Standhaft Single

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Der Soziologieprofessor und Liedermacher Dirk Busch aus Brunsbüttel wusste schon 1985 wie Frauen ticken. Ein Grund des Single Daseins: Standhaftigkeit.

Es ist das Pech der zu spät Geborenen, dass sie mit Popstars aufwachsen, deren Ausbildung sich auf den Disney-Club beschränkt und deren Texte sich hinter dem Nackedei-Ritt auf einer sinnlos umherschwingenden Abrissbirne verstecken müssen. Früher hätte es so etwas nicht gegeben. Früher hatten wir Dirk Busch aus Brunsbüttel, der nicht nur trotz seiner Karriere im Musikbusiness lange Zeit als Soziologieprofessor arbeitete, sondern obendrein auch noch Liedtexte schrieb, die maßgeblich zum Erfolg der heute so wichtigen zwischengeschlechtlichen Kommunikation beitragen könnten, würde sich nur irgendjemand an sie erinnern.
 
Dirk Busch aus Brunsbüttel hat es nämlich schon 1985 gewusst. Dass Frauen eben erst dann richtig attraktiv sind, wenn sie sich gar nicht darum bemühen. Im Gegenteil, „stur wie tausend Rinder“ müssen sie sein, sang der sympathische Speckklops mit dem unverschämt vollen Haar schon vor fast 30 Jahren. Umso seltsamer ist es natürlich, dass Amelie immer noch Single ist.
 
Amelie behauptet natürlich steif und fest, sie sei gar nicht stur. Verstockt, schlägt Natalie vor, mit der wir uns im Kraillinger Biergarten verabredet haben. Amelie zieht einen Flunsch. Ich versuche zu schlichten: Durchhaltend. Standhaft. Jetzt zieht sogar Amelies Flunsch einen Flunsch. Sie erinnert sich daran, warum sie trotz ausreichender Sturheit immer noch Single ist. Stichwort Standhaftigkeit. Die kam ihrem letzten Freund Martin angesichts ihrer Verbohrtheit nämlich abhanden. Amelie wollte. Gefälligst. Sofort. Unter diesem Druck – man kann es nicht anders sagen – brach Martin sprichwörtlich zusammen. Und eine Beziehung aufrecht zu erhalten, so ganz ohne, na ja, Grundstock – das ist natürlich schwierig.
 
Natalie seufzt. „Wenigstens hatte Martin Durchhaltevermögen“, sagt sie jetzt und flunscht auch schon ein bisschen. Sie spielt auf Lukas an, den sie vergangene Woche auf einer WG-Party kennengelernt und kurzerhand mit nach Hause genommen hatte. Wie soll man das erklären? Mit Lukas bot sich zwar ein annehmbarer Grundstock, aber was ist der wert, wenn die Beziehung nicht länger als zwei Minuten dauert? Allgemeine Ratlosigkeit. Schulterzucken. Wir holen uns noch ein Bier. „Alles halb so schlimm“, hat Dirk Busch aus Brunsbüttel auch schon mal gesungen. Lisi Wasmer
 
Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Testosteron vom Feinsten

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Es gab mal eine Zeit, in der die Beauty-Industrie sich auf das weibliche Geschlecht spezialisiert hat. Die nun allgegenwärtige Metrosexualität und David Beckham gehen Kathi auf den Keks. Schuld ist Carsten, ihr Ex.

Es war einmal vor langer Zeit, als die Beauty-Industrie noch auf Frauen fixiert war und David Beckham einfach nur der Mann eines Spice Girls – sprich: als unter Metrosexualität nichts anderes verstanden wurde als die Erregung öffentlichen Ärgernisses in der U-Bahn. Damals verließ Carsten Kathi – wegen eines anderen Mannes. Und böse Zungen behaupten, Kathi hätte das kommen sehen müssen. Carsten hatte blonde Strähnchen, ging zur Maniküre und hatte ein Faible für Sushi. Vor David Beckham bedeutete das noch was.
 
Und heute? Heute ist Kathi auf den Tag genau zwei Wochen mit Patrick zusammen. Den hat sie in einem Fitness-Studio in der Landsberger Straße kennengelernt – und das Beste an ihm sind seine Gemeinsamkeiten mit ihrem Ex Carsten, also seine fehlenden Gemeinsamkeiten. Patricks Lieblingsgericht ist Bier, sein Lieblingsfilm die erste Bundesliga und seine Brusthaare würden sogar Tom Jones vor Neid erblassen lassen. Testosteron vom Feinsten. 
 
Trotzdem macht sich Kathi Sorgen. Denn Patrick hat nicht nur einen haarigen Oberkörper, er hat auch einen Dreitagebart, den er neuerdings täglich mit „Feuchtigkeits-Fluid“ einreibt. Gegen harte Stoppeln, sagt er. Gegen Augenringe hat er auch etwas, einen „hydra-energetischen Roll-on“. Der lohnt sich aber nur, wenn man sich vorher das Gesicht mit der dazugehörigen Kohlestaub-Reinigungslotion gewaschen hat. 
 
Kathi verflucht die Beauty-Industrie. Weil sie Männern einredet, sie müssten ihren Bart verweichlichen. Und weil sie Duschgel mit Kohlepartikeln verkauft, damit Männer denken, sie könnten sich mit Dreck waschen. Ultimativ männlich, denkt Patrick bestimmt. Vielleicht ein bisschen schwul, befürchtet Kathi. Dann denkt sie an David Beckham und beruhigt sich ein wenig. Der ist ja auch noch mit dem Spice Girl zusammen. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Mehr Barbie als Frau

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Das Plastikleben von Barbie soll auf die Kinoleinwand kommen. Thomas mag Barbie nicht, Transformers aber auch nicht. Seine Freundin Julia ist quasi Megatron par excellence: imperialistisch, machtbesessen, heimtückisch. So sieht er das zumindest.

Brandheiße Neuigkeiten: Noch dieses Jahr soll damit begonnen werden, das Plastikleben von Barbie auf die Kinoleinwand zu bringen. Hannah ist total aus dem Häuschen. Ihre Euphorie können Thomas und ich nur bedingt teilen. Wir sitzen zu dritt im Hofgarten beim ersten Freiluftbier dieses Jahres. Thomas hat es nicht so mit Barbie. Ich auch nicht. Noch nie gehabt. Das kommt davon, wenn man mit zwei großen Brüdern aufwächst. Mein Freund nennt das einen frühkindlichen Milieuschaden. Wie auch immer man es bezeichnen möchte, mein Verhältnis zu Barbie ist jedenfalls ungefähr so liebevoll wie das von Optimus Prime zu Megatron. Oder anders gesagt: Anstatt mich über Barbies Einzug in Hollywood zu freuen, frage ich mich eher, wann es endlich mal eine gute Transformers-Verfilmung geben wird.

Apropos Transformers: Thomas hat Stress mit seiner Freundin Julia. Die ist quasi Megatron par excellence: imperialistisch, machtbesessen, heimtückisch. Findet jedenfalls Thomas. Nur, dass er ihr das nicht nachweisen kann, weil sie es hinter einer liebevollen Maske versteckt: Gerade wäscht sie seine Wäsche, heute Abend kocht sie für ihn. Da müsste er doch eigentlich zufrieden sein, sagt Hannah. Thomas lacht sardonisch. Er weiß genau, dass Julia seine Hemden wieder einmal nicht so zusammenlegen wird, wie er es von seiner Mama gelernt hat. Und er weiß genau, dass es heute Abend Salat mit Putenstreifen geben wird, anstatt Burger mit Pommes, so wie er es vorgeschlagen hatte. Megatron hat sein Leben infiltriert, vom Kleiderschrank bis in die Küche.

Erst ein paar Wochen sind die beiden zusammen, und schon fühlt sich Thomas vermutlich weniger wie Optimus Prime denn wie Barbies Langzeitfreund Ken. Und der ist nicht mal anatomisch korrekt gebaut. Thomas schaut traurig auf sein Bier. Vielleicht hätte er sich doch lieber eine Haushaltshilfe als eine Freundin zulegen sollen. Oder zumindest eine, die nur macht, was er ihr sagt. Aber die wäre dann vermutlich so hohl wie Barbie. Und mit Barbie hat er es nicht so. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Quiz mit dem Liebhaber

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Nicoles neuer Freund Christian lässt sie bei Quizduell immer ziemlich alt aussehen. Nicole findet sein Wissen sexy, andererseits macht es sie wütend. Bei Kathrin und Jonas ist das umgekehrt: gerade das Nichtwissen bildet die Grundlage ihrer Beziehung.

Ein kluger Mann mit einer Schwäche für Äpfel und Gravitation hat die Relation zwischen unserem Wissen und dem, wovon wir keine Ahnung haben, einmal mit einem Tropfen und dem Ozean verglichen. Nicole sitzt mit hochrotem Kopf in der Münchner U-Bahn und ärgert sich, warum das nicht die Frage bei Quizduell war. Isaac Newton hätte sie voll gewusst. Leider wäre Mötley Crüe die richtige Antwort gewesen. Nah dran, immerhin. Nicole knibbelt aggressiv an ihrer Handtasche herum. Sie findet Mötley Crüe total behämmert. Und Quizduell. Und Christian, weil der die richtige Antwort gewusst hat. Natürlich. Christian ist Nicoles neuer Freund und weiß so ziemlich alles: Wie lang der Dünndarm beim Zwergnilpferd ist, welcher amerikanische Schauspieler 1972 in Sri Lanka aus Versehen ein Opossum überfahren hat und auch welche Klopapiermarke Fußballtrainer Jürgen Klopp bevorzugt. Hat er mal wo gelesen. Natürlich. Eigentlich findet Nicole das ziemlich sexy. Andererseits kann sie unheimlich schlecht verlieren. Und ihre Quizduell-Bilanz gegen Christian steht 67 zu 241. Seien wir ehrlich: Es sieht nicht gut aus für Christian.

Dabei kann Nichtwissen auch gerade die Grundlage für eine Beziehung bilden. Kathrin weiß zum Beispiel nicht, dass Jonas nur mit ihr zusammengekommen ist, weil ihre beste Freundin Simone ihm einen Korb gegeben hatte und er der blöden Kuh eins auswischen wollte. Inzwischen sind die beiden schon drei Jahre zusammen, im Sommer ziehen sie in eine gemeinsame Wohnung und Jonas beschwört, er habe schon immer gewusst, dass Kathrin die Richtige für ihn ist. Wäre sie aber vermutlich nicht, wenn sie das mit Simone gewusst hätte. So ist das.

Und Nicole? Die badet mal wieder im Ozean ihrer Ignoranz. Es steht 67 zu 242. Und nur, weil sie nicht wusste, dass Plattwürmer sich zur Fortpflanzung im „Penisfechten“ duellieren. Christian wusste das. Mal gelesen. Natürlich. Nicole ist zornig. Auf Quizduell. Aber Quizduell kann man nicht anmaulen. Also muss Christian herhalten. So ist das. Und seien wir ehrlich: Es sieht nicht gut aus für ihn. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Kennenlernen im Comicladen

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Gibt es die Liebe am Arbeitsplatz? Leichenbestatter haben es wohl besonders schwer, das Umfeld ist kaum förderlich für aufflammende Gefühle. Was einen Bestatter aber mit der Verkäuferin in einem Comicladen verbindet, erklärt unsere Kolumne.

Ein blöder Witz: Im Büro beschwert sich die Sekretärin wegen sexueller Belästigung bei ihrem Chef. „Um Himmels Willen, was ist denn passiert?“, ruft der. „Nichts eben“, sagt die Sekretärin. Nicht lustig, passt aber. Weil einem der Arbeitsplatz bei der Partnersuche tatsächlich grob im Weg stehen kann. Da muss man nur einen Leichenbestatter fragen. Die Liebe für’s Leben findet man eher nicht auf dem Friedhof.  

Nicht lustig, findet Luisa. Sag’ ich doch. Luisa arbeitet nicht auf dem Friedhof. Aber so ähnlich sei es doch, sagt sie jetzt, fasst sich an die Stirn und legt ein vergleichbar schwindsüchtiges Gesicht auf wie einst Scarlett O’Hara in „Vom Winde verweht“. Luisa arbeitet in einem Comicladen in der Fraunhoferstraße. Jetzt könnte man dem Fehlschluss erliegen, dass die Auswahl an potenziellen Partnern in einem solchen Geschäft keine Wünsche offen lassen dürfte. Aber wie der kleine Junge, der feststellen muss, dass Ballettunterricht auch dann noch ziemlich bescheuert ist, wenn man der einzige Hahn im Korb mit lauter kleinen Ballerinas ist (als Mann im Tutu kann man einfach nicht auf Frauenjagd gehen), kam Luisa zur bitteren Erkenntnis, dass im Comicladen zwar viele Männer, nur leider keine nach ihrem Geschmack verkehren.

Außer Manu natürlich. Manu ist Stammkunde im Comicladen und ganz anders als das übliche Klientel. Seit Wochen überlegt sich Luisa schon die richtigen Worte, um ihn endlich einmal in ein Gespräch zu verwickeln. Bevor ihr die aber einfallen, taucht Manu schon wieder im Geschäft auf. Und um ihn nicht zum hundertsten Mal nur stumm anzulächeln, während er zahlt, tippt Luisa energisch auf das von ihm ausgesuchte Buch. Den Comic habe sie geradezu verschlungen, schwärmt sie, total faszinierend, nein: in-spi-rie-rend sei der. Sie trennt die Silben für mehr Nachdrücklichkeit und schaut ihm tief in die Augen. Die schauen erschrocken. Kein Wunder. Denn das in-spi-rie-ren-de Meisterwerk in seinen Händen ist eine Dokumentation über einen britischen Serienkiller. Kein gutes Vorbild für Luisa. Manu kauft seine Comics neuerdings übrigens in der Gollierstraße. Und Luisa versteht keinen Spaß mehr. Zugegeben: als Leichenbestatterin wäre ihr das vermutlich nicht passiert. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Liebe zum Abschied

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Liebe kommt, wenn man nicht damit rechnet. Oder in den ungeeignetsten Momenten – zum Beispiel, wenn man drei Jahre an einem Ort gelebt hat, und dann gerade dabei ist, wieder zu gehen. Eine Kolumne über schlechtes Timing, bayerische Leidenschaft und altöttinger Dialekt.

Wenn man auf die Abschlussklausur in drei Tagen lernen sollte, fallen einem bekanntermaßen viele Dinge ein, die viel dringender zu erledigen sind. Blöd für Amelie, die ihre Wohnung schon geputzt, die Wäsche bereits gewaschen und die leeren Pfandflaschen schon letzte Woche zum Getränkemarkt geschleppt hat. Dann bleibt einem nichts anderes übrig, als eine Freundin anzurufen und sich zu beschweren, man sei bereits vor drei Jahren aus Hannover nach München gezogen und habe immer noch nichts gesehen von der Stadt. Kurz: Amelie und ich stehen am Isartor, der Stadtrundgang ist fast beendet. Wir haben den Kopf in den Nacken gelegt und schauen an der Westseite des Hauptturms hinauf. „In Bayern gehen die Uhren anders“, zitiere ich brav und zeige auf das Ziffernblatt, auf dem der Zeiger entgegen dem Uhrzeigersinn seine Runden dreht. Amelie schüttelt den Kopf. Die spinnen, die Bayern, findet sie.

Man will es ihr nicht wirklich übel nehmen. Mit Timing steht Amelie gerade ganz allgemein auf Kriegsfuß, mit Bayern auch ein bisschen. Da ist ja auch diese Klausur in drei Tagen. Und dann ist da natürlich noch Philipp. Drei Jahre hat sie jetzt in München gewohnt. Im April zieht sie wieder nach Hause. Und jetzt, so kurz vor dem Umzug, kommt dieser Philipp aus Altötting daher. Er war Seminarleiter in einem Uni-Praktikum, bei dem Amelie vor allem durch eher mittelgradige Beteiligung auffiel. Philipp weiß davon nicht mehr viel. Er erinnert sich eher an ihr sonniges Lachen, ihre saphirblauen Augen und ihren, Pardon, atemberaubenden Arsch. So hat er ihr das jedenfalls vorgestern in einer sehr ausführlichen SMS geschildert.

Und weil Amelie kein Unmensch ist und Lernen vollkommen überbewertet (vielleicht auch ein bisschen, weil sein Dialekt im Seminar immer so süß war), konnte sie seine Einladung zu einem Spaziergang durch den Englischen Garten natürlich unmöglich ausschlagen. Jetzt klingelt im Zwei-Minuten-Takt ihr Handy. Philipp, der sich für den schönen Abend bedankt. Philipp, der sie so bald wie möglich wiedersehen will. Philipp, der schon mal alle Wege auslotet, um eine Fernbeziehung so angenehm wie möglich zu gestalten. Amelie steckt ihr Telefon weg. Drei Wochen hat sie noch in München. Die würde sie gerne mit Philipp verbringen. Aber das Tempo, das er vorgibt, ist für ihr nordisches Gemüt einfach viel zu rasant. Und jetzt? Amelie schaut wieder zur Turmuhr. Die spinnen, die Bayern, sagt sie noch mal. Dann kramt sie ihr Handy aus ihrer Tasche und wählt Philipps Nummer. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Die Sorgen am Morgen

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Wie Helene Fischer den Morgen bereichert und der Kaffee als Einziger Liebe erfährt. Eine Kolumne über geteilte Kopfschmerzen, Liebesmühen und Morgenmuffel, die zum Frühstück Koffein und Kippe sozialer Aktivität bevorzugen.

Wenn man morgens schon Kopfschmerzen hat, kann das eigentlich kein guter Tag werden. Patrick weiß das. Aus eigener Erfahrung. Wenn ihm morgens schon der Kopf schmerzt, liegt das meistens an Helene Fischer. Die dröhnt jeden Tag ab 7 Uhr aus der Stereoanlage seiner Freundin, 80 Dezibel gute Laune. Das ist ungesund. Patrick weiß das wirklich, er hat das studiert. Sich bei seiner Freundin zu beschweren, ist aber auch ungesund. Und außerdem ein Garant dafür, dass es (zumindest was die Beziehung angeht) ganz sicher kein guter Tag mehr wird. Dabei wünscht sich Patrick nichts als einen ruhigen Morgen, ohne Krach, am liebsten sogar ohne Freundin. Denn Patricks soziale Ressourcen reichen vor 10 Uhr vormittags gerade einmal für einen liebevollen Blick in seine Kaffeetasse. Gespräche sind verboten, Helene Fischer sowieso.

Patrick seufzt und reibt sich die Schläfen. Es ist halb acht, wir sitzen beim Frühstück in meiner Laimer Küche. Wenn er schon keinen gemütlichen Morgen verbringen kann, darf ich das auch nicht, meint er wohl. Ich gähne und frage, wie das weitergehen soll – es ist sein dritter Frühstücksbesuch in fünf Tagen. Dabei ist er überhaupt erst eine Woche mit seiner Freundin zusammen. Warum es ausgerechnet Helene Fischer sein muss, fragt er mich jetzt. Ich zucke mit den Schultern. Langsam bekomme ich auch Kopfschmerzen.

Jana und Martin fallen mir ein. Die hatten ein ähnliches Problem. Als sie das erste Mal beieinander übernachteten, hätte Martin beinah eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten: Als um 6 Uhr morgens der Wecker klingelte, sprang Jana auf, riss ihm die Decke weg und schrie, dass ein Feldmarschall seine Freude gehabt hätte: „Der Tag geht los, es wird gejoggt!“. Das war im November. Beim Joggen habe er Nordlichter gesehen, schwört Martin bis heute. Mit Jana ist er nicht mehr zusammen. Kaffee und Kippe waren ihm morgens dann doch lieber als Laufen und Leiden.

Patrick überlegt inzwischen auch, ob er Helene Fischer noch länger ertragen kann. Liebevoll schaut er in seine Kaffeetasse, dann zu mir. Dann müssen wir ab jetzt eben immer gemeinsam frühstücken, sagt er. Das konnte ja kein guter Tag werden. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Immer nur naschen

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Päarchen: Sein oder Nicht-Sein, das ist hier die Frage. Wer nicht hat, der will, und wer hat, hat nicht das Richtige. Eine nachträgliche Kolumne zum Valentinstag über die mehr oder weniger funktionierende Kommunikation und ewige Partnersuche.

Eigentlich hätte Hannes es besser wissen müssen. Man wird ja immer gewarnt. Die Tücken der weiblichen Kommunikation. All diese Sachen. Aber als seine Freundin Anfang Februar verlauten ließ, sie wolle dieses Jahr den Valentinstag komplett auslassen, weil das ja eh nichts mehr mit Liebe zu tun habe und nur ein Verkaufstrick der Pralinen- und Blumenindustrie sei, strahlte er über beide Ohren, küsste sie auf die Nase und wog sich in Glückseligkeit. Zwei Wochen später steht er vor ihrer Tür, ohne Blumen und Pralinen, dafür mit schiefem Haussegen. Natürlich wollte seine Freundin doch Valentinstag feiern. Kann ja keiner ahnen, dass er sie so ernst nimmt. Wirklich.

Als er die Geschichte einen Tag später bei unserem Film-Abend mit Lena und Jonas erzählt, haben die nur ein verächtliches Schnauben für Hannes übrig. Jonas ist seit drei Jahren Single, Vollzeit-Single. Das bedeutet drei Mal Herzchenparade, an der er nicht teilnehmen konnte. Für Kitsch-Festivals gibt es keine Einzelkarten. Deshalb sitzt Jonas Mitte Februar generell schlecht gelaunt zu Hause und stockt online sein DVD-Regal auf. Wenigstens der Versandhaus-Bote stattet ihm am Valentinstag einen Besuch ab. Traurig.

Lena schüttelt den Kopf. Sie ist ebenfalls Single, schon länger als Jonas. Die jährliche Schnulz-Scharade vermisst sie nicht, auf die Nerven geht sie ihr trotzdem. Das liegt daran, dass Lena sich wöchentlich einen neuen Traumprinzen angelt. Der darf ihr dann eine Woche lang jeden Tag den Valentin machen. Wenn seine Blumen verwelkt sind, nascht Lena die letzten Pralinen und macht sich auf die Suche nach neuen Kandidaten. Problematisch wird das nur, wenn auf die Schnelle keine passender Anwärter zu finden ist. Und die Erfahrung lehrte sie: Das ist immer am Valentinstag der Fall, wenn die einen noch Blumen für ihre Freundin besorgen, während die anderen beleidigt zu Hause sitzen und auf den Postboten warten.

Hannes schaut gelangweilt aus dem Fenster. Auf den Postboten warten, den Wochen-Valentin suchen – was ist das schon gegen eine Freundin, die beleidigt ist, wenn man ausgerechnet das macht, was sie sagt? Lena und Jonas zucken mit den Schultern. Vermutlich hat Hannes Recht. Außerdem kann man gar nicht genug DVDs haben, findet Hannes. Und Lena wollte für ihre Bikinifigur und die weitere Partnersuche vor dem Sommer eh noch eine Woche Pralinenpause einlegen. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Verbissen trifft verplant

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Über verbissene Kindergarten-Freundinnen aus der Kindheit, saublöde Streberinnen und einen Krapfen-liebenden Sofahocker. Eine Kolumne über Kontinuitäten, Puderzucker und mehr oder weniger strebsame Menschen.

Im Grunde sind wir alle Opfer unserer Erziehung. Das ist natürlich nichts Neues. Bei Amazon gibt es mehr als 12 500 Erziehungsratgeber zu kaufen. Der Beweis, dass dieses Angebot nicht von allen Eltern ausreichend genutzt wird, ist Dennis. Oder besser Mathilda. Mathilda sitzt bei den Bauklötzen und heult. Dennis sitzt in der Bastelecke, hält seinen Arm und heult auch. 19 kleine Abdrücke zeichnen sich über seinem Handgelenk ab. Sie passen zu Mathildas 19 Milchzähnen (der zwanzigste liegt seit heute Morgen unter ihrem Kopfkissen und wartet auf die Zahnfee). Mathilda hat Dennis gebissen. „Weil er es verdient hat.“ Hat er natürlich nicht, findet Dennis. Und dass Mathilda saublöd ist.

Zeitsprung: Gut 20 Jahre später sitzen Dennis und ich in Pasing. Wir arbeiten an der Vernichtung der Krapfenbestände unseres Lieblingskonditors. Wir kommen ganz gut voran. Dennis erzählt zwischen Hefeteig und Marmelade von Mathilda und ihren 19 Milchzähnen. Ich wische mir Puderzucker von der Nase. „Die war eben auch immer so verbissen“, begründet er seinen biografischen Exkurs. Und saublöd, sagt er noch. Genau wie Meike. Meike kennt er vom Studium, und ja, Meike hätte Dennis Freundin sein können. Beide haben eine Katzenhaarallergie, beide haben eine Vorliebe für Wandsticker mit klugen Sprüchen und – nicht ganz unwesentlich – beide sind Single. Meike und Dennis hätten zusammen alt werden können, den ganzen Tag auf dem Sofa sitzen, ohne Katzen, dafür mit „Carpe Diem“ an der Wand. So ähnlich hätte sich Dennis das jedenfalls vorgestellt.

Aber Meike sitzt lieber den ganzen Tag in der Bibliothek und lernt für ihre Klausuren in drei Monaten. Verbissen sei das, hat Dennis ihr einmal gesagt und dass sie lieber zu ihm aufs Sofa kommen sollte. Meike hat geantwortet, sie glaube nicht, dass er einmal einen Job finden würde, mit dem er sich ein Sofa finanzieren könne, so schlecht, wie sein Abschluss sicher ausfällt. Saublöd findet Dennis das. Er beißt in seinen sechsten Krapfen, dass der Puderzucker nur so staubt. Das hätte auch Mathilda nicht besser gekonnt. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Raketenstart mit Folgen

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Über das Ende eines Möbelhauses, ein Bett, das gegen den Weltuntergang gewappnet ist und einen frischgebackener Vater, dessen Bekannte jetzt eine Halskrause trägt. Eine Kolumne über Abschiede und neue Anfänge.

Ein Ende hat immer etwas Trauriges. Das Möbelhaus an der Schwanthalerhöhe wurde zum Beispiel geschlossen. Traurig. Da gab es nämlich eine verdunkelte Glaskabine mit einem Bettgestell drin, einer Matratze drauf, kleinen Lichtern an der Decke und Lautsprechern in jeder Ecke. Ich weiß naturgemäß nicht, wie es in einem Dark Room aussieht, aber so ungefähr stelle ich mir das vor. Tatsächlich war es eine Werbeaktion für besonders großartige Matratzen, ein Raketenstart wurde simuliert, das ganze Bett wackelte wie ein Traktor auf dem Feldweg, und eine ruhige Stimme versicherte den erstaunten Kunden, selbst während eines Weltuntergangs würde man in diesem Bett schlafen wie ein Baby.

Stefan, ein Freund von mir, ist kürzlich Vater geworden, deshalb weiß ich, dass Babys in der Regel gar nicht so gut schlafen, wie einem im Möbelhaus suggeriert werden sollte. Als ich das Martin erzähle, schüttelt er entnervt den Kopf. Worauf ich hinauswolle, will er von mir wissen. Ich zucke mit den Schultern. Ich wollte lediglich festhalten, dass manche Suppenweisheiten bisweilen durchaus ihre Daseinsberechtigung haben. Wie man sich bettet, so schläft man miteinander. Oder so ähnlich. Findet Martin gar nicht lustig. Aber auch nur, weil sein Bettgestell mit dem aus dem Möbelhaus nicht mithalten kann. Das musste er vergangenes Wochenende feststellen, als seine bis dahin nur lockere Bekannte endlich das erste Mal bei ihm übernachtete. Es war übrigens auch das letzte Mal. Traurig. Wie es dazu kam, ist eine Geschichte von Leidenschaft, zu viel Weißwein und dem Kopfende von Martins Bett.

Jedenfalls trägt seine jetzt wieder lockere Bekannte seither eine Halskrause und nur noch wenig Sympathie für Martin in sich.

Ein Ende hat immer etwas Trauriges. Aber wenn wir schon bei Suppenweisheiten sind: In jedem Ende liegt auch eine Chance. An der Schwanthalerhöhe entsteht ein neues Einkaufszentrum. Und Martin hat ein neues Bett mit gepolstertem Kopfende. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.