Bereits in der Schule war Lukas Illig, 26, Klassenclown und verarbeitete den Stufentratsch zu Ein-Mann-Shows. Heute arbeitet er hauptberuflich als Witzeschreiber. Aber kann man auf Knopfdruck lustig sein?
Zwei Jungs, die ein ganz spezieller Humor miteinander verbindet. Der kommt nicht bei jedem gut an, der Freundschaft tut das aber keinen Abbruch.
Eine weitere Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.
Pierre und ich schleichen uns unauffällig aus der Küche. Wir holen unsere
Jacken aus dem Wohnzimmer, schließen die Haustür auf, und sind weg. Wir sind
ein Stockwerk tiefer angekommen, als die Tür wieder aufgeht. „Wo geht ihr denn
hin?“, schreien die beiden Mädels aufgeregt. „Erigieren!“, rufen wir im
Einklang. Wir kichern, und laufen weiter.
Etwa eine Stunde vorher. Samstagabend, kleine WG-Party im Westend. „Tut mir echt
leid Alter“, murmelt Pierre, „hätte ich das gewusst, dann hätte ich dich echt
nicht hergeschleppt.“ Ich reagiere nicht, er kann ja nichts dafür. Plötzlich
fängt er an zu Grinsen. Das ist meist ein schlechtes Zeichen – nämlich ein
Zeichen dafür, dass gleich eine sehr dumme Aussage seinen Mund verlassen wird.
„Okay, Frage: Was macht ein König?“. Er räuspert sich. Mittlerweile sind seine
Mundwinkel fast an den Ohren angekommen. Pierre hat einen sehr distinkten Humor
– man könnte sagen, irgendwo weit hinter der Grenze des guten Geschmacks. Ich
grinse auch schon. Ich habe keine Ahnung was kommt, aber ich lache auch meistens
erst da, wo andere schon die Augen verdrehen. „Keine Ahnung“, antworte ich. Ich
lasse mir meine Vorfreude auf die kommende Aussage nicht anmerken. „Er regiert,
er regiert, er regiert!“ Wir prusten los, wie pubertäre Achtklässler. Geil,
mentale Notiz wird gemacht. Daraus lässt sich irgendwann was machen.
Die WG-Bewohnerinnen haben mittlerweile festgestellt, dass unsere Ecke
deutlich unterhaltsamer ist als der Rest der Party. Sie gesellen sich zu Pierre
und mir, das Schuljungengekicher hat es ihnen wohl angetan. „Jungs, wir wollen
mitlachen!“, sagt die Eine. Für Pierre ist das natürlich kein Problem. Ich
hingegen sehe das Problem kommen – darüber wird hier außer uns keiner lachen.
Zu spät, der Gute ist schon in seiner Routine. „Okay, Frage: Was macht ein
König?“ – „Wie was macht ein König?“ – Geht ja schon gut los. Aber Pierre merkt
es nicht, er will die Pointe loswerden. „Er regiert, er regiert, er regiert!“ –
Wir prusten wieder los. Was witzig ist, bleibt witzig. „Versteh ich nicht“,
sagt die Eine. Damit ist der Witz nun tot. „Ja, er regiert halt. E-RI-GIERT!
Das kennst du doch, oder?“ Wir prusten weiter. Ich stell mir die britischen
Royals vor – verlieren ja alle schon die Haare vom ständigen regieren.
Testosteron, und so.
Die Mädels haben keine Lust mehr. Pierre und ich stellen fest, dass uns auf
dieser Party nichts mehr hält. Hier werden wir keine Freunde finden, zumindest
nicht die Art von Freundschaft, die uns zusammenhält. Je mehr wir uns gemeinsam
in sozialen Situationen aufhalten, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass wir
leicht speziell sind. „Stimmt doch gar nicht“, schlussfolgert Pierre, „aber wer
über regierende Erektionen nicht lachen kann hat meine Anwesenheit nicht
verdient!“ Wir schleichen uns unauffällig aus der Küche. Wir holen unsere
Jacken aus dem Wohnzimmer, schließen die Haustür auf, und sind weg.