Kunst wie Kamerablitze

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Das diesjährige „Sound Of Munich Now“-Festival im Feierwerk zelebriert die bunte Musikszene Münchens – und blickt
zudem nach Augsburg und Regensburg. Revue eines mitreißenden Festivals

Rockige Riffs. Klick. Licht aus. Klick. Schulterblick, andere Bühne. Klick. Der Abend füllt sich mit Augenblicken, die einen so schnell erfassen wie der Blitz einer Kamera. Und sobald man die Augen wieder öffnen kann, kommt schon der nächste intensive Blitz. Die zarte Stimme von pourElise-Sängerin Henny Gröblehner. Klick. Balkan-Pop von Antun Opic. Klick. 

Eine 90-Grad-Drehung reicht aus, um in die Klangwelt der nächsten Band zu gelangen. Im Hansa 39 sind am Samstagabend die Bühnen, auf denen abwechselnd gespielt wird, nur einen Schulterblick voneinander entfernt. Der „Sound Of Munich Now“ rast vorbei, das Jetzt ist nur ein Sekundenbruchteil im Viervierteltakt. 

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Der erste Abend, die Nacht von Freitag auf Samstag, hat der elektronischen Musikszene gegolten, die auch in München sehr vielfältig ist. Die Setlist des Abends will und soll diese Vielfalt ausdrücken. Früh am Abend tanzt man sich warm zu den Stücken von Jean Blanc und Mindsight. Viele junge Gäste haben sich am meisten auf Leon Weber alias LCAW gefreut, der für den ersten unvergesslichen Gänsehautmoment sorgt. Die Zeilen „colors fill my eyes when the day turns grey/ and I’m closer now to the path that takes/ me through all the doubts/ through all the clouds” des LCAW-Hits „Painted Sky“ singen einige in der Kranhalle mit. Die Klänge werden dann immer rauer, verworrener, trance-lastiger. Shimé sorgt für den musikalischen Umbruch, indem er gekonnt eine Brücke zwischen LCAWs eingängigen Hooks und den harten Techno-Beats von Pech&Schwefel baut. 

Der „Sound Of Munich Now Electronica“ hat etwas Einzigartiges. Während in den meisten Clubs höchstens drei DJs pro Abend auflegen, waren es hier acht. Shimé schätzt die Abwechslung, die der Abend bietet, als Möglichkeit für neue Ideen und Eindrücke. Am Ende der Show sind es die Frauen an den Turntables, die die tanzende Meute durch die tiefen Nachtstunden führen und sie mit jedem Beat ein Stück weiter von der Realität entfernen. Als die letzten Herbstvögel draußen zu zwitschern beginnen, verklingen Marcellas letzte Beats.

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Einige Stunden später erwacht das Feierwerk wieder. Die Bühnen werden aufgebaut, schon vor 18 Uhr kommen die ersten Gäste. Die Schlange vor dem Festival, das seit acht Jahren die SZ gemeinsam mit dem Feierwerk organisiert, ist lang, manche sprechen schon von einem Warte-Rausch. Drinnen wird eine unglaublich hohe Anzahl von Acts geboten. Menschen stehen vor dem Timetable, um die Namen der Newcomer zu speichern. Geheimtipps, die man erst einmal googeln muss, findet man einige. 

Rapid eröffnen das Festival. Tanzbarer Ska. Klick. Indie-Beats von Future Days. Klick. Die Bands wechseln in einem derart schnellen Tempo, dass der Applaus gar nicht erst aufbranden kann. Das Bühnenlicht geht aus, und vor der anderen Bühne bewegen sich 15 Minuten lang die Menschen zu den rockigen Gitarrenklängen von Emmi King, da geht auch schon das Licht aus und die Halle füllt sich mit den ehrlichen Worten der Singer-Songwriterin Julia Kautz. Eine Gruppe von jungen Männern in schwarzen Punk-Klamotten schaut umher und findet nach einiger Zeit GrGr mit seiner Gitarre und seinen Gameboys. Ein Pärchen bewegt sich zu den Klängen von Matthew Austin & Matilda. Das Publikum ist bunt gemischt: Bartträger, Knöchelfrei-Hipster, Mädchen in Ringel-Shirts. Nur eine Gruppe fehlt: Lederhosen- und Laptopträger. 

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Gleiches Bild auch auf den Bühnen von Augsburg und Regensburg. In der Kranhalle spielen We destroy Disco wie Coldplay auf Stadiontournee, sogar die Zeile „Lights will guide you home“ bauen sie in ihre Songs ein. King the Fu, eine weitere Indie-Band lässt den Menschen keine Tanzpause. Auffällig: In der ersten Reihe stehen die Musiker von We destroy Disco. Gegenseitiger Support wird beim „Sound Of Munich Now“ groß geschrieben. Verbunden sind die vielen Künstler, Veranstalter und das Publikum nicht nur durch ihre Heimatstädte, sondern vor allem durch das Interesse an der Musik, die sagt: So klingen wir. „Wir“ ist auch ein Begriff, den die Regensburger im Orangehouse feiern. „Cat Stash sind aus unserem Viertel“, sagt eine junge Frau, die extra aus Regenburg angereist ist. 

Die Verstärker werden noch schnell auf Augustiner-Kästen hochgehoben, es geht weiter mit Pop-Songs von MOLA – und bevor man sich umsehen kann, stolpert man in der Dunkelheit in den Backstage-Bereich, in dem sich Bandmitglieder gerade umziehen. Doch auch hier gibt es einen netten Plausch, man stößt gemeinsam an und wünscht sich noch einen guten Abend. So nah kommt man den Bands selten. Klick.

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Intim wird es auch bei Nick And The Roundabouts, nur einen Schuh breit entfernt vom Bühnenrand stehen die drei Musiker: eine kurze Unplugged-Session und verträumt geht man in den Regen hinaus, der heute nicht das Argument ist, im Trockenen zu bleiben. Der wahre Grund: Innerhalb einer Raucherpause könnte man den Act des Abends verpassen, auch wenn der heiße Drummer von vorhin gerade am Falafel-Stand steht.

Soulige Beats erklingen von Claire Jul. Ihr Kleid ist bodenlang und verleiht ihrer Stimme Glamour, den man im Feierwerk nicht erwartet. Es wurde extra für den Auftritt von dem Pariser Designer Tarek Hocine entworfen. Blitzlichtgewitter wäre angebracht. Das gibt es dann bei Nick Yume, der als „einer der spannendsten Newcomer des Jahres“ anmoderiert wird. Und es stimmt – diese Stimme kann so vieles. Wer sie einmal gehört hat, kann sie nicht wieder vergessen.

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Das „Sound Of Munich Now“ zeigt, welche Talente in dieser Stadt stecken, wie sehr die Menschen daran interessiert sind, einen eigenen Sound kennenzulernen, zu verbreiten und zu erhalten – mit Festivals wie diesem. Gegen Ende gibt es noch einen Richtungswechsel. Der Schulterblick bleibt. Monaco F und Bavarian Blast mischen das Publikum mit ganz anderen Tönen auf. Bairisch – da fühlen sich auch die Regensburger und Augsburger heimisch. 

21 Mal gab es an diesem Abend im Hansa 39 15-Minuten-Einblicke, die sich anfühlten wie Kamerablitze. Mit nur einem Klick vergangen, überraschend hell – und eindeutig in der Erinnerung haften geblieben.

Text: Sandra Will und Louis Seibert

Fotos: Stephan Rumpf

Weitere Fotos findet ihr auf unserer Facebook-Seite.

Kammerflimmern

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Mindsight liefert ein Liveset, LCAW bemalt den Himmel und der Abend endet mit Frauenpower an den Decks. Der Sound Of Munich Now Electronica zeigt eine musikalische Seite Münchens, die man so nur im Harry Klein oder Bob Beaman antrifft. 

Rote Lettern – biegt man heute Abend in die Hansastraße ein, kann man in großer Schrift FEIERWERK lesen. Der Ort, an dem normalerweise viele Bands ein Zuhause haben, bietet heute Raum für elektronische Klänge.

In einer dunklen Höhle blenden Lichteffekte zu Elektrobeats, die in der Brust dröhnen. Die Visual Künstler Vital Electronica, Proximal und 2Spin tauchen die Kranhalle in eine besonders bunte Landschaft. Die Lichter sind abwechselnd mal pink, mal grün, dann weiß. Die Bildschirme zeigen Punkte, Blumen, Gestalten und in großen Lettern MINDSIGHT oder auch SHIMÉ. 

Das Opening gestaltet Jean Blanc, der die Menschen mit seinen Remixes erstmal wachrüttelt. Die Menge wippt mit. Dann zeigt Mindsight eine Live-Show, die die ersten Tänzer begeistert zurück lässt. Doch es vergeht keine Minute ohne Beat – LCAW übernimmt jetzt das Deck. 

Die Kranhalle wechselt wieder die Farben und LCAW legt nach. “Painted Sky” wird zum Punkt, wo jeder weiß: München kann elektronische Tanzmusik. Shimé übernimmt und zeigt, dass auch das Münchner Publikum Techno hört. Rasant wechseln die Gestalten am Mischpult, die Stilrichtung bleibt dieselbe. Pech & Schwefel bietet der darauffolgenden Frauenpower eine gute Vorlage. Die Menge genießt die Nacht und nimmt einen kurzen Zug an der frischen Luft.

Jetzt startet Arta Narini, die verschiedene Einflüsse in ihren Synths zusammenbringt. Es folgt: House. Bei Essika werden die Beats schwerer, die Füße leichter. Eine Welle der musikalischen Verbundenheit geht durch die Menge. Bevor es hell wird, kommt jeder nochmal auf die Tanzfläche. Und es lohnt sich. Es bleibt laut. Die letzten Techno-Beats ertönen, dann sagt auch Marcella gute Nacht. 

In der Eingangshalle leuchten die Lichter immer noch. Sie haben die gleiche Farbe wie die roten Lettern draußen. Für diese Nacht hat elektronische Musik in München ein neues Zuhause: das Sound Of Munich Now Electronica. 

Von: Jenny Lichnau und Sandra Will

Foto: Sandra Will

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Stephanie

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Diese Woche geht’s endlich los: Freitag und Samstag Abend findet das lang ersehnte Sound Of Munich Now im Feierwerk statt. Doch allein damit lässt sich unsere Autorin nicht begnügen. Sie besucht unter anderem noch ein Unplugged-Rock&Roll-Konzert und hört jungen Nachwuchspoeten beim monatlichen Poetry-Slam in der Glocke zu.

München erstrahlt in gelben, roten und orangenen
Herbstfarben. Noch. Denn die kalten Temperaturen lassen mich ahnen, dass es
auch bald schon Winter werden wird. Eigentlich liebe ich München ja besonders
im Sommer. Sommer in München heißt für mich Englischer Garten, Eisbach,
Biergarten, die Abende an der Isar. Aber gut, das ist jetzt erst einmal für ein
Jahr vorbei. Ich seh’s ja ein. Jetzt wird’s zapfig, wie man so schön sagt. Aber
die kalte Jahreszeit ist doch noch lange kein Grund Trübsal zu blasen, sage ich
mir! Denn einheizen lassen kann man sich nämlich am Freitag Abend beim Sound of Munich now
Electronica im Feierwerk
. Vorteilhaft ist dabei um diese Jahreszeit
natürlich, dass man sich drinnen befindet. Und noch besser ist: Der Eintritt
ist frei. Umsonst zeigt München, was es an Musikern im elektronischen Genre zu
bieten hat. Mit dabei sind in diesem Jahr, Jean Blanc, Arta Narini, Marcella,
Pech & Schwefel, Shimé, Essika, Mindsight und LCAW. Um die Visuals kümmern
sich 2Spin, Vital Electronica und Proximal. Alle Künstler wurden von DJ Moritz
Butschek kuratiert. Das wird groß, sehr groß!

Kaum bin ich am nächsten Morgen wieder zu Hause, habe ein
paar Stunden geschlafen und treibe in Gedanken immer noch in den Beats der
vergangenen Nacht, wird es heute schon wieder musikalisch. Auch am Samstag bin ich im Feierwerk zu finden.
Heute findet hier der Sound of Munich now
statt: 32 Bands, sechs Stunden, und drei
Hallen. Einlass ist um 18
Uhr und um 19 Uhr geht’s dann los. Junge Musiker aus München, Augsburg und
Regensburg stehen auf der Bühne. Für München treten in der H39 auf: Antun Opic,
Bavarian Blast, Claire Jul, Die Sauna, Emmi King, Future Days, Gaddafi Gals,
GrGr, Julia Kautz, Les Millionnaires, Lisaholic, Matthew Austin & Matilda, mola,
Monaco F, MURENA MURENA, Nick & The Roundabouts, Nick Yume, Pour Elise,
Rapid, The Irrigators, Tom Wu. Für Augsburg sind in der Kranhalle folgende Bands zu
sehen: Endlich Blüte, King the Fu,
Maybellene, SAN Antonio KID, WE DESTROY DISCO, YAWL. Aus Regensburg spielen im Orangehouse Cat Stash, CATO JANKO,
containerhead, Desmond Myers, short story sports. Und das Beste auch hier: Der
Eintritt ist frei. Wo kann man schon sonst kostenlos 32 junge talentierte Bands
an einem Abend erleben?

Nach so viel Musik und Feierei, mache
ich mir einen gemütlichen Sonntag. Ich
werde lange schlafen, ausgiebig frühstücken und dann für einen
Sonntagsspaziergang an die frische Luft gehen. Mein Weg führt mich zum
Bahnwärter Thiel, der nun wieder im Viehhof zu finden ist. Dort findet heute ab
15 Uhr der Krims
und Krams Flohmarkt
statt. Ich trödle und tanze zu Faulchen
Fänthers Musik am Sonntagnachmittag beim Bahnwärter Thiel. Dabei stöbere ich
mich im Flohmarktstrubel durch allerlei Kurioses, Altes, Neues, und Besonderes.
Ein perfekter Ausklang für mein Wochenende.

Am Montag
starte ich an der Uni in die neue Woche. Nach Vorlesungen und Seminaren, radle
ich am Abend zur Glockenbachwerkstatt. Dort findet der Bless the Mic im
November
statt. Ich freue mich schon auf die
neuen, mutigen Poeten. Sicher werden aber auch wieder ein paar bekannte
Gesichter auf der Bühne stehen. Wie immer entscheidet das Publikum wer
gewinnt. Ich bin gespannt, was mir die jungen Poeten dieses Mal zu erzählen
haben.

Ich höre viel zu selten klassische Musik. Das denke ich mir
oft. Mag spießig klingen, ist aber so. Früher habe ich selbst einmal Geige
gespielt, und irgendwie fehlt mir zu oft die Zeit meiner Faszination für
klassische Musik nachzukommen. Da trifft es sich ganz hervorragend, dass am Dienstagabend in der Musikhochschule
das Konzert Hörprobe
– Konzertreihe mit Studierenden
stattfindet. Dort sind Studierende von
Musikhochschulen aus ganz Deutschland vertreten. Unter den Komponisten der
Stücke, die zu hören sein werden, sind Max Reger oder Ludwig Van Beethoven. Diesen
klassischen Musik-Genuss werde ich in vollen Zügen genießen. Wer weiß, wie
lange es bis zum nächsten Mal dauert.

Stillstand ist diese Woche nichts für mich. Denn auch am Mittwoch habe ich Pläne. Heute geht’s erneut
zum Bahnwärter Thiel in den Viehhof, wo heute wieder ein Schienen-Bus-Konzert
stattfinden. Der Eintritt ist wie immer frei. Mit dabei ist die Münchner Folk
Singer-Songwriterin Clea Charlotte, die mich mit Gitarre und Banjo schon des
Öfteren verzaubert hat. Aber auch auf mir unbekannte Gesichter darf ich mich
freuen: Münchnerin Cindy Marietta und der Australier Ziggy McNeill stehen auf
der Bühne. Der Bahnwaggon wird zur Konzerthalle, und ich bin mit dabei. Später
gehe ich dann weiter in die Milla zum Milla Song Slam.
Gastgeber ist wie immer Spoken-Word- und Rap-Poet
Bumillo. Jeder Act hat acht Minuten, es gibt acht Acts und acht Statements zu
den Künstlern. Ich bin gespannt, was mich erwartet.

Wem der bayerische Begriff „Boazn“ nichts sagt, der sollte
seiner Defintion in der Geyerwally auf den Grund gehen. Und ein noch bessere
Grund, Donnerstagabend hierher zu
kommen: The Black
Submarines spielen unplugged
. Boazn-Charme mit gutem Blues und Rock’n’Roll
also. „Feuer unterm Hintern, auch ohne Strom“ wird mir versprochen. Daran hege
ich keinen Zweifel.

Ich blicke auf meine Woche zurück. Es war sehr musikalisch.
Da muss heute mal etwas Literatur her, denke ich mir. Und habe mir für Freitag etwas Besonderes vorgenommen.
Dafür gehe ich heute gerne freiwillig noch einmal in die Uni. In
der Großen Aula der LMU findet heute eine Lesung der besonderen Art statt. Schriftstellerin
und Journalistin Elke Schmitter hat zum Auftakt ihres forum:autoren zwei Nobelpreisträgerinnen eingeladen: Swetlana
Alexijewitsch und Herta Müller. Die beiden Schriftstellerinnen sind sich noch
nie zuvor begegnet, sie sprechen über „Sprache und Poesie in Diktaturen“. Es
verspricht ein spannender Abend zu werden. Weil ich danach doch noch Lust auf
einen musikalischen Einklang ins Wochenende habe, steuere ich das Bob Beaman an.
Der Club feiert heute seinen sechsten Geburtstag unter dem Motto 6
Years Bob Beaman
. Und deshalb endet
meine Woche so, wie sie angefangen hat: mit Musik.

 Von: Stephanie Albinger