Band der Woche: Zembiotix

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Es gibt sie immer wieder, diese oft recht fröhlichen Sängerknaben, die ohne die Hilfe von Instrumenten Musik erschaffen, die dennoch ausgesprochen füllig klingt. In den Neunzigerjahren waren das Die Prinzen aus Leipzig, die tatsächlich jedes Album in einer instrumentierten Fassung und einer A-Capella-Version veröffentlichten. Nach der Jahrtausendwende folgten dann die Wise Guys, die sich das Instrumentieren ganz sparten, aber übergreifenden Erfolg bei den Positive-Thinking-Alternativen einer Post-Hippie-Generation genauso wie als Gesangsvorlage bei der Pfarrei-Jugendfreizeit hatten. A-Cappella-Musik existiert als Mainstream-Nische des Popgeschäfts, musikalisch und stilistisch aber weitestgehend abgeschottet von Trends.

 „A-Capella und Beatbox sind so weit von einander entfernt wie Breakdance und Ballett“, erklärt Konrad Wiebe recht trocken dazu. Eine gewagte Aussage. Denn strukturell ist die Musik, an der Konrad gerade arbeitet, ziemlich nah an der eines A-Capella-Ensembles. Denn zusammen mit der Sängerin Kathi Junker schafft der Beatboxer und Produzent gerade eine Version von A-Capella-Musik, die nach Bubblegum-Pop klingt und über das Beatboxing als Unplugged-DJ für Rapper weit hinaus geht. Denn die Zembiotix (Foto: Konrad Wiebe), wie sich Konrad und Kathi im A-Capella-Techno-Duo nennen, machen elektronische Tanzmusik. Und streng genommen gibt es da einen sehr großen Unterschied zur gewöhnlichen A-Capella-Szene: Denn dort wird die Musik allein durch unterschiedlich gesetzte Ahs und Ohs, Blubbs und Las produziert, auf die dann eine Solo-Stimme gesetzt werden kann. Damit die Musik von Kathi und Konrad aber auch auf der Tanzfläche drücken kann, nutzen die beiden allerhand Effektgeräte. Das einfachste ist die Loop-Station, die die beiden davon befreit, sich noch einen Chor mit auf die Bühne zu stellen. Denn die Loop-Station vervielfacht die Stimmen von Kathi und Konrad. Dann gibt es noch Verzerrer, Kompressoren, Gates und diverses anderes, was die menschliche Stimme so verfremdet, dass sie mal wie ein Synthesizer, mal wie ein Drumcomputer klingt.
 Konrad ist eigentlich Beatboxer. Als Jugendlicher hatte er den französischen Beatboxer Poolpo auf Youtube gesehen – im Zuge dessen brachte er sich mittels diverser Youtube-Tutorials das Beat-Boxen selbst bei. Unter dem Namen Massive Noise professionalisierte er dieses Können. Mit diesem Projekt waren er und ein Freund als menschliche Synthesizer in der Republik unterwegs, unter anderem zu Auftritten in Berlin vor Samy Deluxe. Als sein Kollege sich mehr auf sein Studium konzentrieren wollte, brach das Projekt auseinander und der mittlerweile 25-Jährige widmete sich einem Kurs in Musikdesign an der Akademie Deutsche Pop. Und das wendet er nun in seinen Produktionen an: Über soziale Netzwerke fand er sich mit der 19-Jährigen Sängerin Kathi zusammen. Anfangs spielten sie noch mit einem Gitarristen, nach dessen Ausstieg stellten sie fest, dass die rein vokale Arbeit auch einen gewissen Reiz hat. Und sie begannen Cover-Versionen oder – anders ausgedrückt – Remixes von bekannten Popstücken aufzunehmen. Etwa MGMTs „Kids“, das in der Version von den Zembiotix auf Youtube mittlerweile Klicks im mittleren fünfstelligen Bereich hat. „Die größte Herausforderung an unserem Projekt ist wahrscheinlich unsere Musik, die komplett aus Vocals besteht, qualitativ wie elektronische Musik klingen zu lassen“, sagt Konrad. Und abgesehen davon, dass ihre Musik harmonisch ab und an noch etwas brav ist, erfüllen sie diesen Anspruch schon ganz gut. 

Stil: A-Capella–Techno
Besetzung: Kathi Junker (Gesang), Konrad Wiebe (Beatboxing, Produktion)
Aus: München
Seit: 2014
Internet: www.facebook.com/zembiotix1

Von: Rita Argauer

Foto: Konrad Wiebe