Gemütlichkeit ist für unsere Autorin in dieser Woche besonders wichtig: Ob beim Spazieren gehen oder beim Netflix schauen. Sie nimmt euch mit an besondere Orte, die einem Wohnzimmer ähneln. Viel Vergnügen!
Ich liebe den Herbst. Ich liebe sowohl ganz klischeehaft die sonnigen Tage, an denen man Spaziergänge durch das bunte Laub macht, also auch die regnerischen Tage, an denen man keine Entschuldigung braucht, zuhause zu bleiben. Man wechselt von Kaffee zu Tee, von Sofa zu Bett, von Netflix Folge zu Netflix Folge. Diese Woche will ich demnach nur Orte besuchen, die sich als zweites Wohnzimmer eignen und sich vor allem durch eines auszeichnen: Gemütlichkeit.
Am Freitag mache ich es mir auf den Sesseln im Münchner Volkstheater gemütlich. Das Stück „Feeling Faust“ hat Premiere. Claudia Bossard und ihr Team interpretieren die Tragödie neu, indem sie eine feministische Sicht auf den Faust-Stoff werfen. „Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan“ sind die letzten erlösenden Worte in Faust II. Das Stück beschäftigt sich mit der Frage: Hat das Patriarchat ausgedient oder wo zieht es uns hin?
Es ist Samstag und ich muss mich entscheiden: Bücher lesen oder Bücher kaufen. Entweder stöbere ich also in meiner Lieblings-Buchhandlung Rauch&König in Schwabing oder ich lese Dostojewskijs Schuld und Sühne weiter (was mich mit über 700 Seiten möglicherweise eine Weile im Bett hält).
Rotlicht, kleine Bühne, Boazn-Feeling: Am Abend verschlägt es mich in die neue Pop-Up-Bar AnkerHaide in Haidhausen, die besonders heimisch sein soll. In dieser Zwischennutzung gibt es außerdem jeden Donnerstag Livemusik.
Von meinem Wohnzimmer geht es am Sonntag direkt in Franz von Stucks ehemaliges Wohnzimmer. Das Museum Villa Stuck zeigt gerade die neue Fotografie-Ausstellung DANCING WITH MY CAMERA von Dayanita Singh. Die Künstlerin hat im Laufe der letzten 40 Jahren zahlreiche Motive in ihren meist schwarz-weißen, Fotografien festgehalten.
Ich mache einen großen Bogen um das Spektakel Halloween. Stattdessen will ich am Montag eine weitere neue Bar Ab & An, in der Zieblandstraße ausprobieren. Die Bar ist aufgebaut wie eine Wohnung: In einem Zimmer steht der Tresen (die Küche), in einem Zimmer, Sofas und DJ-Pult (das Wohnzimmer) und in einem sogar ein Bett (das Schlafzimmer). Man kann sich dort also ganz wie zu Hause fühlen.
Am Dienstag ist Feiertag und ich will die bisherige Gemütlichkeit der Woche noch mal toppen. Also gehe ich in das Café Jasmin. Die grünen Samtsessel, die weißen Vorhänge und die große Auswahl an Kuchen erinnern mich an Omas Wohnzimmer.
Elektrisch mysteriöse Sounds mischen sich mit Rap und R’n’B: Die Gaddafi Gals treten am Mittwoch mit ihrem neuen Album „Romeo Must Die“ in der Milla auf.
Weiter gehts mit Musik. Aber mit Jazz. Am Donnerstag beginnt nämlich das dreitägige Jazzfest. Die ersten beiden Abende spielen die Musiker*innen im Sudetendeutschen Haus, am Samstag übernehmen sie das Blitz.
Rote Sessel und eine Leinwand qualifizieren sich im weitesten Sinne auch als Wohnzimmer nehme ich an? Ich lasse auch den Freitag ruhig angehen und gehe in das Kino Lichtspiele. Triangle of Sadness läuft. Der schwedische Regisseur Ruben Östlund entführt uns mit seiner Satire in die Welt der Superreichen. Die Kritik ist zwar durchwachsen, ich will mir aber selbst eine Meinung bilden. Wenn die anderen dann weiterziehen, ziehe ich mich zurück in meine Wohnung. Mein Bett, eine Tasse Tee und ein paar Folgen The Office warten…