach: Die beiden Musiker Kevin Thoma und Christoph Elwert spielten früher in der Indie-Rock-Band Jeffrey. Als die sich 2009 auflöste, wollten die beiden die Musik ein wenig konzeptueller angehen. Bevor die ersten Akkorde von Kevin mit den Schlagzeug-Beats von Christoph zusammengebracht wurden, überlegten sich die beiden eine Geschichte, fiktiv und in einer ganz klassischen Dramenkonstellation: Ein junger Seemann kehrt nach Hause zurück, aber sein Haus ist abgebrannt und die Familie ist verschwunden. Also bricht er erneut auf, erwirbt ein Schiff und macht sich auf die Suche. Die erste EP, die sie in Eigenregie selbst aufgenommen haben, erschien als „Chapter One“ 2011, gerade wird am Nachfolger gearbeitet, der aber in einem Studio aufgenommen werden soll: „Im Laufe der Zeit haben wir die Story weiterentwickelt und daraus sind in den vergangenen Monaten elf weitere Songs entstanden, die wir nun nach und aufnehmen werden“, sagt Kevin.
 
Die Musik von Captain, my Captain klingt erst einmal überhaupt nicht nach Helden-Epos, wie man es thematisch noch von manchen Metal-Bands kennt, sondern ist schlichter Alternative-Rock. Doch sie füllen durch die Geschichte, aber auch durch die darauf abgestimmte grafische Gestaltung ihrer EP und Homepage dieses etwas altbackene Genre mit neuem Inhalt.
 
Anfang Juni wird die erste neue Single veröffentlicht, Ende des Jahres soll dann ein ganzes Album entstehen, auf dem die Geschichte vom einsamen, suchenden Kapitän weitergesponnen wird.  Rita Argauer
 
Stil: Alternative
Besetzung: Christoph Elwert (Schlagzeug, Keyboard), Kevin Thoma (Gesang, Gitarre, Bass)
Aus: München / Augsburg
Seit: 2009
Internet: www.captainmycaptain.de

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Godzilla Tabula Rasa (Alternative / Indie)

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Jahr: 2012, Woche: 40

Gegen die Zwänge der musikalischen Vergangenheit: Irgendwo zwischen Britrock-Veteranen und eingängigen Refrains machen Godzilla Tabula Rasa doch einfach, was sie wollen.

Die Punk-Bewegung war gegen die Hippies, Dada gegen den Impressionismus. Godzilla Tabula Rasa ist gegen die Zwänge der Vergangenheit. Vor allem gegen die der musikalischen Vergangenheit. Die Band aus dem Landkreis Starnberg nimmt das Monstrum, das in apokalyptischen Filmen für das Niedermähen von Großstädten zuständig ist, und stellt es vor das schulmeisterliche Sprichwort. Und so machen sie klar, dass sie ganz anarchistisch einfach machen, was sie wollen. Ihren Musikstil nennen sie „Anti-No-Future-Beat“. Das sei eine Anspielung auf die Slogans der Hardcore-Szene, erklärt Gitarrist Manuel Süß. Und das, obwohl die Musik von Godzilla Tabula Rasa mit klassischem Hardcore eher wenig zu tun hat. „Es macht fast keinen Unterschied, ob wir Indie, Alternative oder gleich Anti-No-Future-Beat schreiben“, sagt Manuel, am Ende wisse sowieso niemand, wie es wirklich klinge.
Wie sie wirklich klingen, kann man sich nun allerdings auf ihrer im Juni erschienenen Debüt-EP anhören. Irgendwo zwischen den Britrock-Veteranen und einem Faible für wirklich eingängige Refrains. Das wirkt dann schon wieder erstaunlich gekonnt, fast abgebrüht und professionell. Doch zwischen den Zeilen blitzt in den Texten der gleiche schalkhafte Nonsens durch: Wie im vermeintlichen Lovesong „Olivia“, der textlich zur zynischen Phrasenmäherei wird. Oder in einem Live-Video, in dem sich Sänger und Gitarrist Max Schelkle mit Sombrero in eine Witzfigur verwandelt, die Band dann aber den darauffolgenden Song gekonnt und tight spielt. Mit diesem lapidaren Schalk gehen sie auch die Planungen für ihr Album an – das demnächst folgen soll. Dem Zwang des Perfektionismus der Indie-Szene wollen sie sich allerdings entziehen: Sie planen, mit einem Acht-Spur-Kassettenrekorder aufzunehmen. Rita Argauer

Stil: Alternative, Indie
Besetzung: Marco Helmer: Bass, Gesang; Max Schelkle: Gitarre, Gesang; Manuel Süß: Gitarre, Gesang; Christoph Liedl: Schlagzeug/Gesang
Aus: Peißenberg, München
Seit: 2011

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.