Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Katharina

image

Eine Woche voller Wochenenden – Katharina macht aus ihrem letzten Ferienmonat einen täglich grüßenden Samstag und lässt sich von viel Musik das Leben versüßen: Flowerstreet Festival, EP-Release-Party von The Capitols und das Streetlife Festival sind der Soundtrack dieser Woche. Aber auch interaktive Kunst auf dem Olympus Photography Playground und die erste heiße Schokolade des Wintersemesters sind mit dabei.

Spätestens wenn der
Studienausweis für das neue Semester im Briefkasten liegt, merkt man, dass sich
die Semesterferien dem Ende zuneigen. Ein leicht melancholisches Gefühl
schleicht sich in die sonst so ungetrübte Ferienlaune, das auch mit einem Blick
aus dem Fenster in den wolkenverhangenen Himmel nicht so recht verschwinden mag.
Doch wie Kraftklub so schön singen: „Ein bisschen Melancholie ist manchmal OK“.
Und wenn schöne Dinge nicht irgendwann vorbei wären, würden sie ja auch
irgendwie ihren Reiz verlieren. Bevor ich jetzt allzu philosophisch werde, wage
ich es lieber, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Einmal im Kalender blättern,
verrät mir, dass ich ja doch noch gut einen Monat Zeit habe, den ganzen Tag das
zu machen, wonach mir gerade der Sinn steht.

Beflügelt von diesem Gefühl
stürze ich mich am Freitag gleich
mal rein ins Vergnügen. Ab auf den Spielplatz – oder besser gesagt den Olympus
Photography Playground
im Mixed Munich Arts. In dem ehemaligen Heizkraftwerk, das nachts seine Pforten
für Clubgäste öffnet, findet derzeit eine interaktive Kunstausstellung mit
verschiedenen Installationen statt.
Am Eingang bekomme ich, anstatt
Eintritt zu zahlen, eine Kamera samt Speicherkarte in die Hand gedrückt. Mir wird
erklärt, dass es darum geht, die Kunstwerke durch die Linse der Kamera zu
betrachten und eigene Fotos zu schießen. Die Speicherkarte darf  ich dann am Ende kostenlos mit nach Hause
nehmen. Das hört sich gut an! Also schnappe ich mir eine und fange gleich an,
wild drauf los zu knipsen. Echt faszinierend, aus wie vielen unterschiedlichen
Perspektiven man die Installationen bestaunen kann und wie aus den Fotos neue
Kunstwerke entstehen können. Jetzt heißt es aber erstmal: Ab nach Hause. Ich
bin gespannt, wie die Bilder geworden sind.      

Es ist Samstag. Gut, dass ich gestern Abend früh im Bett war, denn heute
muss ich fit sein. Wir, also meine Band THE
LIVING
und ich, fahren zum Aufnehmen ins Studio in die Nähe von Augsburg. Dort sind
wir den ganzen Tag damit beschäftigt, an unserer neuen EP zu basteln.
Auf dem Nachhauseweg müssen wir
aber unbedingt noch einen Zwischenstopp einlegen. Wie jedes Jahr im September lockt
das Flowerstreet Festival mit einem tollen Line Up zahlreiche Gäste ins Feierwerk. Mit einem Bändchen am
Handgelenk werde ich sogleich von den einfühlsamen Folk-Klängen von The Red Aerostat verzaubert, lausche Chinese Silk and
Videotape
 beim Erzeugen ihrer vielschichtigen Soundwelten und werde von den verzerrten
Gitarren von Elektrik Kezy Mezy und Lem Motlow mitgerissen. Als das Duo von I’m Not A
Band
 aus Berlin das Feierwerk mit ihrem clubähnlichen Electrosound erfüllt, können
meine Füße und die aller um mich herum nicht mehr still stehen. Das ändert sich
auch nicht, als der letzte Act die Bühne betritt. Schmutzki aus Stuttgart, die auf dem diesjährigen Southside das ganze Festivalgelände und
alle Besucher mit ihren roten Schmutzki-Stickern
tapeziert haben, verwandeln das komplette Publikum mit ihrem Mix aus Punk,
Indie und Alternative in eine tobende Menge. Vollkommen erschöpft und mit „Wir
sind Schmutzki“-Gesängen im Ohr falle ich zu Hause in mein Bett und schlafe
sofort ein.

Am Sonntag morgen erwache ich mit einem herrlich euphorischen Gefühl
und beschließe, dass es an diesem Wochenende noch nicht genug Musik gewesen
sein kann. Ich schwinge mich in meine Jacke, schlüpfe in meine Schuhe und
steuere auf die Ludwigstraße zu. Vom Odeonsplatz bis zum Siegestor und noch
weiter sind zahlreiche Stände und Bühnen des Streetlife Festivals aufgebaut. Der Singer-Songwriter Daniel del Valle mit seiner Band Sleepwalkers Station lockt mich mit seiner melancholischen Stimme untermalt von leisen
Gitarrenklängen auf die Lastenradbühne. Verträumt und nachdenklich werde ich weitergetragen.
DayDreamer auf der M94.5 Bühne lassen mich in meinen Erinnerungen an den Sommer schwelgen
und Finn Nelé zieht mich mit seiner unverwechselbaren Stimme in seinen Bann.

Montage sind immer so eine Sache. Das Wochenende ist mal wieder
viel zu schnell vorbeigegangen und der Alltag geht wieder los. Aber halt! Es
sind ja noch Ferien! Das heißt, das Wochenende geht quasi nie vorbei – also
fast nie. Das muss ich ausnutzen. Das Motto für den heutigen Tag lautet
allerdings nicht Musik, sondern Poetry Slam, was mich ins Lyrik Kabinett
München zum Poetry in Motion
 führt. Hier sind heute international
erfolgreiche Künstler aus Berlin, Hamburg und München zu Gast, die mit ihren
Gedichten und ihrer Redekunst auf höchstem Niveau um die Wette eifern.

Am Dienstag, der sich immer noch so anfühlt als wäre Wochenende, mache
ich mich auf den Weg ins Stadtmuseum und gleichzeitig eine Zeitreise in die
60er Jahre. Die Ausstellung „New Yorks 60s“ zeigt Bilder des Münchner Fotografen Sepp Werkmeister, der vor allem für seine
Fotografien von berühmten Jazzmusikern bekannt ist. Die ausgestellten Bilder zeigen
Szenen aus den Straßen des New Yorks der 60er Jahre mit all seiner
gesellschaftlichen Komplexität.
Für mein Abendprogramm bleibe ich
da doch gleich weitestgehend beim Thema. Das Jazz-Institut der Musikhochschule
München veranstaltet heute seinen monatlich stattfindenden Jazz-Jam im Milla. Durch die Virtuosität der Musiker und die Kelleratmosphäre des Milla
fühle ich mich gleich ins Chicago der 50er und 60er Jahre zurückversetzt. Es
würde mich nicht wundern, wenn gleich Louis Armstrong auf der Bühne erscheint. Beschwingt
von der Musik, steppe ich schließlich im Swing-Achtel-Rhythmus nach Hause.

Ich muss zugeben: Irgendwie freue
ich mich doch schon wieder auf die Uni – interessante Vorlesungen, meine Leute,
Fachschaftsparties und alles was sonst noch dazu gehört. Zur Einstimmung darauf
treffe ich mich am Mittwoch mit
einer Freundin im Deli-Star einem Bagel-Laden hinter der LMU. Wir schauen zu, wie unsere Bagel frisch
gemacht werden und genießen zur Vorbereitung auf das Wintersemester eine Heiße
Schokolade – unserer Meinung nach die beste in ganz München. Danach schlendern
wir noch ein bisschen durch die Gegend und machen einen Abstecher zum
Breitengrad,
einem Laden voller Krimskrams, in dem man aus dem Stöbern nicht mehr raus kommt
und in dem wir schon ganze Mittagspausen verbracht haben. Apropos Uni. Da fällt
mir ein, dass ja heute der letzte Tag ist, an dem ich mich in meine Kurse für
das neue Semester eintragen kann. Das muss ich jetzt daheim unbedingt noch erledigen.

Ein Tag Konzertpause muss einfach
reichen. Bevor ich noch anfange, an Entzugserscheinungen zu leiden, ist mein
Ziel am Donnerstag Abend wieder
einmal das Feierwerk. Und das nicht ohne Grund. Nachdem ich zwei Jahre damit
verbracht habe, mir im Internet YouTube-Videos von ihnen anzuschauen, sind Life in Film aus London heute Abend endlich für ein Konzert in München. Als sie schließlich anfangen
zu spielen, breitet sich ein unbeschreiblich wohliges Gefühl in mir aus – und dieser
britische Akzent – einfach wunderschön!

Auch am Freitag ist mein Bedarf an Musik immer noch nicht ganz gedeckt.
Diesmal jedoch aus einer anderen Perspektive. The Capitols aus München feiern heute ihre EP-Release-Party im Strom und ich spiele mit meiner Band THE
LIVING
 als Support. Deshalb packen wir nachmittags unser Zeug zusammen und düsen zum
Soundcheck. Gegen 20 Uhr füllt sich der Club langsam und unsere Aufregung
steigt – wandelt sich aber, sobald wir die Bühne betreten, in Euphorie um. Viel
zu schnell ist unser Auftritt vorbei und The
Capitols
übernehmen. Den Abend lassen wir schließlich bei ausgelassener
Stimmung mit dem Mix von MOMENTUM ausklingen und ich merke, dass eigentlich gar keine Zeit bleibt, melancholisch
zu werden oder den Ferien nachzutrauern.

Katharina Würzberg

Foto: 

Heide Fischer

Finn Nelé (Folkrock / Blues)

image

Jahr: 2013, Woche: 19

Ein bisschen Pete Doherty, ein bisschen Grunge: Die One-Man-Show Florian Elsner alias Finn Nelé! Im Juni veröffentlicht der Musiker mit der brüchigen, kaputten Stimme und dem dreckig klingenden Sound sein neues Album.

Nachdem die Gitarre mit den amerikanischen Strokes und den britischen Libertines Mitte der Nullerjahre eine Renaissance erlebte, gibt es wieder unzählige Jungs, die Gitarre spielen. Florian Elsner (Foto: Liane Goller), der eigentlich aus Murnau am Staffelsee kommt, aber gerade die Münchner Szene ziemlich aufmischt, ist einer von ihnen. Und doch sticht er ein wenig heraus. Auch wenn er das eigentlich gar nicht so geplant hat. Denn ihm ging es von Anfang an nur um die Musik, wie er erzählt.

Er nennt sich als Musiker Finn Nelé und erlangt mit seinen irgendwie dreckig und direkt klingenden Songs durchaus Aufmerksamkeit. Rhythmisch sind die Lieder im Blues angesiedelt – wie eigentlich alle gut drückenden Rock-Songs. Und auch Florians Stimme klingt eher brüchig, so als hätte er sich in seiner Pubertät in diversen Punkbands die Seele aus dem Leib geschrien. Doch sein musikalischer Werdegang verlief ganz bürgerlich: acht Jahre klassischer Klavier-Unterricht. Mit 17 Jahren nahm er dann die Gitarre in die Hand und begann zu singen. „Am Anfang war meine Stimme wahnsinnig schlecht“, sagt er, dann hätte er täglich stundenlang gespielt und gesungen. Und jetzt finde er sie nicht mehr ganz so unausstehlich. Doch dem Reiz des Kaputten erlagen schon viele, suggeriert der doch eine ganz unmittelbare und authentische Art der Hingabe des Musikers.

Jetzt steht Mitte Juni die Veröffentlichung seines Albums an. Mit Songs, die ein wenig nach Pete Doherty klingen, ein wenig den Geist einer abgerockten Grunge-Band atmen – und die er dennoch ganz alle alleine geschrieben hat und nur mit Akustik-Gitarre und ein wenig Percussion spielt. Eine One-Man-Show, energetisch ist da trotzdem immer eine imaginäre Band zu spüren. Rita Argauer

Stil: Folkrock/Blues
Besetzung: Finn Nelé alias Florian Elsner
Aus: Murnau am Staffelsee
Seit: 2010
Internet: https://www.facebook.com/pages/Finn-Nele

image

Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.