Frische Apps aus der Region

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Junge Münchner programmieren Smartphone-Applikationen für Chinesischbegeisterte, Allergiker, Reiselustige, Liebessuchende oder Rollstuhlfahrer – ein Überblick

Das Handy, der tägliche Begleiter. Dank einer Unmenge an Apps kann jede U-Bahnfahrt lehrreich, jeder Einkauf stressfrei sein und sogar die Partnersuche spielerisch ablaufen. Münchner Studenten beteiligen sich am anhaltenden App-Trend und bereichern den Markt und das Internet mit ihren Ideen.

Dating-App Mazel: Die Idee hinter mazel ist schnell erklärt: Die kostenlose Dating-App ist das „Anti-Tinder“, sagt Steffi Feldmann, 26. Gemeinsam mit drei langjährigen Freunden aus Mühldorf hat sie eine virtuelle Plattform gegründet, auf der man anfangs nicht einmal ein Foto seines potenziellen Partners sieht. Stattdessen soll das Interesse über das Verhalten geweckt werden – im Spiel. Insgesamt vier Spiele gilt es mit dem Partner zu lösen. Das soll so lange dauern wie eine U-Bahnfahrt. Informationen über den anderen muss man sich häppchenweise erarbeiten: Nach Quizduell und Wortspiel gibt es zur Belohnung ein paar Infos über den Partner – etwa den Beruf oder das genaue Alter. Und beim Memory lässt sich seine Augenfarbe aufdecken.

Profilbilder tauscht man erst am Ende aus. Für das Team ist es das vierte Start-up. Erst einmal hoffen sie auf weibliche User. „Wir wollten ein Dating-Produkt machen, das nicht nur Kerle anspricht“, sagt Steffi. Bei mazel tritt man nicht mit vielen, sondern anfangs immer nur mit einem Partner in Kontakt. „Beim Kennenlernen soll man sich auf diesen Menschen konzentrieren“, findet Steffi. Ob das klappt? Wer weiß. Der Name mazel kommt von „mazel tov“, auf Jüdisch „viel Glück“, einem Ausspruch, der oft auf Hochzeiten fällt (www.mazelapp.com).  

Elsbeth Föger


Falgy, für Allergiker:
Den Einkauf für Allergiker erleichtern, dieses Ziel hatte sich die Ingenieurswissenschaft-Studentin Marina Rotmüller,26, mit fünf Kommilitonen gesetzt, als sie im Rahmen eines Unikurses eine Geschäftsidee entwickeln sollten. Heraus kam Falgy, kurz für Food Allergy Support, eine App, die den Einkauf für Allergiker vereinfachen soll. Die Idee ist denkbar simpel: Man scannt den Barcode des Produkts und die App zeigt direkt an, ob man das Produkt mit seinen Allergien verträgt.

An Falgy sind schon
einige Allergiker-Verbände
interessiert

Die Daten holt sich Falgy dabei aus der Datenbank der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Zudem liefert die App schon daheim Vorschläge, welche Lebensmittel man mit diversen Allergien essen kann. So entfällt die mühsame Suche im Supermarkt. Falgy ist noch nicht auf dem Markt, ein funktionierender Prototyp soll bald bereit sein. Das größte Hindernis ist noch die Finanzierung. Denn die Nutzung der Datenbank setzt eine Gebühr voraus. Die Studenten sind aber bereits in Verhandlungen mit verschiedenen Supermärkten. Auch diverse Allergikerverbände zeigen sich interessiert. Und für die Übergangszeit wollen sie die App notfalls über Kickstarter finanzieren – oder aus der eigenen Tasche.

Philipp Kreiter

Let’s Yalla, die Spontanreise-App: Vier junge Münchner bieten mit ihrer App Flüge an, die am Abend vorher ab 20 Uhr freigeschaltet werden. Am nächsten Vormittag geht es los. Hin- und Rückflug in Europa: unter den üblichen Preisen, abhängig von Tag und Ziel. Gegründet wurde Let’s Yalla im Mai, gerade läuft die erste Testrunde. Registrieren können sich Reiselustige auf www.letsyalla.de. Im Oktober soll die App, deren Vorbild aus Israel kommt, auch in Deutschland starten. Zunächst mit Abflügen in Hamburg und Berlin, dann rasch auch von München aus. Schließlich wollen Ori Hagai, Ingo Ehrle, Christian Heydecker und Katharina Seehuber auch selbst einmal ganz spontan aus der Wahlheimat losreisen können.  

Friederike Krüger

Zizzle, zum Chinesisch lernen: Fünf junge Männer Mitte Zwanzig haben ein Startup gegründet, das mit einer App das Chinesischlernen erleichtern soll. Nur einer davon ist selbst Chinese, der 23-jährige Kevin Li. Der Jurastudent findet das aber gar nicht seltsam: „Als Muttersprachler kann man gar nicht so genau beurteilen, welche Probleme man als Ausländer damit hat, die chinesischen Zeichen zu lernen“, erklärt er. Oft könnten Chinesen sich nicht vorstellen, dass die Methoden, die sie in der Schule verwendet haben, für Ausländer nicht effektiv seien.
Begeistert von der chinesischen Sprache und Kultur sind die vier weiteren deutschen Gründer Hannes Frömel, Tim Oelrich, Hagen Reiling und Projektleiter Lukas Lohove aber auf jeden Fall.
Im Mittelpunkt von Zizzle stehen die Schriftzeichen, die beim Lernen die größte Herausforderung darstellen. Jedes Zeichen steht für eine bestimmte Silbe, insgesamt gibt es mehrere tausend. „Man muss sich, wenn man ein chinesisches Schriftzeichen lernen will, die Form, die Bedeutung, die Aussprache und den Ton des Zeichens merken“, erklärt Kevin. „Das fällt den meisten sehr schwer!“ Die neue App versucht mit Bildergeschichten diese verschiedenen Elemente dauerhaft für den Lernenden zu verknüpfen. In zwei Wochen soll die Betaversion von Zizzle als kostenlose App mit Abonnement-Option verfügbar sein, erste Videotutorials gibt es bereits jetzt auf der Webseite. (http://www.zizzle-app.com/)

Elisabeth Kagermeier

Hoomn, eine Art WhatsApp-Gruppe für die ganze Stadt: „hoomn“ nennen die vier Gründer um Manuel Schulze, 27, ihr Startup. Die App soll es einfach machen, Menschen im gleichen Ort eine Frage zu stellen. „Die spannendsten lokalen Tipps kommen oft von Leuten, die man einfach auf der Straße anspricht anstatt von irgendwelchen Reisetipps-Webseiten“, glaubt Manuel, VWL-Student. Auf die öffentlichen Fragen antwortet man normalerweise mit einer privaten Nachricht wie auf WhatsApp – eine Kommentarfunktion gibt es aber auch. Die Themen reichen von Job- und Verkaufsangeboten über „Wer geht mit aufs Oktoberfest?“ bis zu Restaurant-, Sport- und Reisetipps. Für all diese Themen gibt es zwar bereits Plattformen; seine Stärke sieht das Startup aber darin, dass es sich auf die unmittelbare Umgebung konzentriert.

„Mit der App kann der Rollstuhl
mit Kopfbewegungen und
Sprachsteuerung bedient werden.“

Außerdem werden keine personenbezogenen Daten erhoben. „Hoomn funktioniert vollständig anonym“, sagt Manuel. Das bedeutet aber auch mehr Probleme mit sogenannten „Trollen“, die fragwürdige Inhalte einstellen – die Hemmschwelle ist im Mantel der Anonymität gering. Diese Nutzer können für die App gesperrt werden. Seit dem Start im Juli haben etwa 30 000 Menschen die App für Android oder iOS kostenlos heruntergeladen. Angefangen hat hoomn in München und Köln, mittlerweile haben sich auch in Berlin, Stuttgart, Aachen und Frankfurt Communitys gebildet. (http://www.hoomn.com/)  

Elisabeth Kagermeier

Glasschair für die Google-Brille: Die Studenten Dominik Schniertshauer, 25, Shady Botros, 25, und Claudiu Leverenz, 24, haben eine App für die Google Glass entwickelt, die körperlich eingeschränkten Menschen das Lenken von elektrischen Rollstühlen erleichtern soll. Die Steuerung soll hauptsächlich durch Kopfbewegungen funktionieren. In Garching sitzt Shady in dem Testmodell. Ein kurzes Nicken mit dem Kopf und der Stuhl fährt los. Shady neigt seinen Kopf nach rechts und der elektrische Rollstuhl fährt nach rechts. „Manche Rollstuhlfahrer können ihre Hände nicht bewegen. Mit unserer App kann der Rollstuhl mit Kopfbewegungen und Sprachsteuerung bedient werden“, sagt Shady. Dabei werden die Steuerkommandos per Bluetooth an einen Adapter übertragen, der an das Steuerport des Rollstuhls angeschlossen werden kann. Angefangen hat „Glasschair“ als Uniprojekt. Doch das Potenzial und die gewonnene Unabhängigkeit für Rollstuhlfahrer, die das Projekt besitzen, sollen nicht mit dem Semester enden. Mittlerweile haben die drei jungen Männer für ihre App ein eigenes Start-Up gegründet. Außerdem arbeiten sie an einer Alternative zu der horrend teuren Google Glass. Die App soll auch an andere Smart Glasses angepasst werden und mit allen gängigen Elektro-Rollstühlen kompatibel sein. Am 29. Und 30. September vertreten Shady und Dominik ihre App auf der „Weareable Technologies & Digital Health“ Messe in Bonn (www.glasschair.de).  

Stefanie Witterauf

Illustration: Daniela Rudolf