Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Friederike

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Es wird politisch, wie sollte es auch anders sein. Unsere Autorin ist alles andere als begeistert von den Ergebnissen der Bundestagswahl. Mit ihrer Wochenplanung möchte sie ein Zeichen setzen. Auf dem Programm steht die

RAGE AGAINST ABSCHIEBUNG Soliparty, sowie eine Diskussionsveranstaltung

in der Seidlvilla.

Ich habe zuerst überlegt, einen persönlichen Brief zu
schreiben. Einen Offenen Brief an die Regierung oder so. Dass es doch
Leute unter 30 gibt, die ihre Zukunft interessiert. Dass wir nicht bloß stolz
unsere Freunde und Follower per Instagram darüber informiert haben, dass wir
die coole Briefwahl gemacht haben – sondern dass uns unsere Zukunft in Deutschland
etwas angeht. Und vor allem: dass wir ziemlich unzufrieden sind,
nach der Wahl noch mehr als davor. Aber hört das wer? Liest das wer? Ist doch
alles scheiße gerade! ‘Tschuldigung, aber bei so einem politischen Wetter, was
hier gerade über Deutschland zieht, ist mir in dieser Woche kaum nach Feiern zumute. An Alltag ist
noch nicht zu denken – und irgendwie doch, weil man der AfD und ihren Wählern
ja wohl kaum den Gefallen tun und in Resignation verfallen kann.

Meine Woche
von Freitag bis Freitag ist nichtsdestotrotz der momentanen Stimmung geschuldet
und eine paradoxe Mischung aus Protest und Stillstand, melancholischer
Akzeptanz und Verdrängung. Wem es ähnlich geht, der möge sich anschließen.

Am Freitag bin ich auf einem 30. Geburtstag, der wahrscheinlich
vor der HFF im Bahnwaggon Minna Thiel endet. Was gibt es passenderes, als einen
Bier-Trink-Ort, der nach einer verstorbenen Liebe benannt wurde, der der
Protagonist Gerhart Hauptmanns Bahnwärter Thiel noch viele Jahre nachtrauert?
Die Münchner Künstlerin Muun spielt einen sonderbar melancholisch-motivierenden
taktvollen Sound, der weder komplett ablenkt, noch ständig an die
bevorstehenden Zeiten denken lässt.

Samstag starte ich mit einer Spazierrunde durch das Westend.
Ich will endlich in den neuen Laden von Phaedra Richter, Vindue
um mir ein neues an ferne Länder erinnerndes Sofakissen auszusuchen. Danach
gibt’s einen leckeren amerikanischen Bagel bei Onofrio’s in der Heimeranstraße
32. Am Abend schicke ich meinen Freund auf die Tattoo- und Bodypainting-Messe
Artistink in die TonHalle und gehe mit ein paar Freunden ins Lost Weekend zur
Open Stage
. Mir stinkt es zwar, dass ein Laden, der Love kills capitalism über
seiner Tür stehen hat, einen Bankautomaten im Inneren besitzt, aber die
Veranstaltungen dort sind einfach spannend und inspirierend.

Sonntag besteige ich die Kreuzbergalm, die man auf dem
Prinzenweg vom Schliersee zum Tegernsee erreicht, um das hoffentlich gute
Wetter von dort oben zu genießen und mir all die schlechten Gedanken aus dem
Hirn pusten zu lassen. Abends schaue ich den Tatort im Stadion in der
Schleißheimerstraße
, dazu Pommes-Schranke! Montag ist bei mir kein Brückentag,
weshalb es unnötig wäre, mögliche Abendveranstaltungen für den Sonntag
herauszusuchen. Klar ist: Die Theatersaison hat wieder begonnen und wer sich
noch in der luxuriösen Situation sieht, einen Studentenausweis zu besitzen,
sollte gefälligst im Volkstheater vorbeischauen, oder im Rationaltheater oder
im Heppel + Ettlich oder oder.

Montag zieht es mich nach der Arbeit ins Feierwerk zur erneuten
RAGE AGAINST ABSCHIEBUNG Soliparty.
Vielleicht schaffe ich es aber vorher auch noch ins Container Collective, wo
ein kleiner feiner Flohmarkt stattfinden soll. Ich müsste dringend mal
ausmisten, mir eine Winterjacke kaufen und einen guten Cocktail gegen den Frust
trinken.. Untermalt ist der Schranzmarkt mit Flohrave, oder so ähnlich.
Standgebühr liegt bei 10 Euro.

Dienstag ist Feiertag und meine Eltern sind in der Stadt. Ich
will ihnen ein bisschen liebevolles München abseits der kommerziellen und
sexistischen Wiesn zeigen und hoffe, dass das Gans am Wasser im Westpark
geöffnet hat. Am Abend gehen wir ins wieder aus der Sommerpause zurückgekehrte
Welcome Cafe in der KAMMER 3.

Mittwoch werde ich am Nachmittag im Vinty’s in der
Landsbergerstraße
vorbeischauen – denn nachdem ich meinen Kleiderschrank
ausgemistet habe, ist Platz für Neues.

Von Donnerstag bis Sonntag finden die mittlerweile siebten
Afrikanischen Filmtage
im Münchner Gasteig statt und da sie nicht besser in die
jetzigen Tage passen würden, bin ich sicher dabei: Unter anderem möchte ich den
Berlinale Preisträgerfilm Félicité von Alain Gomis
sehen.

Freitag findet eine Info- und Diskussionsveranstaltung zum
Thema Global Care in der Seidlvilla statt. Jeder, der sich jetzt Sorgen um die
Welt macht, oder sich um die Welt sorgen will, sollte da unbedingt vorbeischauen.
Ich denke, dass das der richtige, wenn auch kognitiv anstrengendere Abschied
einer langen, nicht gerade unpolitischen Woche ist. Aber wenn wir unter
30-Jährigen zeigen wollen, dass unsere Zukunft nicht ohne uns gestaltet werden
kann, sollten wir uns nicht nur übers Wahlergebnis aufregen oder gar gleich
auswandern, sondern die vielen uns gegebenen Möglichkeiten annehmen und nutzen.
In diesem Sinne passt dann auch die Abendveranstaltung: Freitagabend sehe ich
mir die Fotoausstellung Faces of India an und lasse die Woche im AWI
ausklingen.


Text: Friederike Krüger

Foto: Privat

250 Zeichen Demokratie: Heute mit Sinksar Ghebremedhin

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Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben politisch engagierte
junge Erwachsene gefragt, warum es gerade für junge Menschen so wichtig
ist, wählen zu gehen. Heute mit Sinksar Ghebremedhin.

“Das Wahlrecht in Deutschland gibt uns das Recht und die Möglichkeit die Politiker zu wählen, die unsere Interessen vertreten. In vielen Ländern gibt es dieses Recht nicht, daher ist es umso wichtiger, dass wir es wahrnehmen. Damit aber nicht andere über unsere Zukunft entscheiden, ist es vor allem wichtig, dass junge Menschen wählen gehen, denn ihre Stimme ebnet den Weg für die Zukunft Deutschlands.”


Sinksar Ghebremedhin

Foto:
Jan Greune

250 Zeichen Demokratie: Heute mit Dominik Dorfner

Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben politisch engagierte
junge Erwachsene gefragt, warum es gerade für junge Menschen so wichtig
ist, wählen zu gehen. Heute mit 
Dominik Dorfner.

“Nicht in allen Staaten ist es eine Selbstverständlichkeit, wählen zu dürfen. Auch in Deutschland war es nicht immer möglich, Politik mitzugestalten. Geh wählen und setze dich für Menschenrechte ein.”

– Dominik Dorfner, Amnesty Hochschzlgruppe

Foto: Samuel Stöterau

Wählen gehen

16 junge Menschen aus München erklären, warum sie sich für Politik interessieren oder sogar in der Politik engagieren – und warum es besser ist, sein Recht auf Demokratie auch wirklich wahrzunehmen.

“Wer nicht wählen geht, lässt andere seine Vertretung der nächsten vier Jahre bestimmen. Diese Entscheidung darf man nicht Populisten und Protestwählern überlassen, sondern muss sich ihr selbst stellen.”
– Michale Mauder, Comedian

“Diese Wahl ist gar nicht für uns. Weil „wir“ weiße, wohlhabende, christliche Akademiker*innen in Heterobeziehungen sind. Uns geht es gut. Um uns geht es nicht. Diese Wahl ist für alle. Unabhängig von Hautfarbe, sexueller Orientierung, Bildung oder Geschlecht.”
– Fee, Poetry-Slammerin

“In 40 Prozent aller Länder herrscht keine Demokratie. Dort  sehnt sich die Jugend nach freien Wahlen. Nutze deshalb dein Privileg und bestimme mit, wer uns künftig repräsentieren wird.”
– Sophie Hemmer, Gesellschaft für Außenpolitik

“Die desaströsen Folgen der Wahlverdrossenheit bei jungen Menschen haben wir in Großbritannien erlebt: Bei der Brexit-Wahl sind zwei Drittel der Wähler unter 24 zu Hause geblieben. Lasst nicht andere über eure Zukunft entscheiden, geht wählen!”
– Xavier Darcy, Musiker

“Zwei Kreuzchen zu setzen ist das Mindestmaß an Dankbarkeit dafür, dass wir in einer Demokratie leben dürfen. Alles weitere hast auch DU in deiner Hand – Deine Stimme zählt!”
– John Christopher Lack, Musiker

“Wir haben – im Gegensatz zu vielen Menschen in anderen Ländern – die Möglichkeit, wählen zu gehen. Gerade wir Jugendlichen sollten diese Möglichkeit zur Mitbestimmung nutzen. Jede nicht abgegebene Stimme hilft demokratiefeindlichen Parteien.”
– Stephanie Dachsberger, Kreisjugendring

“Karla findet wählen gehen wichtig, denn es ist zwar für lau, aber darf noch lange nicht jede Frau. Außerdem sind Nazis hässlich, doof und stinken. Miauz”
– David Bauer, Karl e. V.

Der Respekt vor den Rechten und Freiheiten jedes Einzelnen ist eine der größten Errungenschaften unserer Gesellschaft. Deshalb möchte ich von Politiker*innen regiert werden, die diese Werte verteidigen. Das geht nur, wenn wir diese durch unsere Stimmen unterstützen.”
– Thomas Steingasser, zusammenWachsen

“Nicht in allen Staaten ist es eine Selbstverständlichkeit, wählen zu dürfen. Auch in Deutschland war es nicht immer möglich, Politik mitzugestalten. Geh wählen und setze dich für Menschenrechte ein.”
– Dominik Dorfner, Amnesty Hochschulgruppe

“Warum sollten Jugendliche sich für Politik interessieren, wenn sie erst ab 18 Jahren wählen dürfen und teilweise 21 sind, bevor sie das erste Mal eine Wahlurne sehen? Würde man  über „Wählen ab 16 Jahren“ diskutieren,
würden sich mehr Jugendliche mit Politik beschäftigen.”

– Liva Kerp, Bloggerin

“Rechte und Privilegien nicht nur einfordern und in Anspruch nehmen, sondern sie durch Übernahme von Verantwortung und Unterstützung von demokratischem Miteinander sichern. Dream it – Do it!”
– Philomena Poetis, Global Shapers

“Es ist deine Wahl, ob du in den McDonalds gehst oder es bleiben lässt, ob du Coca-Cola-Produkte kaufst oder nicht, ob du dich einer Partei entgegenstellst, die Vorurteile schürt, oder deine Stimme jemandem gibst, der keine Angst vor der Welt hat. Es ist deine Wahl.
– Mario Radetzky, Musiker

“Als junger Mensch habe ich eine Meinung zu  Ausbildung, Studium, Wohnung, Stadt – alles ist politisch und betrifft mich direkt. Ich will, dass meine Meinung laut und sichtbar vertreten wird! Deswegen wähle ich.”
– Clara Mokry, Pulse of Europe

“Ich bin kein Fan davon, Nichtwähler grundsätzlich zu verurteilen und als kurzsichtig zu bezeichnen. Nichtwählen kann durchaus eine legitime Protestform sein. Trotzdem glaube ich, dass eine Protest-Nichtwahl weniger bewirkt als eine Protest-Wahl.”
– Alexander Döring, Comedian

“Wir haben eine Verantwortung gegenüber der Demokratie. Es ist ein Privileg, wählen zu dürfen – nutzen wir es.  Ich entscheide gerne selbst über meine Zukunft, deshalb gehe ich wählen.”
– Annemarie Eckardt, Mut zum Kreuz

“Nichtwählen heißt „weiter so“. Brexit, Polen, Ungarn dürfen uns nicht kalt lassen. Europa braucht Visionen statt alte Leute, die nur reagieren. Klimapolitik statt Dieselgate. Sich heute engagieren, wählen gehen, statt morgen nur beschweren. #future”
– Julio Pires, National Model United Nations

Fotos: Manfred Rühmer, Sophie Wanninger, Matthias Rüby, Nils Schwarz, Patrice Grosskreuz, Alex Fürlinger, David Bauer, Privat, Samuel Stöterau, Anna-Elena Knerich, Stephanie Girard, Final Chapter, Alessandra Schellnegger, Jean-Marc Turmes, Mut zum Kreuz, H. Pires (von oben nach unten)

250 Zeichen Demokratie: Heute mit Thomas Steingasser

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Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben politisch engagierte
junge Erwachsene gefragt, warum es gerade für junge Menschen so wichtig
ist, wählen zu gehen. Heute mit Thomas Steingasser.

„Der Respekt vor den Rechten und Freiheiten
jedes Einzelnen ist meiner Meinung nach eine der größten Errungenschaften
unserer Gesellschaft. Deshalb möchte ich von Politiker*innen regiert werden die
diese Werte auch verteidigen, und das geht nur wenn wir genau diese durch
unsere Stimmen dabei unterstützen.“

-Thomas Steingasser, ZusammenWachsen

Foto: Privat

250 Zeichen Demokratie: Heute mit Mario Radetzky

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Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben politisch engagierte
junge Erwachsene gefragt, warum es gerade für junge Menschen so wichtig
ist, wählen zu gehen. Heute mit 
Mario Radetzky.

“Es
ist deine Wahl ob du in den McDonalds gehst oder es bleiben lässt, ob du Coca-Cola
Produkte kaufst, oder nicht, ob du dich einer Partei entgegenstellst die
Vorurteile schürt oder deine Stimme jemand gibst, der keine Angst vor der Welt
hat. Es ist deine Wahl am 24.09. und du machst deinen Unterschied.”

– Mario Radetzky, Musiker

Foto: Final Chapter

Neuland: Politische Podiumsdiskussion

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Von jungen Menschen für junge Menschen:
Philomena Poetis

veranstaltet eine politische Podiumsdiskussion. Die jüngsten Münchner Kandidaten verschiedener Parteien für den nächsten Bundestag sollen sich einen Schlagabtausch liefern.

Junge Erwachsene werden oft mit dem Vorurteil konfrontiert, sich kaum für Politik zu interessieren. Philomena Poetis möchte sich dem angeblichen Phänomen der Politikverdrossenheit unter jungen Menschen stellen.

Als Initiative der „Global Shapers Munich“ und in
Kooperation mit dem CDTM  

veranstaltet die 27-jährige Münchnerin am kommenden Donnerstag, 14. September, eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Deine Wahl“.

Von 19.30 Uhr an liefern sich die jüngsten Münchner Kandidatinnen und Kandidaten aller Parteien für den nächsten Bundestag einen Schlagabtausch. „Wir haben alle Parteien eingeladen, die derzeit über fünf Prozent liegen“, sagt Veranstalterin Philomena Poetis. „Uns ist wichtig, dass junge Menschen die Möglichkeit bekommen zu erfahren, für welche Werte die verschiedenen Parteien einstehen. Die Veranstaltung richtet sich besonders an Erstwähler aus Berufsschulen, Universitäten und Hochschulen“, erklärt sie.

Alle Gäste sollen an dem Abend zusätzlich die Möglichkeit bekommen, Fragen aus dem Publikum an die Kandidaten zu stellen und in einem Gespräch Antworten erhalten. Eine interaktive Diskussion soll entstehen.

 

Text: Anastasia Trenkler

Foto: Stephanie Girard

250 Zeichen Demokratie: Heute mit Michael Mauder

Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben politisch engagierte
junge Erwachsene gefragt, warum es gerade für junge Menschen so wichtig
ist, wählen zu gehen. Heute mit Michael Mauder.

“Wer nicht wählen geht, lässt Andere seine
Vertretung der nächsten vier Jahre bestimmen. Diese Entscheidung darf man nicht
Populisten und Protestwählern überlassen, sondern muss sich ihr selbst
stellen.”

– Michael Mauder, Comedian

„Wir sind die neuen Alten“

John Christopher Lack animiert mit seinem Song “Deine Stimme zählt” zum Wählen.
Ein Gespräch über Politikverdrossenheit, den Umgang mit anderen
Meinungen und den Zusammenhang von Kunst und Politik, gerade jetzt vor
der Bundestagswahl:

Sein Song beginnt groovig und hört sich nach Gute-Laune-Musik an. Das Lied und das zugehörige Musikvideo von John Christopher Lack, Student der Kulturwirtschaft in Passau, der sich selbst „Topher“ nennt, klingen zuerst nach „Love, Peace and Happiness“: Ein junger Mann mit Hippie-Attitüde, Bart und zusammen gebundenem Haar fährt mit seiner umgeschnallten Gitarre Fahrrad. Eine Gruppe gut gelaunter Jugendlicher begleitet ihn bei seinem Sprechgesang. Hinter Tophers Lied steckt jedoch mehr als bloße Unterhaltung. Der Titel des Liedes ist auch sein Programm. „Deine Stimme zählt“ nennt sich der Song des 21-jährigen Münchners. Er soll junge Menschen zum Wählen animieren. Ein Gespräch über Politikverdrossenheit, den Umgang mit anderen Meinungen und den Zusammenhang von Kunst und Politik, gerade jetzt vor der Bundestagswahl.

SZ: Andere Singer-Songwriter schreiben Lieder über Partyexzesse und Herzschmerz, du über Politik. Warum?
John Christopher Lack: Ich mache auch Songs zu anderen Themen. Liebe spielt da immer eine große Rolle, auch gute Abende mit Freunden, Feierei oder Schlagsahne. Auch Mal Dinge, die wenig Sinn machen. Dennoch mache ich gerne Musik, die zum Denken und Handeln anstößt.

Du möchtest junge Menschen zum Wählen auffordern. Wieso mit Musik?
Musik ist meine Sprache. Andere Menschen drücken sich durch Kunst oder Texte aus. Musik ist ein prima Mittel, um gerade junge Menschen anzusprechen.

Wirklich? Mit Zeilen wie: „Weg von später und nie, entflieh der Lethargie“ oder „Lassen wir Rechts-Populisten und Faschisten in die Parlamente rein? – Nein!“ Wie ist denn dieses Lied entstanden?Gar nicht direkt für die Bundestagswahl jetzt, sondern ich wollte grundsätzlich an jeden appellieren, an sich und seine Ideen zu glauben und sich auch einzumischen, denn es ist doch einfach so: Jede Stimme zählt.

Und wie kam es zu dem Video?
Im März war ich bei einer Jugendleiterfortbildung und habe dort meinen Song am Lagerfeuer gespielt. Eine junge Frau hat mir vorgeschlagen, mich bei dem Bundesjugendring zu melden. Die veranstalten immer die U-18 Wahlen. Das habe ich getan. Es folgte eine Aufnahme im Tonstudio und der Videodreh.

Wieso sollten deiner Meinung nach gerade junge Menschen wählen gehen?
Dazu fällt mir dieser Spruch ein: „Die Alten meinen, dass mit ihnen die Welt aufhört, und die Jungen, dass sie mit ihnen beginnt.“ Wenn aber eines von beiden fehlt, entsteht ein Ungleichgewicht. Schließlich sind wir die neuen Alten. Man sollte nie seinen Optimismus verlieren und denken, man sei gegenüber dem Leid der Welt völlig ohnmächtig. Schließlich kann man sich zumindest mit einem Kreuzchen politisch engagieren.

Reicht das aus?
Wählen zu gehen, das ist für mich das Mindestmaß an Dankbarkeit dafür, dass wir in einer Demokratie leben dürfen. Allerdings gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, sich politisch zu engagieren.

Der Jugend ist Politik angeblich egal.
In meinem eigenen Umfeld sind viele engagierte Menschen, die sich ehrenamtlich einsetzen. Allerdings gilt das nicht für jeden. Oft bekomme ich auch das Gegenteil mit, Menschen, die sich mehr Gedanken um ihre Kleidung machen als darüber, wie es den Menschen in ihrer Nachbarschaft geht. Viele junge Leute nutzen ihre Stimme nicht, da ist schon was dran.

Woran liegt das deiner Meinung nach?
Ich denke, dass Politik für viele Menschen einfach unsexy ist. Wenn die Thematik aber gut aufgearbeitet wird, zum Beispiel durch ein künstlerisches Projekt, dann fängt man an, sich darüber Gedanken zu machen und es wird cool. Ein anderer Punkt ist mit Sicherheit die Tatsache, dass in den Augen vieler Leute die Versprechen der Politik zu langsam umgesetzt werden. Dann denkt man: Lass mal die da oben machen!

Wie gehst du mit politischen Meinungen um, die deiner eigenen widersprechen?
Man kann niemandem das Wort verbieten. Wichtig ist, sich nicht vor den Meinungen anderer Menschen zu verschließen. Man sollte nie pauschal abstempeln. Die Konfrontation und das Gespräch sind wichtig, auch wenn man am Ende nach wie vor mit unterschiedlichen Meinungen auseinander geht. Es sollte auch möglich sein, dem Gegenüber mit guten Argumenten entgegen zu kommen, anstatt mit polemischen Parolen.

Hast du darüber nachgedacht, deinen Song aus Werbezwecken an eine Partei zu verkaufen?
Ich möchte mich zwar politisch positionieren, allerdings ohne Parteifarbe zu bekennen. Der Grundgedanke ist: Demokratie stärken und schützen. Dieses Ziel verfolgen viele etablierte Parteien.

Das Musikvideo sieht dennoch so aus, als könnte es eine Werbekampagne sein.
Es entstand in einer Kooperation mit dem Deutschen Bundesjugendring und „jup! Berlin.“ Die beiden Organisationen haben mich finanziell unterstützt.

Und wie waren die Rückmeldungen bislang?
Auf Facebook hat das Video mittlerweile mehr als 16 000 Aufrufe. In den Kommentaren habe ich durchgehend viel Positives gelesen. Menschen haben sich verstanden gefühlt und mich und die Botschaft des Projekts unterstützt.

Interview: Anastasia Trenkler

Foto: Patrice Grosskreuz

250 Zeichen Demokratie: Heute mit Liva Kerp

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Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben politisch engagierte
junge Erwachsene gefragt, warum es gerade für junge Menschen so wichtig
ist, wählen zu gehen. Heute mit Liva Kerp.

“Warum sollten Jugendliche sich für Politik interessieren, wenn sie erst ab 18 Jahren wählen dürfen und teilweise
sogar schon 21 Jahre alt sind bevor sie das erste Mal eine Wahlurne sehen?
Deshalb ist für mich Demokratie auch, dass man über das Thema „Wählen ab 16
Jahren“ diskutiert. So würden sich mit Sicherheit mehr Jugendliche für die
Politik und mit der Wahl beschäftigen. Jede Wahl entscheidet über unsere
Zukunft, deshalb glaube ich auch, dass auch viele in meinem Alter darüber
mitentscheiden würden wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Also wenn ich
wählen dürfte, dann würde ich diese Chance auf alle Fälle nutzen.“

– Liva Kerp, Bloggerin

Foto:

Anna-Elena Knerich