Weil er nicht genügend Holz für ein normales Skateboard hatte, erfand David Reitenbach, 17, hat ein kurzes Longboard. Den “Zwerg” gibt es allerdings nur 16 Mal und dabei wird es wohl auch bleiben.
München – Das kleine Skateboard, das David Reitenbach, 17, ganz lässig unter den Arm geklemmt hat, passt zu ihm. Es irritiert nicht, weil auch David eher klein gewachsen ist. Erst auf den zweiten Blick wundert man sich über das Brett, das wie ein Longboard aussieht, aber viel zu kurz dafür ist..
„Ein Freund und ich hatten Lust, ein Longboard zu bauen, hatten aber nur ein kurzes Stück Holz“, sagt David. Da der Baumarkt sonntags geschlossen hat, bauten sie eben ein kurzes Longboard. So einfach ist das.
Ein kurzes Longboard? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Nein, findet David.
Der „Zwerg“, wie er das Board nannte, stellte sich schnell als praktische Innovation heraus, da man damit gerade in der Stadt, wo an vielen Stellen wenig Platz ist, frei und beweglich ist.
Das neuartige Board
hat sich bewährt: „Man kommt leichter um alle Ecken“, sagt David. Und es ist leicht zu transportieren.
Das erste Board war noch provisorisch, danach ging es an die Feinarbeit: Innerhalb von zwei Wochen hat er in einer freien Werkstatt am Hauptbahnhof 16 Stück handgefertigt. Alleine. Ein paar Tipps von seinem Vater habe er sich geholt, weil der eine Schreinerlehre gemacht habe, den Rest habe er sich selbst beigebracht, erzählt er. Selbst beigebracht, das klingt so selbstverständlich, wenn David das sagt – dabei braucht es dafür einiges an handwerklichem Geschick. Auch die Materialien hat er selbst ausgewählt: Ahornfurnier aus dem Schongau, Buche als Innenmaterial, den Lack habe er in einem kleinen Laden in der Blumenstraße mischen lassen. Die Herstellung „war bezahlbar“, sagt er, mehr gibt er nicht preis.
Was in gerade einmal zwei Wochen entstanden ist, kann sich sehen lassen: 16 kurze Longboards in zwei verschiedenen Größen und zwei verschiedenen Farbkombinationen: rot-mint und lila-gelb. Auch für das Design hat sich David eine Neuerung einfallen lassen: „Ich finde es langweilig, wenn wie bei jedem Skateboard und vielen Longboards das Griptape eine komplett schwarze Fläche bildet. Meist ist nur die Unterseite gestaltet, die man beim Fahren gar nicht sieht. Beim Zwerg befindet sich das Logo auf der Oberseite – und das Griptape ist in die Gestaltung mit einbezogen“, erklärt David.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist bereits die Hälfte verkauft. 80 Euro kostet ein Deck – die Rollen und Achsen verkauft er nicht dazu, das ist auch bei Longboards üblich. Er selbst verwendet meist die Rollen und Achsen der australischen Penny-Skateboards, die eine ähnliche Größe haben. Diese seien jedoch im Unterschied etwas länger und etwas schmaler, zudem komplett aus Plastik gefertigt. „Die kannte ich zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht“, sagt er. Heute verwendet er selbst den Zwerg ständig : „Eines der Boards ist im Frühling und Sommer mein täglicher Begleiter auf dem Schulweg und zur Isar. Und auch bei einer siebenstündigen Fahrt von München zum Pilsensee durch zahlreiche oberbayerische Dörfer hat sich das Board bestens bewährt“, sagt er.
Der Zwerg führte auch zur Gründung des Künstlerkollektivs „Kalonoma“, das er 2014 mit seinem Freund Ludwig Pfeiffer ins Leben rief. Mittlerweile sind sie zu neunt, alle zwischen 15 und 18 Jahre alt. Die Mitglieder sind in unterschiedlichen Bereichen kreativ tätig – von Bildender Kunst über Musik bis hin zu Filmprojekten. David bringt sich vor allem durch seine Zeichnungen ein – sein großes Talent. Inspiriert von Sammelkarten hat er bereits im Kindergarten Gegenstände als „Monster“ gezeichnet. „Die Sammlung dieser Zeichnungen habe ich immer noch“, sagt er und lacht. Mittlerweile besucht er die elfte Klasse des Pestalozzi-Gymnasiums. Die Leidenschaft am Zeichnen hat er über all die Jahre nie verloren. „Gerade ist, glaube ich, die produktivste Phase“, sagt er zurückhaltend. Er deutet auf die Zeichnungen, die er gerade für eine Ausstellung herausgesucht hat.
Seine Werke sind sehr detailreich, sehr filigran, äußerst präzise gezeichnet – man versteht sehr schnell, warum David auf der Homepage des Kollektivs als „Perfektionist“ bezeichnet wird. „Ich bin schon sehr exakt“, gibt er zu.
David steht nicht gerne im Vordergrund. Auch dann nicht, wenn er von seinen Ideen und Werken erzählt, von denen andere vermutlich prahlen würden. Was ihn inspiriere? „Mich regen Dinge an, Materialien, Techniken oder auch aktuelle gesellschaftliche und politische Themen. Dabei entstehen Ideen. Und die Lust, etwas Neues auszuprobieren“, sagt er. Später wolle er Design studieren. Keine Lust auf ein Skateboard-Business? Kein Zwerg in Massenproduktion? Eher nicht. Wenn er überhaupt noch mal ein kurzes Long-board herstellt, dann solle die aufwendige Lackierung durch Siebdruck ersetzt werden.
weitere Infos: http://www.kalonoma.de
Stephanie Albinger
Foto: Ludwig Pfeiffer