Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Louis

image

Noch eine Woche, dann ist der diesjährige Weihnachts-Wahnsinn auch wieder überstanden. Doch wie jedes Jahr schafft unser Autor es erneut kurz vor Weihnachten, gefallen an den ganzen Lichtern zu finden. Wurde ja auch Zeit.

Stille Nacht, stressige Nacht: Weihnachten steht direkt vor der Tür, glückliche Paare schlendern genügsam unter den funkelnden Weihnachtsdekorationen der Geschäfte hindurch, während ich in regelmäßigen Abständen zum Opfer heimtückischer Panikattacken werde. Einerseits schlägt mir die seit Wochen ununterbrochene Dauerbeschallung dieser längst ausgewrungenen, als “klassisch” verdudelten Weihnachtssongs stark aufs Gemüt. Andererseits habe ich noch kein einziges Weihnachtsgeschenk besorgt- was in eine noch intensivere Auseinandersetzung mit diesem Weihnachtsklamauk zu münden droht.

Trotzdem- oder gerade deshalb- gehe ich dem ganzen erst einmal schön aus dem Weg. Den Freitagabend verbringe ich im ganz und gar unweihnachtlichen Feierwerk. Der Jugendradiosender M 94.5 stellt hier die Jahrescharts dieses musikalisch bunten Jahres vor- mit ordentlich Unterstützung. Die Münchner Indie-Rocker Die Sauna werden bei Laut Indie Stadt live spielen, genauso Leoniden aus Kiel, der Ringer aus Hamburg und der Rapper Mittelkill aus Berlin. Ich freue mich, den ganzen Weihnachtsstress in bester Gesellschaft mit bester Musik hinter mir zu lassen. Und dank der Afterschow-DJs vom ehemaligen Atomic und vom Cord muss ich heute auch auf keinen Fall früh heimkommen.

Doch alles rächt sich irgendwann, und so wache ich am Samstag mit Schädel und Justin Timberlake im Kopf auf- What goes around comes around. Ich beschließe, nun doch etwas für mein Charma zu tun und verbringe den Rest des Tages auf dem Tollwood– hier weihnachtet es zwar auch, aber immerhin international. Und originelle Weihnachtsgeschenke finde ich hier in Unmengen- von Marokkanischen Chillisaucen bis zu nepalesischen Ponchos werde ich sicher etwas für den Christbaum finden. Danach geht es gleich bunt weiter. Im Cord Club findet ein Charity-Konzert zugunsten der Forschung über Autoimmunerkrankungen statt. Susanne Augustin, Bassistin bei der Indie-Band Splashing Hill leidet selbst an zwei Autoimmunerkrankungen und hat sich deshalb entschlossen, diesen Abend gemeinsam mit den Singer-/Songwritern LIANN und Pour Elise auf die Beine zu stellen. Gute Musik für den guten Zweck- da bin ich dabei. Später geht’s noch in den Keller der Milla, wo der zweite Geburtstag der Fancy-Footwork-Partys mit viel Gin und sogar Zuckerwatte all night gefeiert wird. “Denn in der Nacht sind alle Katzen bunt”, verkünden die Veranstalter. In dieser auf jeden Fall.

Den Sonntag verbringe ich kuschelig warm eingewickelt mit Tee und Plätzchen daheim. Immerhin brennen inzwischen schon alle vier Kerzen auf dem Adventskranz und eigentlich ist es eh viel zu kalt zum Rausgehen. Wenn doch nur jeder tag in der Vorweihnachtszeit so schön ruhig und beschaulich wäre.

Am Montag wird mir wieder einmal bewusst, dass es bis Weihnachten keine Woche mehr hin ist, und so hetze ich mich zum -hoffentlich- letzten Mal durch die verschiedenen Weihnachtsmärkte. Für irgend wen aus der Familie muss man immer noch etwas besorgen… Ablenkung finde ich am Abend im Marstall-Theater. Vom Stück “Balkan Macht Frei” des Bosnischen Regisseurs  Oliver Frljić habe ich bereits viel gehört und gelesen- schockierte, überwältigte, verängstigte Zuschauer sollen das Theater regelmäßig vor Vorstellungsschluss verlassen haben. Der Regisseur hat wohl auch in der Vergangenheit selten ein Blatt vor dem Mund gehabt- ich bin gespannt.

Dienstag. So langsam finde ich Weihnachten eigentlich doch ganz schön-  zum Glück passiert das jedes Jahr wenige Tage vor dem Großen Fest, und nicht danach. Deshalb genieße ich die Kälte heute einfach einmal – mit einem dampfenden Glühwein zwischen den Händen fällt das ja auch nicht allzu schwer. Schließlich wird mir doch kalt. Ich spaziere die Isar entlang um mich warm zu halten und stoße auf das Museum Lichtspiele-Kino, in dem der neue Star-Wars-Film “Rogue One” anläuft. Warum nicht, denke ich mir und mache es mir mit einer großen Portion Popcorn auf den dicken Sesseln  gemütlich.

Kurz vor Weihnachten habe ich es tatsächlich geschafft, meine Geschenke-To-Do-Liste vollständig abzuarbeiten und so kann ich mich endlich einmal wieder so richtig entspannen. Deshalb schaue ich heute Abend, am Mittwoch, im Bahnwärther Thiel vorbei. Hier findet eine neue Ausgabe der wunderschönen Schienenbus-Konzerte statt. Und mit dabei sind gleich einige vertraute Gesichter: KLIMT kenne ich schon vom Freundschaftsbänd-Abend im Cord und auch Ziggy McNeill hat sich inzwischen in der Münchner Musikerszene etabliert.

Am Donnerstag bin ich dann den ganzen Tag über so sehr mit dem Einpacken von Weihnachtsgeschenken beschäftigt, dass ich erst kurz vor Sonnenuntergang vor die Tür trete. Aber das mit gutem Grund: Unter dem Motto “Angst- Sicher Ned! Wir sind alle von wo” lädt das Bündnis für Flüchtlinge Bellevue di Monaco auf den Max-Joseph-Platz ein, um gegen Hass und für Humanismus, Einheit und eine offene Gesellschaft zu demonstrieren. Und allein die musikalischen Zwischenspiele der Veranstaltung sind höchst vielversprechend: Keno von Moop Mama wird auftreten, ebenso die Alternative-Band The Notwist, der Syrische Friedenschor, der Rapper Maniac und Willy Astor. Noch einmal vor Weihnachten will auch ich dieser derzeit unumgänglichen Endzeitstimmung trotzen und zum Jahresende noch einmal ein positives Signal in die Welt setzen. Die Welt hat es sicher nötig.

Und dann ist die Woche schon rum, morgen ist Heiligabend. Und bevor es morgen ruhig und besinnlich wird, folge ich der guten alten Freitagabend-Maxime von Alex Turner, Sänger der Arctic Monkeys: “Put On Your Dancing Shoes!” Und dann ins Bahnwärter Thiel auf die Christmasdisko mit Bartellow? Oder ich entfliehe doch dieser schrecklich-allgegenwärtigen Kälte und tanze zu karibischen Off-Beats bei der Jamaican-Thing-Party im Backstage? Laute Nacht, heilige Nacht.

Text: Louis Seibert

Foto: Privat

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Matthias

Bevor sich unser Autor Matthias an die Vorweihnachtlichen Pflichten heranwagt, muss öfters mal mit der einen oder anderen Tasse Glühwein nachgeholfen werden. Doch zum Glück gibt es in München auch so einige Alternativen zu Lichterkette, Lebkuchen & Co. 

Ah, Weihnachtszeit. So schön, so kalt, so
verschneit – okay, dieses Jahr mal wieder nicht verschneit. Trotzdem: Zu kalt
für mich, schön ist anders – kurz, ich bin kein Fan von Weihnachten. Deswegen
versuche ich mich Dezember für Dezember aus der Weihnachtsatmosphäre
rauszuhalten. Also verschlägt es mich heute ins Feierwerk. Hier ist für die
einen immer Weihnachten, für andere nie – ganz nach eigenem Geschmack. Mit
Young Chinese Dogs herrscht für mich eine gute Art Feststimmung. Und zwar eine,
die ganz ohne Deko auskommt. Indie-Folk-Klänge aus München, was gibt es
schöneres an einem Freitagabend.
Dass der Heimweg trotzdem kalt wird, kann ich nicht verhindern.

In München eröffnet gefühlt jeden Tag eine
neue Bar. Aber, am heutigen Samstag
bin ich ausnahmsweise mal wieder gespannt. Ich muss heute arbeiten, deswegen
bin ich noch nicht in Wochenendstimmung. Aber das wird sich noch ändern, denn namensgerecht
eröffnet die Bikini Mitte Deli & Bar in der Sonnenstraße – Kleiderordnung
inklusive, hoffe ich. Dass es unter der Woche in der Mitte des Bikinis leckeres
Essen gibt, ist ein Bonus. Gefällt mir.

Der gestrige Abend drückt mir auf die
Stimmung. Nicht, dass ich keinen Spaß gehabt hätte, im Gegenteil. Aber
Sonnenstraße, Bikini Bar – all das erinnert mich an den Sommer, an einfachere
Tage, an Eis und Beachvolleyball, an warme Nächte, an…ich schweife ab. Es ist
Winter. Ich muss mich damit abfinden. Erstmal zurück ins Warme – ich wippe zum
HipHop Flohmarkt im Backstage. Ich bin eher wegen Schallplatten als wegen der
Mode da, aber man weiß ja nie. Und wer weiß – vielleicht ermuntert eine
Rap-Version von “Frosty, the Snowman” mich ja dazu, doch am Sonntagabend beim Weihnachtsmarkt im
Muffatwerk
vorbeizuschauen…

Heute arbeite ich – produktiv, effizient,
keine Ausreden. Das Arbeiten am Montag
ist für viele ja ein Horror. Ich sehe das nicht so duster – das Geheimnis ist doch,
sich auf das Abendprogramm zu freuen. Ich bin heute Abend tapfer – ich gehe zum
Tollwood. Mein Gewissen beruhige ich damit, dass das Tollwood ja eigentlich
kein “richtiger” Weihnachtsmarkt ist. Außerdem: Nach einer halben Stunde im
Bazar ist der Winter auch ganz weit weg. Dass ich insgeheim nur wegen den
Zimt-Zucker-Baumstriezeln da bin, behalte ich einfach mal für mich…

Ich habe den Weihnachtsrummel überstanden.
Mein Selbstvertrauen ist gestärkt, vielleicht schaffe ich es ja doch, mich mit
dem Fest anzufreunden. Aber nichts überstürzen – erstmal wieder Musik, und zwar
unweihnachtliche. Der Dienstag
wartet mit einem sehr interessanten Auftritt in der Glockenbachwerkstatt auf –
die Community QUEERTHING, die Kunst, Kultur und Musik mit queeren Inhalten
promoted, hat FaulenzA eingeladen. Die Trans*Frau ist nicht nur politische
Aktivisting, sondern rappt auch über Liebe und Hass, Freundschaft und “empowert
mit ihren Lyrics zu queeren/LSBTIQ Themen”. Ich bin sehr gespannt.

Hälfte der Woche ist geschafft, gleich ist
wieder Wochenende. Meine Taktik bleibt die gleiche – mit Vorfreude auf den
Abend geht alles leichter. Mein Mittwochabendprogramm ist nicht gut durchdacht,
es könnte stressing werden. Gegen 19 Uhr komme ich im Lost Weekend an – hier
liest Günter Fröhlich aus seinen philosophischen Etüden “Der Affe stammt vom
Menschen ab”
. Leider kann ich nicht bis zum Ende bleiben, denn im Milla ist
wieder Song Slam
. Ich hab die letzten beiden Ausgaben schon verpasst – heute
will ich unbedingt wieder auf schrägem Untergrund Musik hören. Ich hetze in die
U-Bahn. Ich hoffe, mein Plan geht auf.

Ich merke, dass Weihnachten so langsam
näher kommt. Trotz aller Abneigung gibt es in meinem Umfeld natürlich auch
Leute, die sich freuen – und denen will ich ja das Fest nicht vermiesen. Also
muss ich auch zum Geschenkekaufen losziehen – der Donnerstag scheint mir ein guter
Tag dafür zu sein. Ich tummel mich natürlich nicht in der Kaufingerstraße rum,
ich bin ja nicht ganz lebensmüde. Dafür schaue ich in der Maxvorstadt  beim FYFY & Friends X-Mas Market vorbei.
In der alten The Duke Distillerie machen die FYFY-Leute mir das Shoppen
deutlich einfacher – es gibt sogar Punch. Erst was trinken, dann Geschenke
kaufen. Was kann da schiefgehen?

Wieder eine Woche Weihnachtswahnsinn
überstanden, und Geschenke habe ich sogar auch besorgt. Ich bin ganz zufrieden
– in 10 Tagen ist die Sache ja wieder durch. Für heute habe ich einen Plan:
Zuhause bleiben. In meinen eigenen 4 Wänden fühle ich mich sicher, hier gibt es
keine Weihnachtsdeko, hier gibt es keine Lebkuchenplätzchen – nur einen
Adventskalender. Aber der darf auch bleiben, der ist sehr besonders. Zuhause
riskiere ich nicht, in die Verlockung vom Glühwein zu geraten. Glühwein bringt
mich auf dumme Ideen. Glühwein lässt mich meine Abneigung zu Weihnachten
manchmal etwas vergessen. Glühwein…wäre jetzt eigentlich auch ganz schön. Na
gut, eine Tasse! Aber nicht mehr! Sonst lande ich noch beim dritten Geburtstag
vom The Upper Club
. The Upper Club…wäre jetzt eigentlich auch ganz schön…

Text: Matthias Kirsch

Foto: Privat

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Sandra

image

Christkindlmärkte schießen an jeder Ecke aus dem Boden. Doch so richtig in Weihnachtsstimmung will sich unsere Autorin noch nicht begeben. Bunt ist ihr Programm zwischen Konzerten, Surferfilmen und moderner Kunst auf jeden Fall.

Es ist die Woche, in der sich die Schaufenster mit
Weihnachtsdekoration füllen und die ersten an das Besorgen von Geschenken
denken. Bevor wir aber statt dem Feierabendbier den Feierabendglühwein auf den
Christkindlmärkten in einigen Tagen genießen können, versuche ich noch der
vorweihnachtlichen Stimmung ein wenig aus dem Weg zu gehen.

Das Filmschoolfest neigt sich am Freitag bereits dem Ende entgegen,
doch auch hier gilt: Das Beste kommt zum Schluss! Die „Hofbräu Trophy“ wird an
die beste Bierwerbung vergeben, die von Studenten oder Azubis gedreht wurde.
Mal schauen, ob es dort auch Freibier geben wird.

Bevor es am Samstagabend Elektro-Musik gibt, schaue ich im JustMusic gegenüber vom Olympiaeinkaufszentrum vorbei. Dort findet heute ein Singer/Songwriter-Contest statt und ich freue mich auf Poeten mit Gitarre und Piano. Am Abend feiere ich dann die Freiheit im Harry Klein. Ein
ganz besonderes Event wartet hier auf die Münchner: Der Film Raving Iran wird
gezeigt – und danach legen die Protagonisten des Films selbst auf.

Am Sonntag besuche ich das Ägyptische Museum. Jedoch nicht,
um mir Keramikschalen oder Grabfunde aus der Zeit vor Christus anzuschauen,
sondern Kunstwerke des 21. Jahrhunderts. Der Kunstsalon 2016 zeigt von einer
Jury ausgewählte Werke deutscher und internationaler Künstler unter dem Titel
“Farbe und Raum”. Ich bin gespannt, wie bunt es wird! 

Den Wochenbeginn gehe ich ruhig an und tauche ein
in die Surf-Film-Nacht. Der Streifen „Surfers Blood“ kommt von Patrick Trefz, Indie-Filmemacher
und ehemaliger Photo-Editor des amerikanischen Surfer Magazines. Er zeigt
wichtige Charaktere der Surfwelt abseits der Mainstream-Clips.

Am Dienstag tritt die Band The Lumineers im Zenith auf. Es ist eine von gerade einmal drei Shows, die sie in Deutschland spielen. Ich stimme mich schon mal mit den richtigen Worten ein und sage nur: “Ho Hey”. Das erinnert mich ohne die musikalische Begleitung doch ziemlich an das “Ho ho ho” des Weihnachtsmannes – und das werde ich im Radio oder TV noch früh genug zu hören bekommen.

Das führt mich auch schon zum nächsten Punkt: Die Weihnachtsmärkte beginnen nächstes Wochenende, zur Einstimmung besuche ich am Mittwoch das Winter-Tollwood. Ich
probiere mich durch indische, peruanische und marokkanische Gerichte und lande
am Ende des Abends an einem schnuckeligen Glühweinstand. Den gibt es hier sogar
mit Apfelgeschmack!

Vor wenigen Wochen war der Münchner

Felix Krull

unsere Band der Woche.

Am Donnerstag präsentiert er sein neues Album und zeigt, dass auch hier Hip Hop möglich ist – mit viel Kitsch und Grünwald-Image. Der Club Helene in der Occamstraße verspricht voll zu werden, bis 23:00 Uhr gibt es Jägermeister for free. Grünwald eben.

Und schon ist eine wirklich bunte und abwechslungsreiche Woche um. Damit das Wochenende gleich richtig los geht, tanze ich am Freitag im Neuraum zu Lost Frequencies. Seine Remixes versprechen gute Stimmung – optimal also, um die Tage des ersten Adventswochenendes zu genießen.  

Happy Birthday, Stadt Land Rock Festival!

image

Zum 13. Mal findet 2016 das Stadt-Land-Rock Festival statt. In diesem Jahr gibt es an drei Abenden zwölf Bands und Künstler zu sehen – bei freiem Eintritt.  In den vergangenen Jahren etwa MarieMarie (Foto), die 2011 und 2013 Stimmung machte. Zur Einstimmung ein kleiner Rückblick. 

Wer über das Tollwood schlendert, findet wie jedes Jahr die Stände mit Crepes und Langosch, mit Schmuck und verträumter Hippie-Kleidung, die Skulpturen, die die jährlich neuen Themen des Tollwoods veranschaulichen und den Besucher jedes Mal wieder überraschen. Das alles gehört zum Tollwood – Genau wie die Musik. Schon seit Beginn spielen bekannte Bands auf Münchens beliebtestem Stadtfestival, große Namen sind jedes Jahr vertreten, aber vor allem die jungen Münchner haben seit 13 Jahren auch ein anderes Ziel: Das Stadt-Land-Rock-Festival.

Seit 2004 wird es vom Tollwood und der SZ-Junge-Leute Seite veranstaltet. Damals waren das einfach ein paar kleinere Bands aus München, aber auch von anderswo, die ohne wirkliches Festival-Feeling eher als Begleiterscheinung auf den verschiedenen Bühnen des Tollwood auftraten. Viele der damaligen Bands sagen heute kaum jemandem etwas, und trotzdem lohnt es sich, reinzuhören. Denn als Veranstaltung für junge, aufstrebende Musiker hat das Stadt-Land-Rock schon früh ein Gespür für die richtigen Bands bewiesen, die, genau wie das Festival selbst, einfach ein bisschen Zeit und Unterstützung brauchten, um größer zu werden.

Besonders wenn man sich die Bands der letzten Jahre anschaut, wird man einige davon wieder erkennen. Die Young Chinese Dogs beispielsweise, die man nicht nur auf dem Tollwood, sondern auf so ziemlich jeder Münchner Bühne treffen kann. Die beiden Schwestern von Sweet Lemon, die, obwohl noch sehr jung, dieses Jahr schon zum zweiten Mal das Publikum mit ihrem Mix aus Pop und Blues verzaubern. Oder MarieMarie, die mittlerweile über München hinaus ein bekannter Name ist. „Es war eine tolle Erfahrung auf dem Stadt Land Rock Festival zu spielen und die Stimmung war super“, erinnert sie sich an ihre Auftritte 2011 und 2013.

Genau wie die Szene, die Jugendseite und die Teilnehmer, ist das Stadt Land Rock mit seinen Bands gewachsen. Das Festival hat in der Tollwood tanzbar seinen Platz gefunden und repräsentiert mit dem diesjährigen Programm einen Querschnitt durch die junge Münchner Musik Szene. Es spielen Bands wie Line Walking Elephant, die mit ihrem Alternative-Rock die Fetzen fliegen lassen oder die Folk-Rock-Band The Charles, deren Namen längst keine Unbekannten mehr sind, aber auch Newcomer, wie Paul Kowol oder KLIMT, die sich beide als Solokünstler natürlicherweise ruhiger, aber nicht weniger spannend präsentieren.

Die Zeiten, als noch Umzugskisten voller Demo-CDs den Beginn der Auswahl für das Festival einläuteten, sind vorbei, doch Bewerbungen um auf dem Stadt-Land-Rock zu spielen kommen immer noch genug. Oder sollte man eher sagen jetzt erst Recht? München und seine Musik-Szene sind ein unteilbares Ganzes, und Gelegenheiten für junge Bands gibt es viele. Und doch ist das Festival auf dem Tollwood etwas besonderes geblieben. Weil es gewachsen ist, seinen Platz gefunden hat und weil man nach 13 erfolgreichen Jahren sicher sein kann, dass man den Sprung geschafft hat vom Trend zu einer der fest verankerten Institutionen, ohne die München nicht das wäre, was es ist.

Von: Marina Sprenger

Foto: Käthe Dekoe

Von Freitag bis Freitag München – unterwegs mit Philipp

image

Die Pokemon sind los! Du hast schon alle gefangen? Oder nicht? Vielleicht findest Du sie ja an einem unserer Orte, die wir Dir zum Weggehen empfehlen? Tolle Pokemons gibt es auf dem Tollwood-Festival, auf dem 20.Geburtstag von M94,5 in den Kammerspielen, wo diese Woche ohnehin viel geboten wird, auf dem Sommertheater in der Glyptothek und auf dem Free&Ease-Festival im Backstage. Der beste Ort ist allerdings unser Stadt-Land-Rock-Festival auf dem Tollwood, das am Donnerstag beginnt.  

Diese Woche habe ich leider keine Zeit wegzugehen. Punkt. Ist so. Nicht wegen Klausuren oder sowas, im Master muss ich keine mehr schreiben. Aber mir fehlen mindestens noch 120 Pokémon. Und das ist kein Zustand, also werde ich die folgende Woche mit Jagen verbringen. Zumindest bis sich erstmal der Server und dann mein Handyakku verabschiedet. Sei’s drum, die Münchner Kulturszene ist irgendwie doch cooler als ein Handyspiel, auch wenn es noch so schöne Kindheitserinnerungen auslöst.

Und gleich der Freitag lässt mich an meiner geistigen Gesundheit zweifeln, wenn ich darüber nachdenke, was ich fast wegen Pokémon verpasst hätte. Auf dem Tollwood stehen Henrik Freischlader, die Blues-Legende Warren Haynes zusammen mit Munich’s finest Jesper Munk unter der Motto „The Blues Explosion“ auf der Bühne der Musik-Arena. Das wird fantastisch. Und falls ich nicht so bluesig unterwegs bin an dem Abend, geht es eben zur 20 Jahres Party von M94,5 . Hier kann man Die Sterne, Drangsal, KYTES und Monday Tramps bewundern. Yeah!

Etwas ausgelaugt wache ich dann am nächsten Morgen auf und beginne den Tag damit, im Bett erstmal ausgiebig die Lektüre meines gestern angefangenen Buches fortzusetzen. Bei allem Monsterjagen hatte ich glatt vergessen, wie viel Spaß das machen kann. Mittags rum blicke ich dann hoffnungsvoll aus dem Fenster, weil ich schauen will, ob das Wetter passt. Denn ab heute ist das Gärtnerplatz Open Air, das eine spannende Auswahl an Musikern und Orchestern bietet, wo vorallem Opern- und Musicalfans Spaß daran haben sollten. Ich komme eher für die Atmosphäre – und für die Kunst, denn die Ausstellung SENSEVEN des Studienjahrgangs „Kunst und Multimedia“, findet am selben Tag statt, wäre also vielleicht auch einen Besuch wert.

Weil ich in dieser Woche schon mehr als nur kleine Veranstaltungen brauche, um mich von Pokémon abzulenken, gehe ich am Sonntag zu dem Festival Body Talk in den Kammerspielen. Der Untertitel „Ein Festival über Körper und Märkte, Geschlecht und Sichtbarkeit im 21. Jahrhundert“ macht mich neugierig – und ein wenig ratlos. Aber auf dem Programm stehen Performances, szenische Interventionen, Konzerte, da wird schon was für mich dabei sein.

Auch am Montag habe ich immer noch kein Blitza gefangen, dabei war das doch immer mein Lieblings-Pokémon. Als Entschädigung beschließe ich mir etwas gute Laune zu gönnen und gehe in die Kammerspiele. Dort findet die Veranstaltung GästeSpiele statt, eine Benefizveranstaltung für den Verein Kulturraum München e.V. Auf der Bühne kann man mit  der Spider Murphy Gang, Schicksalscombo, Weapon & Stahl einiges an Abwechslung erwarten. Außerdem ist Pour Elise dabei, die mich schon im Farbenladen dieses Jahr begeistert hat. Und als alten Franz Ferdinand Fan freut es mich besonders, dass das Lunsentrio mit Franz-Ferdinand-Musiker Nick McCarthy am Start ist.

Diese Woche war bisher sehr Musik – und ihr wisst schon was – lastig, daher gibt es heute mal Theater. Das traditionelle Sommertheater in der Glyptothek startet heute, zur Aufführung kommen “Der Sturm” und “König Ödipus” von Sophokles. Für Studenten kostet das auch nur 13€, im Preis sind Brot und Wein inbegriffen. Kann man also mal machen.

Zumal es am Mittwoch schon wieder musikalisch weitergeht und das schon wieder mit einem Festival. Das Free&Easy startet im Backstage, dort ist heute einiges geboten. Und so tingel ich zwischen Flonoton, Monaco F und Roger & Schu (Blumentopf) hin und her und versuche nichts zu verpassen. Außerdem läuft noch Fußball, wenn auch nix wichtiges, aber nach der EM bin ich so bisschen auf Entzug. Egal, der Abend bietet auch so genug.

Am Donnerstag habe ich Pokémon schließlich aufgegeben, ich kann mein Handyakku gar nicht so schnell wieder aufladen wie er sich leert, außerdem fehlt mir ein bisschen die Motivation. Ich lese jetzt wieder Bücher in der Bahn. Diese Bahn nutze ich auch, um abends auf Tollwood zu fahren, schließlich startet heute endlich unser großes „Stadt, Land, Rock“-Festival. Auf den ersten Abend freue ich mich fast am meisten, dabei sind nämlich Newcomer Paul Kowol, die aufstrebenden Jungs von Vertigo und von den Charles und mit den Black Submarines auch wieder ein paar alte Bekannte aus dem Farbenladen. Danach kann ich auch nicht mehr laufen und Pokémon suchen, Beine tun weh, zu viel getanzt.

Auch am Freitag könnte ich wieder in die tanzbar gehen, schließlich sind auch heute wieder coole Bands auf dem Stadt, Land, Rock. Mit Sweet Lemon, mola, Nick Yume und Clea Charlotta sind wieder einige Hochkaräter am Start. Heute höre ich aber eher entspannt zu als übermäßig abzudancen, meine Beine sind unter der Belastung der letzten Wochen etwas angegriffen. Oder ich gehe ins Café Marat, wo SZ Junge Leute Kollege Maxime mit seiner Band Malaise eine luxemburgische Hardcore Band supportet. Klingt abgefahren, sollte man mitnehmen!

Von: Philipp Kreiter

Foto: privat

Stadt-Land-Rock-Festival 2016 Preview: die Bands am Donnerstag, 21. Juli.

Auch 2016 feiern wir beim Stadt-Land-Rock-Festival auf dem Tollwood. An drei Tagen gibt es insgesamt zwölf Bands und Einzelmusiker zu hören. Hier stellen wir euch die ersten Vier vor.

Vertigo

image

E-Gitarren Riffs, sanft gezupfte Balladen und epische
Stadionrock-Momente. Alles ist auf der 2014 erschienen Fünf-Song-Ep „V“ von Vertigo zu finden. Musikalische
Einflüsse von Foo Fighters bis Kings of Leon werden uns auf der Internetseite versprochen und genau
das bekommen wir auch. Doch eines bleibt der Sound trotz aller Rotzigkeit
immer: unglaublich harmonisch und stimmig. 

Man erkennt sofort wie viele
Gedanken sich die Band bei der Zusammensetzung der einzelnen Instrumenten- und
Gesangsparts gemacht hat. Das erinnert
eben vor allem an die genannten Foo Fighters. Alles ist an seinem Platz und
ergänzt sich zu einer Wand aus Rock und Emotionen. Stichwort Emotionen: Die
Stimme von Sänger Mario Hain gibt Vertigo
ihren speziellen Klang. Ob er kratzig seine Wut hinausschreit oder in höchster
Kopfstimme sanftere Gefühlslagen nach außen trägt: man glaubt ihm, was er
besingt.  Und das obwohl der Bandname Vertigo eigentlich mit „Schwindel“
übersetzt wird. 

Gespielt wird seit 2012 in klassischer Vier-Mann-Besetzung, bestehend aus Bass
(Sebastian Stöckl), Schlagzeug (Wolfgang Winkler) und zwei Gitarren (Mario Hain
und Andre Akansu). Dass dieses Musikkonzept auch Live aufgeht, belegen die vier
Musiker von Vertigo mit der Vielzahl
von gewonnen Titeln bei zahlreichen Bandcontests. Neben dem  MucKing (2013) wurde auch der Amper Slam
Contest (2014) und der House of Music Contest (2014) gewonnen. Beim SPH
Bandcontest wurden sie 2014 außerdem als beste Band Süddeutschlands
ausgezeichnet. Ganz aktuell wurden sie beim Sprungbrett-Wettbewerb auch noch zu Münchens Band des Jahres 2016 gewählt. Der Pokalschrank ist also schon gut gefüllt. Sie haben aber
bestimmt weiterhin genug Energie, um am Donnerstag, 21. Juli, auf dem
Stadt-Land-Rock-Festival 2016 die Zuschauer ins Schwitzen zu bringen.

Videolink: 

Vertigo – Feel

The Black Submarines

image

Hier ist Rockmusik noch echt: die vier Jungs von The Black Submarines stellen sich gegen
den Zeitgeist. Kein Synthie, kein Autotune, kein Firlefanz. Einfach zwei
Gitarren, ein Bass, ein Drum-Set, Mundharmonika und dazu mehrstimmiger Gesang.
Das ist das Rezept für melodische Blues-Rock-Songs und einige wirklich
beeindruckende Auftritte. Wenn Sänger Richy Lee Strobl, wie ein sanfter Riese
im Auge des Sturms seiner um ihn herumwogenden Mitmusiker steht, wenn Gitarrist
Benny May sich irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn die Seele aus dem Leib
spielt und wenn Bassist Charly Muschol zusammen mit Drummer Sascha Dick rollend-tanzbare Rhythmen fabriziert, dann weiß der Zuhörer wieder was Rock’n’Roll mal
bedeutet haben könnte.

Die vier Musiker haben vor Kurzem erst ihr neues Album
„Opals“ veröffentlicht, hier haben sie ihre Entwicklung konsequent fortgesetzt.
Sie schlagen in eine Kerbe, in die auch Münchner Bluesrockszenegrößen wie The Whiskey
Foundation oder die Bequerels schlagen.
Die Lieder irgendwo zwischen ruhig-melancholisch und treibend-hoffnungsvoll,
die Instrumente kundig gespielt und sauber abgemischt.

The Black Submarines stehen
für eine Münchner Szene, die zwar noch irgendwo unter dem Radar stattfindet,
die aber auch Dank der vier talentierten Musiker sehr schnell an die Oberfläche
dringen könnte. Wie ein U-Boot eben. Auf dem Stadt-Land-Rock-Festival 2016
zeigen The Black Submarines am
Donnerstag, 21. Juli, wie zeitgemäß Blues und Rock’n’Roll sind.

Videolink: The Black Submarines – Far Down South

The Charles

image

Platten von Blues-Rock-Urgesteinen wie Led Zeppelin und
New-Wave-Blues-Rock-Größen im Stile von Rival Sons stehen bei The Charles wohl eher selten im Regal,
sondern drehen sich in Dauerschleife. Unter dem Titel Geheimtipp läuft die Band dabei schon seit ihrem
Auftritt bei Rock im Park (2014) nicht mehr. Seitdem ist aber auch viel
passiert. Vor allem der neue Sänger Xavier D’Arcy veränderte 2015 noch einmal
die Vorzeichen. 

Über die Liebe zu alter, breitbeiniger Rock-Musik haben sich
Band und neuer Frontmann gesucht und gefunden. Seine hohe Stimmlage setzt nun
den perfekten Gegenpart zu dem dumpf-rollenden Teppich dahinter. Fuzz-Gitarren-Riffs
gepaart mit einer gelöst-treibenden Rhythmus-Sektion (Konna Solms – Gitarre;
Emi Obermeier – Schlagzeug; Maxim Frischmann – Bass & Saxophon). Die Band
versteht etwas von ihrem Handwerk und Xavier D’Arcy hat alle Freiheiten seine Emotionen
in den Gesang zu legen. Für ihn dürfte die Band dabei ein interessanter
Gegenpol zu seinem Akustikgitarren-dominierten Solo-Projekt darstellen. 

Am 3.
Juni erschien das erste gemeinsame Album „Rhythm & Fiction“- auf dessen,
ganz in Rot und Schwarz gehaltenem, Coverbild die Köpfe der Musiker scheinbar eine
Wand durchbrechen. Vielleicht ist die Wand aber auch ihre eigene Musik, die
immer näher auf uns zu kommt und an deren Spitze D’Arcy sirenenhaft unsere
Aufmerksamkeit inne hat. Viel Tanzen und noch mehr Schwitzen, das verspricht
der Sound von The Charles für jedes
Live-Konzert und wir freuen uns, dass sie am Donnerstag, 21. Juli, bei uns auf
der Stadt-Land-Rock Bühne stehen werden.

Videolink: 

The Charles – Hoodoo

Paul Kowol

image

Mit rauchig-sanfter Stimme besingt Paul Kowol  Sommergefühle – sehnsüchtig,
aber immer positiv. Sein Sound lädt ein zum Augenschließen und Träumen – in
Gedanken fliegt man zu weiten Stränden, Palmen, Sonnenuntergängen, dem letzten
Urlaub oder einfach einem schönen Abend am Flaucher. Live steht der Wuschelkopf meist allein, mit
der Gitarre um den Hals, auf der Bühne. Und das reicht völlig um die Zuschauer in seine Musikwelt mitzunehmen. Erst 2015 hat Paul die Schule abgeschlossen,
seitdem ist viel passiert: Eine Vielzahl an Konzerten wurde gespielt und sogar
in die BR-Heimat-Sendung „Habe die Ehre!“ hat Paul Kowol es gebracht. Das klingt alles nach dem perfekten Sound,
um mit ihm am Donnerstag , 21. Juli, einen wunderschönen, entspannten Abschluss
auf unserem ersten Stad-Land-Rock-Festival-Tag
zu erleben.

Videolink: Paul Kowol – Fall in Love

Text:

The Black Submarines: Philipp Kreiter

Vertigo, The Charles, Paul Kowol: Richard Strobl


Fotos:

Vertigo: Laura Fiona
Holder Photography

The Black Submarines:
Philipp Decker

The Charles: Janko
Raseta

Paul Kowol: Tom Kowol

Stadt-Land-Rock-Festival 2016

image

Es ist wieder soweit: Das Stadt-Land-Rock-Festival geht in eine neue
Runde. Tolle Münchner Bands – teils bereits beliebt und bekannt, teils
wunderbare Neuentdeckungen – werden im Juli für drei Tage auf dem
Tollwood spielen. Der Eintritt ist wie immer frei.

Vertigo 

image

Herz trifft auf Schmerz: Alternative-Rock mit harmonischen Riffs und eingängigen Melodien, die an Bands wie Kings of Leon und Coldplay erinnern

The Black Submarines  

image

Leiden trifft auf Hoffnung: Eine mehrstimmige Kombination aus atmosphärischen Blues und Rock mit einer ordentlichen Portion Gitarre

The Charles  

image

Hardrock trifft auf Chorsänger: Temporeicher, energischer, durchaus breitbeiniger Rock mit einem Frontmann der Extraklasse:  Xavier Darcy

Paul  Kowol  

image

Milky Chance trifft auf Milky Way: Brauner Wuschelkopf, rhythmische Gitarre und schmusige Wohlfühlsongs – so tröstend wie ein Schokoriegel

SweetLemon 

image

Pop trifft auf Jazz:  Zwei Schwestern mischen Zitate klassischer Musik in ihre Songs und brillieren mit ihren großartig volumenreichen Stimmen

Mola 

image

Pumpende Bassdrum trifft auf pulsierendes Leben: Experimenteller Electro-Pop mit einer Hommage an starke Frauen, die sich nicht verstellen wollen

Nick Yume  

image

München trifft auf London: Souliger, reduzierter Indie-Pop mit melancholischen Texten über die Suche nach dem eigenen Platz in dieser Welt

Clea Charlotte

image

Süßer Herzschmerz trifft auf Sommerliebe: Melancholischer Folk-Pop mit zarter, anmutiger Stimme und berührend ehrlichen Texten

Line Walking Elephant

image

Boy Band trifft auf Balladen: Indie-Rock – mal tanzbar, mal hymnisch, mal kommerziell: So vielseitig kann moderner Folk sein

The Red Aerostats 

image

Elton John trifft auf Entschleunigung: Einfühlsamer Folk-Rock mit melancholischen Songs, die zum Tagträumen einladen

Ludwig Two

image

Verspielter Rock trifft auf Discokugel: Schneller Indie mit viel Gefühl und Tiefgang – inspiriert von Coldplay, The Killers oder Radiohead

KLIMT 

image

Melancholie trifft auf wütenden Pop: Die rauchige Stimme der Sängerin von The New Colossus mit genau der richtigen Portion Soul im Blut

Fotos: Nick Yume: Keno Peer
Vertigo: Laura Fiona Holder Photography
Mola: Kokutekeleza Musebeni
The Black Submarines: Philip Decker
The Red Aerostat: Marc-Henri Ngandu – Croco & Co
Clea Charlotte: Kai Neunert – Fotografie
The Charles: Janko Raseta
Ludwig Two: Ludwig Two
Line Walking Elephant Foto: Lennart Heidtmann
Sweet Lemon Foto: Simon Gehrig
Paul Kowol: Tom Kowol

Von Freitag bis Freitag München-mit Matthias

image

November, Movember, Dezember – Ohne Schnee und ohne Schnauzer stürzt sich Matthias in die Weihnachtsmarkt-Massen und erkämpft sich seine erste Feuerzangenbowle dieses Jahr! Außerdem begibt er sich auf Geschenkejagd auf dem Designmarkt. Und obwohl selbst frisch rasiert, zelebriert er den Schnauzer für einen guten Zweck. Umgeht den Tatort, gönnt sich dafür gute Musik und kommt dabei zu neuen Erkenntnissen.

Freitag, der 27.

So, ich bin wieder da – zurück im sozialen Leben. Ich übertreibe, ich habe
eine Klausur geschrieben, gestern. Aber : Ich fühl mich wie neugeboren.
Auf zu großen Taten also, Vorweihnachtszeit genießen. Eigentlich find ich es
ganz schlimm, dass die Monate von verschiedenen Feiertagen geprägt werden. Im
Februar ist Karneval und alle laufen in depperten Kostümen rum. Im April kommt
der Osterhase und auf das Christkindl warten eh alle. Da war der November
bisher immer so ein schönes Polster zwischen kürbisorange und
weihnachtsmannrot. Bisher, weil : Jetzt gibt es ja Movember !
Natürlich, und Movember wird heuer auch in München groß vermarktet. Die Sache
ist ja für einen guten Zweck, da kann ich dann vielleicht drüber hinwegsehen.
Bei der Stylight Movember Parté im Stylight HQ in der Nymphenburger Straße geht
es heute Abend dann zu Ehren des Schnauzers haarig zu – alle Ticketeinnahmen
werden natürlich gespendet. Da ist es fast schade, dass ich nach anderthalb
Jahren erstmals wieder bartlos unterwegs bin – mein Schnauzer ist einfach zu
creepy.

Samstag, der 28.

Nach meiner Großzügigkeit von gestern will ich mir heute etwas gönnen –
musikalisch, bestenfalls. Nur hab ich mich – mal wieder – völlig verplant. Die
Tickets für das PULS Festival in München sind längst alle ausverkauft, und in
Erlangen – tja, da war das Ganze schon gestern. Jetzt kann ich wenigstens
testen, ob mein netzwerken in der Münchner Musikszene Früchte getragen hat –
kann mir einer noch Eintritt garantieren? Es meldet sich dann irgendwann
auch jemand. Aber nicht mit PULS, sondern Subkultur. Schwierig. Wie komm ich
nach Fürstenfeldbruck ? Da spielen heute unter anderem Marvpaul, die hab
ich beim Sound of Munich Now gesehen, und die machen gute Musik mit lustigen
Texten – ganz mein Ding. Ich werf die Münze.

Sonntag, der 29.

Ich kann an dieser Stelle nicht verraten, wo ich hingegangen bin.
Vielleicht bin ich zuhause geblieben? Nur soviel : „Wer sich ab und
zu etwas Faulheit vergibt, hat dann für die wirklich wichtigen Dinge umso mehr
Energie“. Behaupten zumindest Marvpaul auf Platte. Und gibt es was Wichtigeres
als einen Sonntagsbraten? Oder Sonntagsschnitzel? Mit Pommes? Nein! Für das
Riesenschnitzel im Café Mozart brauch ich auch die zusätzliche Energie, das
Ding ist tatsächlich riesig. Nach ergiebiger Siesta drängt der After-Klausur-Enthusiasmus
wieder nach. Am Sonntagabend verschwindet aber irgendwie ganz München von der
Erdoberfläche – wo sind denn heute alle? Ich geh auf Tauchgang, grab ganz tief
– und irgendwann bin ich Unter Deck. Ha, tja, der heilige Sonntag. Hier läuft
kein Tatort, kein schlechter Blockbuster mit tausend Werbungen – The Wave
Pictures
laden zu einem gemütlichen Abend ein. Ihr letztes Album heißt Great
Big Flamingo Burning Moon – sehr geil. Ich hatte immer die Theorie, dass
Musiker erst eine Band gründen, wenn sie einen Hammernamen haben. Neue Theorie
– je wahnsinniger der Albumtitel, desto besser die Musik. Innocent `til proven
guilty.

Montag, der 30.

Noch eine Theorie: Je alternativer der Weihnachtsmarkt, desto teurer der
Glühwein. Gefühlt 20 Euro kosten zwei Tassen Feuerzangenbowle am Tollwood
Wucher. Aber ist ja Bio! Oder so. Wie dem auch sei, ich komm trotzdem jeden
Winter nicht an der Theresienwiese vorbei – auch wenn mir immer wieder
schwindelig wird, wenn ich vom U-Bahn-Ausgang durch das Lichtermeer wandere. Meine
Planung war zumindest wieder schlecht, eine weitere Konstante. Montagabend
heißt, Weihnachtsmärkte voll. Und hier sind deutlich zu viele Leute –
wenigstens schneit es nicht. Schnee mag ich eigentlich, aber nicht in der
Stadt. In den Bergen, zum Schifahren oder rodeln, fein. Was ist der Mehrwert
von Schnee in der Stadt? Nasse Hörsäle an der Uni, die Anti-Rutsch-Kieselsteine
blockieren jede Rolltreppe in der Großregion und ich muss wieder Treppen
laufen! Komischerweise wärmt mich der Gedanke an Schnee von innen. Aber
vielleicht war es auch die dritte Feuerzangenbowle.

 Dienstag, der 1.

Es schneit immer noch nicht, ich kann also noch vor die Tür. Vor einigen
Wochen habe ich mich an dieser Stelle furchtbar über Lost Weekend aufgeregt –
wegen Kaffeepreisen und pseudo-intellektuellen Zeitgenossen. Seitdem ist mir
etwas aufgefallen – die veranstalten in dem Laden eine ganze Menge, ja,
Veranstaltungen. So auch heute – und ich zähle mich ganz klar zu den Pseudo-Intellektuellen
hinzu. Zwei Philosophen diskutieren über einen anderen Philosophen, klingt
spannend. Subjekt ist Alain Badiou. Ich könnte jetzt einen halben Paragraphen
darüber schreiben, wie sehr man Badiou dafür respektieren muss, dass er
Universalität und Illegalität als gleichursprüngliche Momente des Normativen in
seiner Theorie des Ereignisses vereint! Nur hab ich überhaupt keine Ahnung
davon, und den Satz einfach aus dem Facebook-Event kopiert. Ich Idiot mit
teurem Kaffee.

Mittwoch, der 2.

Mir schwirrt der Kopf noch ein wenig von gestern Abend. Die Sätze wurden
nämlich nicht nur so geschrieben – die reden auch wirklich so! Das totale
Gegenteil hierzu findet oft im Theater statt – viel mehr Wahnsinn als Genie.
Was meist ganz okay ist, und lustig auch. Darum geh ich heute mal wieder ins
Rationaltheater, da war ich lange nicht mehr. Danijel Szeredy und Alena Vaida
inszenieren die nächsten drei Tage (und im Januar noch drei Mal) ihr Stück „Das
Duell“, nach Anton Tscheschow. Es handelt um drei Schauspieler, die während den
Attentaten von Charlie Hebdo gerade für ein Stück proben, und jetzt, ein Jahr
später, von ihrer Abgegrenztheit erzählen. „Das Duell“ bekommt mit den
Attentaten von Paris vor zwei Wochen noch eine neue Dimension. „Auf welcher
Höhe wirst du deine Mauern errichten? Wo wirst du die neuen Grenzlinien
ziehen?“ – Ich bin gespannt.

Donnerstag, der 3.

Ich habe einige Jahre an der Uni gebraucht, um die „guten“ von den
„schlechten“ Seminaren zu trennen, bevor ich sie auswähle. Bei den hunderten
Veranstaltungen, die man sonst an der Uni besuchen kann, habe ich bis heute
keinen Plan. Es ist wie Lotterie. Das KW-Abseits hat mich bisher meist positiv
überrascht – einmal war Claus Von Wagner da, und die Polizei hat einen Hund
abgeführt. Ich glaube, das war nicht Teil der Show, aber egal. Die Fachschaft
der Kommunikationswissenschaftler lädt wieder ein. Das Thema – Islamophobie und
Medien
. Natürlich brandaktuell, und natürlich kann sich der interessierte
Student das nicht entgehen lassen. Uni ist soviel mehr als nur Pflichtseminare!
Ich fand die Medienberichterstattung zu und nach Paris jedenfalls nicht ideal –
vielleicht kann mir der Ehrengast, die Medienpädagogin Dr. phil. Sabine
Schiffer, erklären, warum ich es so empfand. Und ob ich, wäre ich in der
Situation gewesen, es überhaupt anders gemacht hätte.

Freitag, der 4.

Hoch die Hände, Wochenende! Das hat mal einer der größten deutschen
Social-Media-Philosophen gesagt – muss also stimmen. Mit erhobenen Händen
wandere ich durch die Stadt. Seit meiner Klausur hab ich Freitags nämlich frei.
Ich sollte eigentlich etwas Sinnvolles machen – aber so diszipliniert bin ich
nicht. Was steht sonst so an? Tollwood – zu teuer. Aber ein Glühweinchen wär
schon schön. Unterbewusst weiß ich natürlich, dass ich eigentlich total auf die
weihnachtliche Atmosphäre stehe. Das Heißgetränk ist nur die Ausrede. Außerdem
hab ich noch keine Geschenke, und das ist ja ein totales No-Go am vierten
Dezember! Der große Tag ist ja schon bald!. Ich mach mich auf zur
Reitknechtstraße – beim Designmarkt sind laut Einladung Omas, Opas, Kinder und
Hunde willkommen. Ich darf also hin. Musikalische Unterstützung und Streetfood halten
mich beim dem ganzen Shoppingstress bei Laune. Das Ganze geht sowohl heute als
auch morgen bis 23.30 Uhr – heiliger Bim-Bam!

Von Freitag bis Freitag München – mit Friederike

image

Friederike trotzt dem November, der sich langsam doch dazu entschieden hat, sein goldenes Herbstlicht in nebliges Grau zu verwandeln. Eine dickere Jacke anzuziehen, daran muss sie sich aber erst gewöhnen. Aber bei einer Woche prall gefüllt mit Flohmarkt, Weihnachtsbasar, Lesung, Kunst und Party kann man schon mal vergessen, dass ein dünnes T-shirt nicht mehr ausreicht.

Eigentlich hatte ich mich gerade ziemlich gut mit der Tatsache arrangiert, dass der November ein Sabbatical einlegen wollte. Jeden Tag diese wunderschönen 7-Uhr-Sonnenaufgänge und ständig sommerliche Temperaturen. Ich möchte weiter Bärlauch essen und Pilze sammeln. Und im T-Shirt aus dem Club nach Hause gehen. Doch nun hisst der Sommer schließlich doch sehr bestimmt die Segel und macht den nassgrauen Novembertagen Platz. Um da heile rauszukommen, plane ich mir eine schöne Woche und trotze damit dem Grau.

Ich fange gleich heute damit an. Es ist Freitag und im Audimax der TU findet die alljährliche, immer gut besuchte Geographenparty statt. Die Preise sind niedrig und die Party wild. DJ XX legt sehr tanzbaren Sound auf und ich packe mir eine Winterjacke für den Rückweg ein.

Am Samstag merke ich, dass meine Jacke zu dünn war. Ein verkaterter Tag eignet sich wunderbar zum Stöbern und Schlendern. Der Gute Nacht Flohmarkt im Backstage findet ab 17:00 Uhr statt und bietet neben privaten Ständen Streetfood-Produkte an, die meinen Heißhunger auf Fettiges und Würziges mit Sicherheit stillen werden.
Gestärkt radle ich dann ins Lost Weekend. Ein hippes Studentencafé in der Schellingsstraße. Das lädt unter dem Titel FLUCHT zu einer arabisch-deutschen Lesenacht ein. Es gibt Musik und Texte aus beiden Welten von Wajiha Said, Ramo Ali und Nora Schüssler und Das Ding ausm Sumpf.
Aber das ist noch nicht alles an diesem Samstag: Bevor ich – mit neuer Jacke – wohlig warm nach Hause fahre, mache ich noch einen Abstecher auf den Giesinger Berg und feiere das 10-jährige Jubiläum von Giesinger Bräu.
Und dann wäre da noch die Eröffnung vom Bahnwärter auf dem Abrissgelände des Schlachthofs. Musik liefert DJ Max Mausser von YumYum und Biedermann&Brandstifter. Alles ist ein bisschen provisorisch. Das ist Aktivismus pur und viel frische Luft. Wenn mir jetzt nicht klar wird, dass ein T-Shirt allein zu dünn ist, weiß ich es auch nicht mehr.

Sonntag empfehle ich möglichst viele Sonnenstrahlen einzufangen, Ordnung auf dem Schreibtisch zu machen, in meinem Fall Arabisch Hausaufgaben anzufangen und abends den Tatort zu schauen. Wie immer! Wie immer, schön gediegen. Gute Begleitung für den Sonntag bietet übrigens Ella Josaline, eine der derzeit größten Münchner Musikhoffnungen.

Am Montag schaue ich im Lyrikkabinett vorbei. Dort werden Fluchtgeschichten vorgelesen, die zuvor gemeinsam mit Münchner Autorinnen und Autoren und Geflüchteten aufgezeichnet wurden. Im Anschluss haben wir die Möglichkeit mit den hier Angekommenen ins Gespräch zu kommen.

Umstimmung statt Stillstand: Ich lasse ein bisschen Weihnachten in meine Seele. Das Wintertollwood auf der Theresienwiese öffnet am Dienstag wieder seine Tore. Diesjähriges Motto ist „Na sauber“, alles rund um den Müll. Find ich gut. Da gibt’s doch sicher ein paar recycelte Handschuhe für mich, langsam wird’s beim Radeln nämlich ungemütlich. Danach treffe ich die Organisatoren von BreakOut, einer Veranstaltung, bei der für den guten Zweck getrampt und mit jedem Kilometer Geld gespendet wird. Ich war diesen Sommer selbst begeisterte Teilnehmerin und habe mit meiner Freundin Stefi auf dem Weg nach Schweden beinahe 10.000 Euro gesammelt. Im Juni 2016 ist die nächste Chance zur Teilnahme!

Am Mittwoch wird ab ab 20 Uhr im Rationaltheater Stadt, Land, Fluss gespielt. Als Geographin muss ich das natürlich selbst ausprobieren!

Mein Donnerstag beginnt auf einer Ausstellung in den stillgelegten Waschräumen auf dem ehemaligen Gelände der Luitpoldkaserne. Hier zeigen 16 junge Künstlerinnen und Künstler unter dem Titel M O O S ihre Werke, kuratiert von der wals.gallery. Weiter geht es im Cord: Ein letztes Mal Indielektro, ein letztes Mal mit T-Shirt vor der Tür! TIGERKID und Monaco Fiasco werden nochmal ordentlich einheizen, meine neue Jacke ist wohl trotzdem nicht verkehrt.

Am Freitag bin ich schon fast in November – und Weihnachtsstimmung. Der Märchenbazar im Schlachthof wird mir letzte Zweifel nehmen. Mit alten Jahrmarktbauten und viel Glühwein. Er öffnet unter der Woche immer um 16 Uhr, am Wochenende schon morgens. Da gibt es dann auch Weißwurstfrühstück!

Umstimmung ist gut, Novemberblues mit akuter Lesen-im-Bett-Sucht muss nicht mehr sein. Deshalb werde ich mich am Freitagabend erneut unter Leute mischen, auf einer Geburtstagparty, mit Glühwein und neuer Mütze, aber im T-Shirt auf dem Balkon stehen und durch graue Schleierwolken nach den Sternen suchen – ach, du hässlicher November, ein Sabbatjahr hätte dir so gut zu Gesicht gestanden. Ich hatte mich fast in deine Sonnenaufgänge verliebt.  

Kleine Mädchen, große Träume

image

Ella Josaline? Kennt kaum einer in München. Und doch sind bereits Plattenfirmen auf die 16-jährige Musikerin aufmerksam geworden. Eine Garantie für Erfolg ist selbst das nicht – ein Besuch beim Stadt-Land-Rock-Festival

Das Publikum will sie nicht gehen lassen. Also steckt Ella Josaline das
Verstärkerkabel wieder in die Gitarre und setzt sich zurück auf den Barhocker.
Ihr weiß-schwarz-gepunktetes Kleid fällt an einer Seite über den Rand wie ein
Vorhang. „Ganz ehrlich, was seid ihr denn für ein cooles Publikum“, sagt sie,
lacht und scheint dabei weder aufgeregt noch nervös zu sein, sondern sich
aufrichtig zu freuen, ein weiteres Lied für die 200, vielleicht 300 Menschen
spielen zu dürfen, die vor der Bühne auf dem Boden sitzen, sich gegen die Bar
in der Tanzbar auf dem Tollwood-Festival lehnen oder sich hinten in das Zelt
drängen, um ihr zu lauschen. Das überrascht, wenn man bedenkt, dass Ella erst
16 Jahre alt ist und in der Münchner Musikszene vor ein paar Monaten noch niemand
ihren Namen kannte.

Das Stadt-Land-Rock-Festival, veranstaltet von der Junge-Leute-Seite der
Süddeutschen Zeitung und dem Tollwood, bietet nun schon zum zwölften Mal
Musikern aus München, die am Anfang einer möglichen musikalischen Karriere
stehen, eine Bühne. Mehr als 150 Bands haben diese Chance bislang genutzt, und
auch in diesem Jahr gibt es spannende neue Künstler zu entdecken. Schon der
erste Abend bietet dabei eine bunte Mischung: Von jazziger Melancholie mit
Miriam Green & Katja Khodos, über experimentellen „Spoken Beat“ von Katrin
Sofie F. und der Däne bis zu Rapperin Taiga Trece. Deren Texte bestehen aus
Code-Switching vom Feinsten: Deutsch, Spanisch und Englisch in einem Lied, in
einem Satz. Taiga kritisiert die Gesellschaft, die Politik und den schönen
Schein ihrer Heimatstadt München, die sie aber trotzdem liebt. Den Abschluss
bildet das Indie-Folk Duo Mighty Steel Leg Experience mit eher ruhigeren
„Stadt-Land-Schmuse“-Balladen.

„Das Einzige, das Träume
kaputt macht, ist Angst.
Und ich habe keine Angst.“

Obersendling, vor einer Woche. Ella sitzt auf der Waschmaschine in der
Küche ihrer Mutter und stimmt ihre Gitarre. Fünf Blautöne: ihr langes,
hellblaues Kleid, unter dem an der rechten Schulter der dunkelblaue Träger
ihres BHs hervorlugt, ihre blauen Augen, das petrolblaue Instrument auf ihrem
Schoß und eine blau-gemusterte Fliese, die in den Parkettboden eingelassen ist.
Über dem Gasherd hängen Postkarten mit motivierenden Sprüchen und an der Wand
eine Fotocollage von Ella. Auf den Ablagen stehen Bio-Produkte, alles vegan.
„Ich weiß nicht mehr genau, was in der E-Mail stand, aber auf einmal ging alles
ganz schnell“, sagt Ella. Die E-Mail, von der sie spricht, kam vor etwa einem
halben Jahr von Gerald Huber, selbst Musiker und ihr jetziger Manager, nachdem
er auf ein Youtube-Video von ihr gestoßen war.

Auch wenn Ella schon immer den Traum hatte, die Musik zu ihrem Beruf zu
machen: Dass sie mittlerweile schon als Support für Bands wie L’Aupaire im
ausverkauften Milla und auch im Theatron gespielt hat, dass jetzt schon eine
große Plattenfirma Interesse zeigt, noch bevor sie überhaupt die Schule abgeschlossen
hat, hätte sie nicht gedacht. „Ich bin so unglaublich dankbar. Ich kann nach
wie vor nicht fassen, dass so viele Leute hinter mir und meiner Musik stehen.“
Sie dreht das Wasserglas mit ihren zierlichen Fingern. Auch, dass sie jetzt auf
dem Tollwood spielen darf, das ist wie ein Traum, den sie eigentlich gar nicht
zu träumen gewagt hätte.

Viele Musiker haben diesen Traum, von der Musik leben zu können,
wahrscheinlich jeder Künstler, der beim Stadt-Land-Rock-Festival auftritt.
Jasper Flynn, Running from Avalanches, Running Choke,  die Cassettes und
Antò Nio, der zwar erst mit 23 Jahren anfing, Gitarre zu spielen, aber jetzt am
liebsten nichts anderes mehr machen würde. Oder auch The Birdwatchers. Zwei der
vier Musiker stammen ursprünglich aus Irland und sind für die Musik nach
München gezogen. Der Singer-Songwriter Matthew Austin ist von Manchester an die
Isar gekommen.

Das verwundert: Ist es im Vereinigten Königreich nicht einfacher, Musiker
zu sein und berühmt zu werden? Nein, meint Matthew, auch wenn es ihn durch
Zufall hierher verschlagen habe, durch ein Jobangebot. Die Unterstützung und
Förderung, die jungen Musikern hier zuteilwerde, sei sehr viel umfangreicher
als in England. Deshalb hat er jetzt auch seinen Job gekündigt und versucht, nur
noch von der Musik zu leben. Auch The Living haben schon von solcher Förderung
profitieren können. Nachdem sie 2014 zur „Münchner Band des Jahres“ gekürt
worden sind, begeistern sie am zweiten Abend mit ihren perfekt ausgetüftelten
Songs irgendwo zwischen soulig angehauchtem Pop und elektronischem Indie-Rock.

Mit dieser interessanten Mischung und der offensichtlichen Leidenschaft,
die sie auf der Bühne zeigen, reißen The Living nicht nur das Publikum mit,
sondern verfügen gewiss über denkbar gute Voraussetzungen für die
Verwirklichung des Musikertraums – aber eine Garantie ist selbst das
nicht.  Auch die fünf Musiker von Minor Fall, die alle studieren oder eine
Ausbildung absolvieren, wissen, dass das mit dem Traum vom Musikerdasein so
eine Sache ist. „Für uns ist das an erster Stelle ein Hobby. Wenn einmal mehr
daraus wird, wäre dass natürlich schön, aber im Moment freuen wir uns einfach
über jede Chance, die sich bietet“, sagt Sänger Alexander Wach.

Und Ella? Hat sie keine Angst davor zu scheitern? Kann sie sich irgendwas
vorstellen, das ihren Traum zerplatzen lassen könnte? „Außer, dass meine
Stimmbänder reißen, nein. Das Einzige, das Träume kaputt macht, ist Angst. Und
ich habe keine Angst. Wenn ich etwas will, dann muss ich darauf vertrauen,
sonst hat es keinen Sinn.“ Bei Ella klingt das nicht naiv, sondern überraschend
erwachsen. Sie hat nicht nur schon immer Musik gemacht, sondern auch schon
immer viel nachgedacht. Eine Außenseiterin sei sie deswegen schon manchmal
gewesen. Gemobbt wurde sie auch. Und als sie erzählt, dass vor einigen Jahren
eines ihrer kleinen Geschwister gestorben sei, merkt man: Leicht hatte sie es
im Leben bestimmt nicht.

Sie will die Welt, in der
die Moral viel zu oft
„im Urlaub“ ist, verbessern

Aber es gibt keine schlechten Erfahrungen, findet Ella, nur manche, die
eben härter sind als andere, die einen aber umso stärker werden lassen. Das
viele Nachdenken hat sie auch darauf gebracht, die Welt, in der die Moral viel
zu oft „im Urlaub“ ist, verbessern zu wollen. Deshalb würde sie auch nicht
berühmt werden wollen, um des Berühmtseins willen, sondern, um möglichst viele
Leute mit ihrer Musik und ihren Texten zu erreichen. Die Texte ihrer Songs sind
ihr sehr wichtig, denn in ihnen steckt „ihr ganzes Herz“. Sie schreibt mal auf
Englisch, das sie dank der englischen Oma väterlicherseits beherrscht, mal auf
Deutsch. Wie es halt gerade passt. Gesangsunterricht hatte sie, bis auf ein
Jahr in der Schule für ein Projekt, für das sie Whitney Houston-Lieder gesungen
hat, nicht. Das will man eigentlich nicht glauben, wenn sie die Höhen wie auch
die Tiefen über drei Oktaven trifft, wenn sie in einem Moment haucht und im
nächsten ihre Stimme mit ganz viel Kraft in den Raum stellt.

Auch Henny Gröblehner, Frontfrau der Band PourElise, hat eine
außergewöhnliche Stimme, auch für sie gab es noch nie Alternativen zum
Musikmachen. Auch sie weiß, dass es nicht einfach ist, von der Musik leben zu
können, aber das schreckt sie nicht ab. Die teils an Norah Jones erinnernden
Melodien mit englischen, manchmal aber auch deutschen Texten passen gut zum
eher ruhigen Programm vom Samstag.

Pünktlich um 22:30 Uhr beendet Ella ihre Zugabe. „Danke schön“, sagt sie
kurz. Ein weiteres strahlendes Lächeln. Sie steht auf, wirft eine Kusshand ins
Publikum und geht von der Bühne.

Theresa Parstorfer

Fotos: Käthe deKoe 

image
image
image
image
image
image
image
image
image
image
image