Albumkritik: The Charles – Rhythm & Fiction

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Am dritten Juni erscheint das erste Album der Münchner Band The Charles und ihrem Frontman Xavier D’Arcy. “Rhythm and Fiction” wird es heißen – wir hatten die Gelegenheit vorab reinzuhören…

Auf der Facebook-Seite
der Münchner Rockband The Charles kann man seit Kurzem ein besonderes Bild
bestaunen: Es zeigt Charles-Gitarrist Konna Solms zusammen mit dem legendären
Led Zeppelin Gründer und Gitarristen Jimmy Page. Man weiß nicht ob und worüber
die beiden sich unterhalten haben, doch das neue Album der vier Münchner legt
zumindest den Eindruck nahe, dass Jimmy Page den ein oder anderen Tipp gegeben
hat.

Um es gleich zu Beginn
klarzustellen: Wer eine etwas rockigere Version von Sänger Xavier D’Arcys
Soloprojekt erwartet hat, wird enttäuscht. The Charles haben ihren eigenen
Sound gefunden, was auch an den Fähigkeiten der vier Musiker liegt. Und so
beginnt “Hoodoo”, der Opener von “Rhythm & Fiction”,  eben nicht nur mit einem durchdringenden
Schrei von D’Arcy sondern auch mit dem sehr klar abgemischten und von Emi
Obermeier virtuos gespielten Schlagzeug.

Genau das gibt die
Richtung für das restliche Album vor: jeder einzelne Song sprüht vor Energie,
ob es “Gasoline” mit dem langsamen Aufbau hin zu einem tanzbaren
Refrain ist oder “Costa del Sol”, das durch eine dominante Basslinie
von Bassist Maxim Frischmann besticht. Mit “Concrete Paradise”
gelingt den vier Münchnern ein starker Rocksong, der dank Solms’ Gitarrensolo
zu den stärksten Liedern des Albums zählt. Und das darauf folgende
“Gloria” ist völlig zu Recht die erste Single gewesen, ist es doch
das eingängigste und wahrscheinlich auch tanzbarste Lied der Platte.

Ein bisschen ironisch
mutet “Death of Rock’n’Roll” an, ist doch das Lied, das das Ende des
Rock’n’Rolls besingt gerade das Gegenteil. Mit dem einfachen und doch
eingängigen Rhythmus könnte das Lied auch auf einer Best of Classic Rock
Compilation zu finden sein – und wäre dort wohl eines der besseren Lieder. In
eine ähnliche Richtung geht auch “Knockout Blows”, das mit Background
Gesang im Chorus etwas sanfter gerät.

Und dann folgt mit
“Run” auch schon das zehnte und letzte Lied der CD, aber was für eines!
Mit über neun Minuten Spielzeit haben die vier Musiker damit ein Rock-Epos
geschaffen, das das ganze Spektrum des Albums noch einmal gekonnt zeigt. Und
vielleicht beantwortet dieses Lied auch die Frage nach den Tipps von Jimmy
Page: episch, tanzbar, handwerklich einwandfrei, melodisch eingängig – The
Charles bieten mit “Rhythm & Fiction” alles, was man von einem
ganz großen Rockalbum erwartet

The Charles werden ihre
neue Platte “Rhythm & Fiction” im Strom am 03.06.2016
präsentieren. Tickets sind noch erhältlich.

 

Von: Philipp Kreiter

Neuland

M-Phasis versucht allen zu helfen, die nach der Mittelschule nicht so recht wissen wo es hin gehen soll.

Jedes Jahr klagen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, dass sie zu wenig geeignete Bewerber auf ihre freien Ausbildungsplätze finden. Gleichzeitig wissen viele Mittelschüler nicht, was sie nach der Schule machen sollen. Der studentische Verein M-Phasis hat hier einen Anknüpfungspunkt gefunden: Die Studenten haben ein Förderprogramm gestartet, das motivierten und engagierten Mittelschülern die Suche nach einem Ausbildungsplatz erleichtern soll. Vorstandsmitglied Johannes Gansmeier, 22, erklärt das Ziel des Programms: „In Deutschland gibt es Unterstützung vor allem im Bereich der Eliten-Förderung und der Benachteiligten-Förderung, für motivierte, leistungsstarke Mittelschüler gibt es hingegen fast gar nichts. Hier wollen wir ansetzen.“
Nachdem sich die Schüler bei M-Phasis beworben haben, bekommen sie bei erfolgreicher Aufnahme eine Reihe von Workshops bei professionellen Trainern – etwa in den Bereichen Persönlichkeitsentwicklung oder Bewerbungsgespräche. Mit dieser Unterstützung sollen sie nach ihrem Abschluss leichter eine Lehrstelle finden können.  

Von: Philipp Kreiter

Foto: M-Phasis

Rock’n’Roll Klassentreffen – Konzertkritik The Black Submarines

Rock’n’Roll hat es schwer
heutzutage, was früher Gitarrenmusik, Alkohol und zerstörte Instrumente waren,
ist heute häufig zu Synthiepop, Autotune und veganer Bio-Limonade geworden. Höchste
Zeit also, dass jemand etwas gegen diesen Missstand unternimmt.

Im gut gefüllten Club im
Backstage machen sich an diesem Abend die Black Submarines daran, den
Rock’n’Roll für einige Stunden zurück nach München zu bringen. Unterstützung
erhalten sie bei ihrer Albumreleaseparty von den Newcomern von Inside Golden,
einem Bluesrockquartett, das man nicht nur wegen des brillianten Jesper Munk
Drummers Clemens Finck von Finckenstein im Auge behalten sollte. Das durchaus
bunt gemischte Publikum quittiert ihren Auftritt dann auch entsprechend mit
langem, wohlwollendem Applaus.

Rock’n’Roll ist auch
immer extrem lässig und das wissen die Black Submarines. Als sie anfangen
wollen, fangen sie einfach an, Gitarrist Benny May, Bassist Charly Muschol und Drummer
Sascha Dick stehen auf der Bühne und fangen versetzt an zu spielen – es könnte
eine Jamsession sein. Erst dann kommt Leadsänger Richy Lee Strobl auf die
Bühne, mit einem Kaffee in der Hand, als wäre er nur zufällig vorbeigekommen.
Mit wenigen Handbewegungen zieht er das zunächst etwas schüchterne Publikum
direkt vor die Bühne und singt dann mit sanfter und doch kraftvoller Stimme die
melancholischen Texte.

Gleichzeitig explodiert
die restliche Band, reißt das nun komplett gelöste Publikum zu immer wilderen
Tanzeinlagen mit. Schon nach drei Liedern schreit Gitarrist Benny das erste Mal
wie heiß ihm sei und wirklich, die Band spielt sich die Seele aus dem Leib.
Auffällig dabei der Kontrast zu Sänger Richy, der sich wenig bewegt und meist
mit geschlossenen Augen und hochkonzentriert die Lieder singt, während um ihn herum
alles wogt.

Spätestens als die
Submarines die Lieder ihrer neuen Platte “Opals” spielen, bewegt sich
wirklich der ganze Raum zur Musik. Und als dann noch ein Gast-Tamburin Spieler
die Bühne betritt und das Instrument bearbeitet als gäbe es kein Morgen, kommt
die alte Vorstellung von Rock’n’Roll langsam zurück: denn auch der Tamburin-Spieler
weiß, dass Rock’n’Roll immer auch Anarchie ist und so schmettert er sein
Instrument nach dem Lied auf den Boden, dass es in 1000 Teile zerspringt. Das
Publikum ist hell auf begeistert, ein Alt-Rocker hebt wie in Extase die Faust,
das muss Rock’n’Roll sein.

Klar dann auch, dass nach
Ende des Konzerts nicht nur eine Zugabe gespielt wird, sondern die Menge die Band,
aufgeheizt von Whiskey Foundation Frontman Murat Kaydirma auch noch ein drittes
Mal auf die Bühne holt. Zum Abschluss darf der Bassist Charly noch eine launige
Nummer zum Besten geben und die Black Submarines verabschieden sich wieder – wieder
extrem lässig mitten im letzten Lied, dann einmal der Chorus und die Lichter
gehen an.

Von: Philipp Kreiter

Foto: Samira Schütz

Ein Abend mit: Line Walking Elephant

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Ferdi, Jonas und Max sind zusammen die Folk-Rock-Band Line Walking Elephant. Sie alle sind Mitte 20 und beginnen ihre Abende regelmäßig in ihrem Proberaum an der Donnersbergerbrücke. Wenn sie nicht selbst Musik machen, läuft Don’t Stop Me Now von Queen. Dazu gibts Bier und Döner. Und öfter auch mal den Spruch: “Hey, ich spiel in ner Band…”. Zieht immer!

Hier beginnt unser Abend:
Proberaum an der Donnersberger Brücke

Danach geht’s ins/zu:
Irish Pub

Unsere Freunde haben andere Pläne. So überzeugen wir sie vom Gegenteil:
Live-Musik!!!

Mit dabei sind immer:
Ferdi, Jonas und Max

An der Bar bestellen wir am liebsten:
Bier, Gin-Tonic

Der Song darf auf keinen Fall fehlen:
Don’t Stop Me Now – Queen

Unser Tanzstil in drei Worten:
abgefahren, tollwütig, nice

Der Spruch zieht immer:
Hey, ich spiel in ner Band…

Nachts noch einen Snack. Unser Geheimtipp ist:
Döner

Unsere dümmste Tat im Suff war:
„Auf ein Bier ins Pimpernel“, es bleibt nie bei einem Bier.

Das beste Frühstück nach einer durchfeierten Nacht gibt`s im/bei:
Döner, nach 10 Uhr Morgens Weißwürst beim Andechser an der Frauenkirche, oder Schneider im Tal.

Diesem Club/dieser Bar trauern wir nach:
Atomic :’(

Internetseite: LineWalkingElephant.com

Foto: Privat

Neuland: Hypnos

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Beim Filmfestival in Cannes wird in diesem Jahr ein Film vom Münchner Kurzfilmemacher Maxime Weber zu sehen sein. Es geht um mystischen Kult und die immer schlimmer werdende Alpträume eines Journalisten.

Es ist schon etwas Besonderes, beim Filmfestival im französischen Cannes vertreten zu sein. Für den jungen Münchner Kurzfilmemacher Maxime Weber, 22, wird dieser Traum nun Wirklichkeit: Sein Beitrag „Hypnos“ wird im Sommer im short film corner des Festivals zu sehen sein. Ebenso wird Weber die Möglichkeit haben, Privatvorführungen in den Lichtspielhäusern der Stadt zu veranstalten. In „Hypnos“ versucht ein junger Journalist (gespielt vom luxemburgischen Nachwuchstalent Gavin Lesh) mehr über einen mystischen Kult rauszufinden, während er gleichzeitig gegen immer schlimmer werdende Albträume zu kämpfen hat. Die Handlung des Skripts basiert lose auf H. P. Lovecrafts „Cthulhu Mythos“ und Guy de Maupassants „Le Horla“.

Maxime, der auch gelegentlich für die die Junge-Leute-Seite der SZ schreibt, freut sich über die Einladung: „Es ist fantastisch für mich, dass ich ‚Hypnos‘ in Cannes zeigen darf. Und außerdem besteht so die Möglichkeit, mit vielen anderen Filmschaffenden in Kontakt zu treten und an Workshops teilzunehmen.“ Und sobald das Festival vorbei ist, wird es Hypnos im Netz zu sehen geben.

Foto: Josefine Morgan

Von: Philipp Kreiter

Von Freitag bis Freitag München – unterwegs mit Philipp

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Diese Woche legt Philipp einen Musikmarathon hin: Den Anfang machen PourElise, Ella Josaline und Marina Sprenger im Farbenladen, weiter gehts mit Funeral for a Friend in der Kranhalle und K.I.Z im Zenith und am Ende der Woche gibt er sich noch eine letzte Dröhnung beim egoFM Fest im Muffatwerk. Auf wundersame Weise bleibt bei all der Musik sogar noch Platz für einen Poetry Slam im Lustspielhaus und eine zweite Runde Impro-Theater im Heppel-Ettich…

Osterwochenende! Und das Wetter spielt auch noch mit. Aber bevor ich am Wochenende durch den Englischen Garten hopsen werde und Ostereier (oder so) verstecke, muss ich erstmal den Karfreitag rumbringen. Zum Glück findet heute der Schwabinger Poetry Slam im Lustspielhaus statt, da kann ich hingehen. Poetry Slam geht immer, ist mal lustig, mal nachdenklich und deshalb auch ein ordentlicher Start ins Wochenende. Und da ich diese Woche sonst sehr viele Konzerte auf dem Zettel habe, ist es doch eine gute Idee mit was anderem zu starten?

Am Samstag beginnt unser letztes Wochenende im Farbenladen im Feierwerk. Unter dem Motto „München am Rand“ präsentieren junge Künstler und Fotographen ihre Arbeiten zum Thema, nun ja, München am Rand. Zusätzlich gibt es ein Musikprogramm und Lesungen oder Ähnliches. Heute zum Beispiel lesen die Autoren Daniel Bayerstorfer, Elena Anais Lorscheidt, Tobias Müller und Sophia Klink aus ihren Texten. Zur Auflockerung gibt es Musik von der bezaubernden Pour Elise. Dazu kann man gekühlte Getränke (Empfehlung des Hauses: Bier) genießen, die von Münchens bestem und attraktivsten Bierausschenker (mir) verkauft werden. Kann man sich also geben…

Und auch am Sonntag ist mehr als nur Ostereier suchen und Lindt-Hasen essen bis einem schlecht wird. Denn heute ist Finissage im Farbenladen. Für alle die so fancy Begriffe nicht kennen: letzter Abend. Deshalb zeigen wir zum Abschluss auch die ganze Vielfalt unseres Programms. Denn neben Lesungen von Daniela Gassmann, Amelie Reichenecker, Stefan Vidović und Nora Zapf kommt Marionettenspielerin Maria Cozocea und, hust, lässt die Puppen tanzen (Wortspiel aus dem Veranstaltungstext übernommen). Musik gibt es von Shootingstar Ella Josaline und Newcomerin Marina Sprenger. Ich gehe auf jeden Fall hin, weil das nächste Mal Farbenladen ist erst wieder 2017.

Nach diesem Wochenende mit so viel Kultur fühle ich mich am Montag ganz durcheinander – kann aber auch nur an den ganzen Eierlikör-Schokoeiern liegen, die ich gegessen habe. Wie dem auch sei, auch heute muss ich irgendwas machen. Heute gehe ich deshalb mal wieder ins Feierwerk, da war ich in letzter Zeit ja nicht so oft… Heute aber mal in die Kranhalle, wo die walisische Rockband Funeral For A Friend auf ihrer Abschiedstournee Halt macht. Also irgendwie Funeral for Funeral for a Friend. Egal, es lohnt sich garantiert die Wegbereiter der britischen Rockszene sind immer einen Besuch wert.

Dienstag reicht es mir endgültig mit Musik. Nach einem ereignisarmen Tag den ich mit dem Ordnen meiner Spotify-Sammlung verbringe (früher machte man sowas wohl mit Platten, bin da schlecht informiert…), geht es abends zum Impro-Theater Bühnenpolka ins Theater Heppel Ettich. Die Gruppe habe ich schon im Farbenladen gesehen, wo sie mir extrem gut gefallen haben. Vor allem bekommen sie es hin, glaubwürdiges und lustiges Theater zu improvisieren, sowas kann auch schief gehen. Viele ihrer Stücke sind instrumentell begleitet, bisschen Musik ist also doch wieder dabei. 

Heute ist Mittwoch und ich gehe abends ins Zenith zu K.I.Z. Das Event ist zwar restlos ausverkauft und jeder, der das jetzt erst mitbekommt, dass die spielen, hat Pech gehabt. Ich wollte es aber trotzdem mal gesagt haben. Wird sicher sehr cool, also gut, wenn man sich rechtzeitig Karten gekauft hat.

Am Donnerstag schlafe ich erstmal sehr lange, der Abend mit den Kannibalen war ganz schön heftig. Jeder, der keine Karten mehr bekommen hat, hat echt was verpasst. Tagsüber genieße ich das schöne Wetter im Englischen Garten, später geht es dann zu White Miles ins Substanz. Sie bezeichnen sich selbst als „Dirty Pole Dance Stoner Rock Duo“. Von „Stoner Rock“ fühle ich mich zwar nicht so angesprochen, von „Dirty Pole Dance“ schon eher und die Kombination macht’s dann. Außerdem kommt gleichzeitig auch ihr neues Album raus, also man sollte den Abend wohl nicht verpassen…

Zum Abschluss meiner Münchner Musikwoche bleibt am Freitag eigentlich nur noch eine logische Wahl: das egoFM Fest im Muffatwerk. Mit ROOSEVELT, Claire, Chefket, Husband und dem OK KID Soundsystem, aber besonders mit den Lokalmatadoren der Black Submarines, die auch ihr neues Album rausbringen. Sänger Richy hat letztes Wochenende schon im Farbenladen performt (ich weiß, ich ziehe mein gesamtes kulturelles Wissen über München aus dem Farbenladen, trotzdem…), jetzt bin ich gespannt, wie die gesamte Band zusammen klingt. Und ehe ich mich versehe ist schon wieder Samstag und ich kann aufhören für „von Freitag bis Freitag“ auf irgendwelche Events zu rennen… 

Von: Philipp Kreiter

Foto: privat

Hadern im Sternenhagel – neue EP Feuermelder

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Die drei Münchner Jungs von Hadern im Sternenhagel haben auf ihrer neuen EP “Feuermelder” gefühlvolle Texte mit sphärischem Sound gepaart. Romantisch, manchmal beinahe kitschig, aber vor allem sehr eingängig –  einfach gut eben.

Es gibt Bandnamen, bei denen man sofort erkennt, aus welchem Genre die dazugehörige Band stammt. Und dann gibt es Bands wie Hadern im Sternenhagel, da könnte eigentlich vieles dahinter stecken. Aber ausgefallen klingt der Name schon. Und ausgefallen ist auch der Sound der drei Münchner.

Denn Hadern im Sternenhagel setzen sich mit ihrer neuen EP Feuermelder bequem zwischen alle Stühle. Die Musik ist schwierig zu fassen, sphärisch, die Texte gerne mal gefühlvoll und am Rande zum Kitsch – “nur meine Mutter kennt den Jungen noch, der früher in ihr Bettchen kroch.” Ist der „Scherbensammler“ in Weißes Rauschen denn schon ein Schlager-Protagonist? Ist der Sound von Hadern im Sternhagel nur eine Mischung aus aufgewärmtem Eurodance und NDW? Man täte der Band unrecht, das zu behaupten. Denn die EP ist vor allem eins: verdammt eingängig und auf eine etwas abgedrehte Weise in sich absolut stimmig.

Wenn Sänger Julian Chudoba das erste Mal in seinem leicht überbetonenden Duktus „Lampe, Lampe“ singt und die von der Münchner Elektro-Institution Occupanther produzierte Musik des titelgebenden Song einsetzt, kann man die Augen schließen und sich in der Musik verlieren. Dann klingen Hadern im Sternenhagel eben etwas kitschig oder aus der Zeit gefallen. Aber dem Ganzen liegt eine im Wortsinn so romantische Musikvorstellung zu Grunde, dass das gar nicht weiter ins Gewicht fällt. Es ist einfach gut. 

Von Philipp Kreiter
Foto: Johannes Brugger

Neuland

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Große Fußstapfen – Der Song “On the Run” der Münchner Indiepop-Band Kytes wurde als Titellied für den neuen Werbespot eines Mobilfunkanbieters ausgewählt. Erst vergangene Woche rockten sie auf Einladung der Süddeutschen Zeitung mit
ihrer Single „On The Run“ den Audi-Dome in der Halbzeitpause der
FC-Bayern-Basketballer gegen Ulm
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So etwas nennt man einen Lauf. Egal, was die Münchner Indiepop-Band Kytes versucht: Es wird ein Erfolg. Seit zwei Wochen ist klar, dass sie im Frühjahr bei einem der renommiertesten Festivals der Welt spielen dürfen: dem South by Southwest-Festival im texanischen Austin. Vergangene Woche rockten sie auf Einladung der Süddeutschen Zeitung mit ihrer Single „On The Run“ den Audi-Dome in der Halbzeitpause der FC-Bayern-Basketballer gegen Ulm. Jetzt konnten sie mit eben diesem Song gleich ihren nächsten Coup landen: Er wurde als Titellied für den neuen Werbespot eines Mobilfunkanbieters ausgewählt. Dabei treten die Kytes in große Fußstapfen, wie auch Drummer Timothy Lush betont: „Wir haben uns riesig gefreut, als wir erfahren haben, dass sie sich unseren Song ,On The Run‘ für ihre Kampagne ausgesucht hat. Künstler wie Woodkid oder Major Lazer waren bereits in ihren Werbungen zu hören. Wir erhoffen uns dadurch, noch mehr Menschen zu erreichen und sie mit unserer Musik zu begeistern.“ Gut, alles gewinnen die vier jungen Musiker gerade auch nicht. Bei der Wahl der Junge-Leute-Seite zur Band des Jahres landeten sie auf Platz drei.

Von Philipp Kreiter

Foto: Christoph Schaller

Beten und Business

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Beten mit Tablet – Zièd Bahrouni, 26, und sein Team entwickeln im Garchinger Technologie- und Gründerzentrum einen „intelligenten Gebetsteppich“. Die Bewegungsabläufe der islamischen Gebete sind kompliziert – eine Erfindung von Zièd und seinem Team soll das Lernen vereinfachen – der Auftrag kommt von einem omanischen Islamlehrer

Von Philipp Kreiter

Ein Männchen kniet in einer Moschee. Es trägt traditionelle islamische Gewänder und betet. Macht es Fehler beim Beten, beginnt es auf dem Bildschirm zu blinken. Doch gerade eben ist sein Ellenbogen zu weit oben gewesen und nichts ist passiert. Keine Fehlermeldung. Zièd Bahrouni, 26, schüttelt unzufrieden den Kopf. Er bricht den Test ab – das wird noch nicht reichen, um die anspruchsvollen Kunden aus dem Oman zu überzeugen. Bis der „intelligente Gebetsteppich“ das kann, was er können muss, werden noch viele Arbeitsstunden und weiteres Programmieren nötig sein.

Zièd trägt einen eleganten Pullover. Er ist braun gebrannt. Das Projekt begeistert ihn. Wenn er darüber spricht, fällt nicht auf, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. Vor dreieinhalb Jahren hat Zièd mit einigen Kommilitonen die Motius GmbH gegründet. Noch heute sitzt sie neben vielen anderen studentischen Projekten im Garchinger Technologie- und Gründerzentrum direkt am Campus der Technischen Universität München. Das Konzept war aber von Anfang an ein besonderes: Denn neben Aufträgen von deutschen Unternehmen, wie etwa BMW oder Bosch, hat sich das Start-up noch ein zweites Standbein aufgebaut. Schon bei der Gründung der Münchner Niederlassung wurde auch eine Dependance im Oman aufgebaut.

Die Wahl des Landes ist kein Zufall. Zièd ist im Oman geboren und in Tunesien aufgewachsen, er kennt den Nahen Osten und die Golfregion. Das war auch der entscheidende Vorteil, als das staatliche omanische „Research Council“ das Projekt zur Entwicklung eines intelligenten Gebetsteppichs ausschrieb. Zièd und sein Team stachen die deutlich etablierteren Mitbewerber aus, „weil wir einerseits ein deutsches Unternehmen sind, aber andererseits auch einen arabischen Teil haben. Und diese Mischung hat das Research Council dann überzeugt.“

Schon bei der Gründung der
Münchner Niederlassung wurde
auch eine Dependance im Oman aufgebaut. 

Die Idee zu dem „intelligenten Gebetsteppich“ stammt von einem omanischen Ausbilder von Islamlehrern. Ihm war zunehmend aufgefallen, dass die Schüler sich im Religionsunterricht langweilten und wenig Interesse zeigten. Aber die islamischen Gebete müssen trotzdem erlernt werden – und das kann wegen ihrer Komplexität sehr mühselig sein. Mit einem spielerischen Ansatz wollte er entgegensteuern. Er reichte das Projekt beim Research Council ein. Dessen Agenda ist es, ambitionierte omanische Gründer zu unterstützen. Und weil die technologischen Voraussetzungen im Oman noch nicht auf dem gleichen Stand wie in Deutschland sind, beauftragten sie Zièd und sein Team damit, einen Prototypen zu erstellen.

Zurück ins Gründerzentrum nach Garching: Auf dem Boden des Konferenzraums ist ein Gebetsteppich ausgebreitet, davor stehen ein Tablet und ein Bewegungssensor. Mit Hilfe dieser Ausrüstung werden die Bewegungen des Betenden direkt auf das Tablet übertragen. Sobald die Körperhaltung oder eine Bewegung nicht exakt gestimmt hat, wird der Schüler korrigiert. „Wenn ein Schüler alles korrekt macht, bekommt er Sterne, mit denen er Erfolge freischalten kann“, erklärt Maximilian Tharr, 24 . Zusammen mit Markus Kremer, 19, hat er die notwendige Software entwickelt. Es ist von besonderer Wichtigkeit, dass die Gesten, die der Betende macht, hundertprozentig genau erkannt werden. Diese schwierige Aufgabe fällt Matej Toplak, 24, zu. Er ist der Teamleiter.

„Wenn ein Schüler alles korrekt macht,
bekommt er Sterne, mit denen er Erfolge
freischalten kann“, erklärt Maximilian Tharr, 24

Besonders die islamischen Gebräuche und die Symbolik müssen exakt eingehalten werden. Unter anderem deshalb hat Zièd den Tunesier Hamza Mattoussi, 25, ins Team geholt. Er übernimmt auch die Kommunikation mit den omanischen Auftraggebern. Und die gestaltet sich nicht immer einfach: erst vergangenes Wochenende haben sie plötzlich die Implementierung von Lehrvideos gefordert. „Das ist eigentlich – wenn überhaupt – erst für eine deutlich spätere Phase ausgemacht“, sagt Zièd. Er weiß, dass die arabische Geschäftsmentalität eine andere ist und dass es manchmal wichtig ist, klar Kante zu zeigen – auch um sich den Respekt und das Vertrauen der Auftraggeber zu bewahren.

Aber braucht die Welt Erfindungen wie diese? Wie sinnvoll ist ein „intelligenter Gebetsteppich“ für den Islamunterricht eigentlich? Daniel Potthast vom Institut für den Nahen und Mittleren Osten der Ludwig-Maximilians-Universität München findet das Konzept interessant: „Die Vorgaben und Bewegungsabläufe der islamischen Gebete sind sehr kompliziert und sehr mühsam zu erlernen. Das spielerisch zu machen, ist bestimmt ein sinnvoller Ansatz.“ Eine Gefahr durch frühkindliche Indoktrination sieht er nicht, denn im Oman dominiert eine moderate Ausrichtung des Islam. Außerdem seien diese Gebete absolut essenziell für den Glauben, sie müssten also sowieso erlernt werden.

Bis der Teppich im Unterricht
eingesetzt werden kann,
dauert es noch ein bisschen

Aber bis der „intelligente Gebetsteppich“ im Unterricht eingesetzt werden kann, dauert es noch ein bisschen. Das Team hat die zweite Projektphase abgeschlossen, zwei weitere sollen noch folgen. Sie haben noch sehr viel Arbeit vor sich, unter anderem die geforderte Spracherkennung macht ihnen zu schaffen. Wenn der Prototyp fertig ist und die Auftraggeber zufrieden sind, werden Zièd und sein Team raus aus diesem Geschäft sein. Mögliche Millionen kassiert dann der omanische Gründer. Er versucht dann auf Basis dieses Prototyps ein erfolgreiches Business aufzubauen.

Foto: Robert Haas

Albumkritik: On the Shoulders of Giants

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Wolken, Engel, Einhörner und die drei Weisen aus dem Morgenland. Die Band On the Shoulders of Giants bietet nicht nur überraschend andere Bühnenshows und Verwechselspiele, sondern auch ehrlichen Rock mit Folk-Einschlägen, der zwar noch leichten self-made Charakter aufweist, aber nicht aus den Augen verloren werden sollte.

„Auf den Schultern von Giganten, vielleicht landen wir nie“ rappt der Bielefelder Musiker Casper und wenige nehmen das Zitat so wörtlich, wie die dreiköpfige Band On the Shoulders of Giants. Zu dem Releasekonzert ihres neuen Albums Lost and Found einen Tag nach dem Dreikönigstag kommen sie verkleidet als die drei Weisen aus dem Morgenland. Und „Caspar“, „Melchior“ und „Balthasar“ kündigen dann in einer spektakulär schrägen Bühnenkulisse aus Wolken, Engeln und Einhörnern an, dass sie die neue On the Shoulders of Giants-Platte super finden. Und zwar so super, dass sie jetzt als Coverband der selbigen unter dem Namen On the Shoulders of Jesus auftreten.

So weit, so abgefahren. Doch was kann man nun von einem Album erwarten, das in einer so abgedrehten Atmosphäre präsentiert wird? Die Antwort: eine überraschend ernsthafte und unprätentiöse Rockplatte mit Folk-Anklängen. Schon das erste Lied „Lost in Salvation“ beginnt mit einer dominanten E-Gitarre und lässt Bilder von Lederjacken, Whiskey und dem einsamen Wolf mit seiner Gitarre entstehen. Und spätestens wenn Sänger Chris Carbonaro mit dem treibenden “Monster” das eindeutige Highlight des Albums anstimmt, fühlt man sich nicht nur an die Bananafishbones erinnert. Viele Lieder, wie etwa “Last Minute Phoenix” oder das unterhaltsame “Max” wecken Assoziationen zu der Aufbruch – und Road-Trip-Musik von Musikern wie Tenascious D.

Aber man bemerkt auch den „self-made“-Charakter des Albums – teilweise ist das Schlagzeug etwas zu laut abgemischt, teilweise weist der Sound noch Ecken und Kanten auf. Aber auch das verleiht der Platte eine angenehm authentische Tonalität. Es lohnt sich also On the Shoulders of Giants im Auge zu behalten. Es wird spannend zu sehen, wie sie sich nach dem Abgang ihres Leadgitarristen entwickeln werden. Wenn ihr Weg trotzdem der gleiche bleibt, ist gerade heutzutage in Zeiten überproduzierten Mainstream-Pops, ein ehrliches, schnörkelloses Konzept eine wirkliche Bereicherung.

Philipp Kreiter

Foto: Benedikt Dietz