Axel Schnerring und Stefan Losert haben in der Kaulbachstraße ein Geschäft aufgemacht, in dem sie selbst entworfene, lässige Klamotten verkaufen – und kleinen Münchner Labels eine Plattform bieten. Es ist aber auch ein Treffpunkt zum Hallo-Sagen, Einkaufen oder vor der Tür in der Sonne sitzen.
Von Matthias Kirsch
Die Dekoration im Laden ist teilweise minimalistisch, eine Mischung aus gekonnter Lässigkeit und Vintage. In den Regalen stehen Fotos von Patrick Swayze aus dem Film „Point Break“, das Cover von Charles Bukowskis „Women“ wurde sogar eingerahmt. Die Ladenfläche in der Kaulbachstraße ist Zeugnis für den Stil, den der Kleidungsladen „Cheers from Downtown“ versinnbildlicht: „Wir bieten Streetwear an, wie wir sie uns vorstellen – offen, mit Gefühl, nicht provokant, sondern etwas, das jeder tragen kann“, beschreibt es Gründer Axel Schnerring, 27.
Er und Stefan Losert, 28, hatten nie den großen Traum vom eigenen Laden – anders als viele Gründer von Modefirmen. „Lässige Kleidung hat mich zwar schon immer begeistert, aber dass wir gerade vor unserem eigenen Laden stehen, das ist kompletter Zufall“, sagt Axel. Er überlässt Sachen gerne dem Zufall, lässt einfach mal passieren. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann und einer Weltreise landete der gebürtige Ulmer in München, wo er 2012 mit einem BWL-Studium begann. Axel wohnte damals schon in der Kaulbachstraße, in eben dem denkmalgeschützten Gebäude, in dem sich heute der Laden befindet. Zu dieser Zeit gründete er das Label Cheers from Downtown – jedoch ohne das Ziel, ein eigenes Geschäft zu eröffnen.
Als Ende 2013 die Geschäftsfläche im Erdgeschoss seines Wohnhauses frei wurde, setzte der Jungunternehmer alles auf eine Karte. Ein Klamottenladen ist für Axel die Möglichkeit, seine Ziele von Selbstständigkeit mit seinem neugegründeten Label zu kombinieren. Die Vermieterin des Ladens war von seiner Idee überzeugt und gab „der Jugend eine Chance“. In Stefan, ebenfalls BWL-Student, fand Axel den geeigneten Partner für die Geschäftsgründung. Beide teilten die Motivation, auf eigene Faust etwas aufzubauen. „Die Schnitte von üblichen T-Shirts haben uns nie perfekt gefallen, deshalb haben wir unsere einfach selbst entwickelt“, erklärt Axel wie selbstverständlich.
Cheers from Downtown ist jedoch viel mehr als nur ein Laden. Die Kaulbachstraße 44 ist auch Treffpunkt – ob zum Hallo-Sagen, Einkaufen oder Vor-der-Tür-in-der-Sonne-Sitzen. Axel beschreibt dieses Lebensgefühl als etwas, „das man nur in einer Großstadt erleben kann. München ist perfekt dafür. Das verkörpert Cheers from Downtown.“ Ein Nachbar fährt gerade mit dem Longboard vorbei. Axel grüßt, grinst und sagt: „Das ist genau so einer wie wir. München eben.“
Axel und Stefan geht es um
das Glück, mit Gleichgesinnten
zusammenarbeiten zu können
Zusätzlich steht Cheers from Downtown auch noch für eine neue Entwicklung in der Münchner Modeszene: Der Laden ist eine Plattform für kleine, lokale Labels geworden. „Unsere eigene Kollektion füllt noch keine Regale, so weit sind wir noch nicht. Gleichzeitig wissen wir, dass wir mit der Möglichkeit, einen Laden führen zu können, riesiges Glück haben. Das wollen wir anderen Labels nicht vorenthalten“, erklärt Axel weiter. Modelabels passen nicht immer gut zusammen – trotzdem wollen die jungen Männer auch anderen Modemachern die Möglichkeit eröffnen, Teil des Ladens zu werden. „Wir sind und wollen kein Flohmarkt sein, aber wenn die Macher und ihre Produkte jung, kreativ und hip sind, finden wir einen Platz“, beschreibt Axel die Auswahl der Labels.
So findet gleich gegenüber der Eingangstür „Emil Boards“ seinen Platz im Cheers from Downtown. Niklas Groschup, Gründer von Emil Boards, ist hier eher ein Exot, da er Skateboards produziert, keine Mode. Die Besonderheit: Die Bretter sind rechteckig und inspiriert von den „Hoverboards“ aus dem Kultfilm „Zurück in die Zukunft“.
Geht man die kleinen Treppen zur Kasse hoch, trifft man auf der rechten Seite „New Bav“, ein Münchner Label, das 2014 von Nils Neumann, 24, gegründet wurde. Liebe zur Mode und vor allem zur Produktion wird bei New Bav groß geschrieben. „Ich komme aus der Textildruckerei, deswegen bedrucken wir auch jedes Teil selber“, erzählt er. Auf diese Nähe zum Produkt ist der Modemacher stolz. Das Markenzeichen von New Bav – Übergröße. Der weit geschnittene Stil ist aktuell sehr einzigartig. „So bauen wir uns eine Kundenbasis auf, die spezielle Schnitte mag.“ Einzigartig ist laut Nils auch die Plattform-Idee von Cheers From Downtown: „Kleinen Marken sind viele Türen oft versperrt – im Shop vereinen Axel und Stefan viele coole Labels, und ich stehe mit New Bav absolut hinter dem Konzept.“
Im hinteren Teil des Ladens, der dank eines alten Friseursessels ein wenig an einen Barbershop erinnert, hat mit „Pfizipfei“ auch ein etabliertes Münchener Label Platz gefunden: Die Münchner um Gründer Günter Grotzer, 29, stellen seit 2011 Mode in München her, aus Leidenschaft, neben ihren alltäglichen Berufen. „Unser Markenzeichen ist, dass wir keines haben. Aber wir zeichnen uns durch Qualität und kleine Details aus – und lassen uns von unserer Umwelt inspirieren“, erklärt Günter. Umweltbewusst präsentiert sich ebenfalls das Label „Delayon“, das erst vor kurzem in die Kaulbachstraße 44 eingezogen ist. „Ich habe München als naturnahe Stadt kennengelernt“, erzählt Magdalena Ozimirksa, Gründerin und für die Designs zuständig. Im Laden findet man vor allem Accessoires von Delayon, wie beispielsweise Sonnenbrillen aus Bambus.
Die Zusammenarbeit mit anderen Modemachern steht im Mittelpunkt – etwas, das bei jungen Ladeninhabern nicht üblich ist. Cheers from Downtown geht es nicht um Konkurrenz, sondern um das Glück, mit Gleichgesinnten zusammenarbeiten zu können. „Der Aufwand“, sagt Axel, „lohnt sich aber auf jeden Fall. Schon nach unserem ersten Jahr gibt uns der Laden so viel zurück – wir stehen morgens auf und machen unser Ding, das ist schon die größte Bezahlung.“
Fotos: Thomas Lehmann