München-Models: David Kossi

In München leben viele schöne Menschen. Unter ihnen gibt es auch einige Models. Ob hauptberuflich, als Nebenjob oder Hobby: Wir porträtieren jede Woche ein Münchner Model und erzählen von dem Menschen hinter dem hübschen Gesicht.

„Ich bleibe einfach ich“, sagt David Kossi, 24, wenn er von Modeln spricht. Wichtig sei es, sich selbst treu zu bleiben. Da er nicht hauptberuflich modelt, kann er sich natürlich aussuchen, ob er einen Job annimmt oder nicht. „Alles mache ich nicht“, sagt er. Aktfotografie zum Beispiel.

Für die Münchner Modelabels „A Kind of Guise“, „Suck My Shirt“ sowie „New Bav“ stand er bereits vor der Linse. „Vor der Kamera zu stehen und sich Posen auszudenken, die zum Produkt passen, erfordert Kreativität“, erzählt der 24-Jährige. Das Model-Business kennt er außerdem aus einer anderer Perspektive sehr gut: Er leitet das Casting-Department einer Modelagentur in München und ist dort auch als Fotograf tätig.

Aber nicht nur beim Modeln hat David Kossi viel mit Mode und Kreativität zu tun. Durch seinen Vater, der eine Schneiderei leitet, sei er schon früh mit dem Handwerk in Berührung gekommen, habe selbst Dinge ausprobiert und geschneidert. Mittlerweile macht er unter dem Kürzel „DK“ selbst Mode. „Es ist zeitlose Kleidung für Frauen und Männer. Ich gehe nicht nach dem Hype“, sagt David, der Mode und Design an der Deutschen Pop studiert hat.

Wenn er nicht gerade in der Agentur arbeitet, selbst als Model vor der Kamera steht oder Mode designt, dann kümmert er sich um kreative Menschen. Er ist Gründungsmitglied des Coexist Collective – eines Kollektivs das Künstler aus verschiedensten Bereichen in Form von Veranstaltungen und gemeinsamen Projekten zusammenbringen will, um die Szene in München zu repräsentieren und zu vernetzen.

Foto: Robert Haas
Text: Ornella Cosenza

Momente und Emotionen

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Wir porträtieren an dieser Stelle bis zur Vernissage alle 20
mitwirkenden KünstlerInnen unserer Ausstellung
“10 im Quadrat Reloaded”
 im Farbenladen – mal Fotograf, mal
Modell. Heute: Fotografin Christin Büttner.

Für Christin Büttner, geboren 1988, hat Kreativität auch
immer etwas mit Verletzlichkeit zu tun. Seitdem sie im Juli 2016 ihren Fotodesign-Bachelor
an der Hochschule München abgeschlossen hat, ist sie als freiberufliche
Porträt- und Dokumentar-Fotografin tätig. Schon ihre beiden Großväter haben
viel fotografiert und so lag es nahe, dass sie mit zwölf Jahren angefangen hat
zu fotografieren. „Nach dem Abitur habe ich ein Praktikum bei einer
Stilllife–Fotografin gemacht und dabei gemerkt, dass mich Menschen doch mehr
reizen als  Bierflaschen“, sagt Christin.
Ihre Fotos sind nah, authentisch und emotional. „Mich reizt es, Momente und
Emotionen einzufangen und, auf den ersten Blick, unscheinbaren Dingen oder
Situationen Aufmerksamkeit und eine Ästhetik zu geben“, erklärt Christin. „Mir
ist es sehr wichtig, dass sich die Portraitierten in den Situationen und mit
den Fotos am Ende wohl fühlen.“

Christins fotografischer Stil spiegelt sich auch in den
Fotos für die Ausstellung wider, da sie die Künstler an dem Orten abgelichtet hat,
an denen sie selbst kreativ sind. „Die Lichtverhältnisse waren manchmal
schwierig, da ich ausschließlich mit vorhandenem Licht gearbeitet habe. Zum
Beispiel abends im Bandraum. Aber ich wollte die Lichtstimmung genau so
einfangen, wie sie an dem Ort ist. Zwei hatten sich lustigerweise genau denselben
Ort ausgesucht, da musste ich ein bisschen variieren“, sagt Christin. „Vor
allem das Arbeiten mit Schauspielern hat sehr viel Spaß macht, da sie ein sehr
ausgeprägtes Gefühl für ihren Körper und ihre Mimik haben.“

Text: Lena Schnelle

Foto: Christin Büttner

Kein Platz zum Spielen

Viele Münchner Bands suchen vergeblich nach Proberäumen. Das
bestehende Angebot ist häufig zu teuer oder überbelegt. Doch Not macht
kreativ. Die Musiker haben Übungsräume in der Autowerkstatt oder ein
eigens eingebautes Studio im Wohnviertel. Ein Überblick über die
Bandraumsituation in der Stadt.

Im Gesicht von Münchens zweitem Bürgermeister Josef Schmid spiegelt sich Erstaunen wider: Gerade hat Josie Bürkle, Sängerin der Band Claire, berichtet, dass sie in München keinen passenden Proberaum finden konnten und deshalb nach Bad Feilnbach pendeln mussten. Die Frage, die daraus folgt: Wenn schon Claire – immerhin eine von Münchens erfolgreichsten Bands, deren Debütalbum direkt in die Charts ging – keinen Proberaum finden, wie läuft das dann für andere Bands?

Auf der Bühne des Bahnwärter Thiel bei einer Veranstaltung von SZ Junge Leute und Puls waren sich alle Teilnehmer schnell einig, dass hier noch einiges im Argen liegt. Nicht nur die Schilderung von Claire-Sängerin Josie, auch die plakative „Reich, aber scheiße“-Charakterisierung Münchens als Musikstadt, die der Rapper Fatoni in den Raum warf, dürften Eindruck hinterlassen haben. Schmid versprach am Ende, die Stadt werde sich des Problems annehmen. Mittlerweile ist die Veranstaltung mehr als ein halbes Jahr her – und was hat sich verändert?

Es ist fraglich, ob sich seitdem etwas getan hat. Es gibt unterschiedliche Stimmen. Klaus Martens, Sprecher der Fachstelle Pop, ist positiv gestimmt: „In absehbarer Zeit wird es Förderungen von Seiten der Stadt geben. Man sucht auf jeden Fall nach einer Lösung für das Problem.“ Auf dem Gelände des Feierwerks ist für 2018 die Einrichtung von zehn Proberäumen in Form von Containern geplant. Allerdings sei dies nur ein kleiner Ansatz. „Die Situation ist nicht gut, aber auch nicht ausweglos“, sagt Martens. „Wir haben eine Umfrage unter jungen Münchner Bands gemacht“, sagt er. „Die zeigt, dass jede der Bands früher oder später eine Lösung für das Proberaumproblem findet. Natürlich müssen oft Kompromisse eingegangen werden.“

Kompromisse – ein Begriff, der im Zusammenhang mit einem möglichen Proberaum oft fällt. Die Mehrheit der Musiker muss sich einen Raum teilen. Und selbst wenn eine Band willig ist, diesen Kompromiss einzugehen, ist das bestehende Angebot häufig schlichtweg zu teuer oder überlastet, sodass sich die Musiker andere Wege suchen. Und die sind nicht unbedingt immer legal.

Eine Band erzählt etwa, dass sie in den Lagerräumen einer Autowerkstatt probt, im Keller haben sie sich mit anderen Bands zusammen einen Proberaum eingerichtet. Einer der Musiker sagt, dass es kaum möglich gewesen sei, einen Raum zu finden, in dem man langfristig bleiben könne: „Immer wenn wir etwas hatten, mussten wir wieder raus. Entweder wurde das Gebäude abgerissen oder es gab Probleme mit den Nachbarn. Jetzt haben wir endlich eine längerfristige Lösung gefunden.“ Die Bands, mit denen sie sich den Raum teilen, lassen einen staunen: Die Namen die er nennt, gehören zu den renommiertesten in München, teilweise haben sie ihre Alben in die Charts gebracht und ausverkaufte Tourneen in großen Hallen gespielt. Dennoch müssen sie illegal proben.

Auch Martin Wehr, Betreiber der Musikübungsräume in der Landsberger Straße, ist offenbar unzufrieden mit der momentanen Situation: „Viele Musiker haben das Gefühl, dass sie vertrieben werden. Meiner Meinung nach wird die Lage der Künstler nicht besser, sondern schlechter.“ Momentan betreibt er knapp 70 Proberäume, die jeweils von mehr als einer Band gemeinsam genutzt werden. Wehr bekommt laut eigener Aussage wöchentlich zwei bis drei Anfragen von Bands, die auf der Suche nach einem Proberaum sind. Diese muss er ablehnen. Es fehlen schlichtweg die nötigen Kapazitäten. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch: Die Münchner Band Die Sauna bekam zufällig mit, dass das alte Grundschulgebäude der Marktgemeinde Schliersee leer stand. Mit Genehmigung der Gemeinde wurde der alte Handarbeitsraum darin saniert, ausgebaut und zu einem vollständigen Proberaum für die Band umgewandelt. „Die Wände wurden schwarz gestrichen, zwei fette Couchen reingeworfen, die Fenster schalldicht isoliert und seitdem können wir rund um die Uhr Lärm machen, ohne irgendjemanden zu stören. Wir sind superglücklich mit unserem Bandraum“, sagt Sänger Matthias Berg. Und obwohl man so ziemlich weit ab vom Schuss ist, hat ein abgelegener Proberaum auch seine Vorteile: „Man kann sich auch super einsperren, weil es keine Ablenkungsmöglichkeiten gibt. Und da wir ja gerne auch mal feiern gehen, wäre es vielleicht sogar kontraproduktiv, wenn wir uns in der Stadt zum Proben treffen.“

Klingt nach einer Option, von der viele Bands nur träumen können. Viel zu oft aber vergeblich. Man scheint enttäuscht von der Stadt zu sein, fühlt sich zu wenig unterstützt. Das zeigten vor allem die vielen kritischen Reaktionen auf das „Förderprogramm Musikproberäume“, das vom Juli diesen Jahres an bis zum Sommer 2020 Musikern helfen soll, Raum zu finanzieren, der alle Kriterium für Bandproben erfüllt. Viele sahen darin die Möglichkeit, dem nie enden wollenden Proberaumproblem ein Ende zu setzen. Doch die Bewerbung und vor allem das Auswahlverfahren für das Förderprogramm erwiesen sich für viele Musiker schwerer als gedacht. Vor allem wurde aber kritisiert, dass die Bewerber ein staatlich anerkanntes Abschlusszeugnis in Musik haben müssen. Hobby-Musiker und Studenten wurden von Anfang an ausgeschlossen. „Ich habe meinen Mietern sofort davon erzählt, als ich von der Ausschreibung hörte. Sie sollen sich unbedingt dort bewerben, hatte ich gesagt. Als dann aufkam, dass nur Akademiker in das Programm aufgenommen wurden, waren viele resigniert“, sagt Martin Wehr.

Für viele Bands ging die Suche also weiter. Die Musiker von Blek le Roc haben eine richtige Proberaum-Odyssee hinter sich. In ihrer Bandgeschichte probten sie schon in fünf verschiedenen Räumen. „Es war nie einfach, etwas Festes zu finden, weil häufig etwas abgerissen wurde und man für Neubauten Platz machen musste“, sagt Gitarrist Lucas Fernandes. Auch in einen großen Proberaumkomplex hatte sich die Band schon eingemietet, aber auch hier gab es Probleme: die Zeiten sehr beschränkt, die Miete hoch. „Und wenn im Raum nebenan eine Band geprobt hat, hatten wir das Gefühl, wir würden im selben Raum stehen.“

Irgendwann hatten sie keine Lust mehr auf die ewige Unsicherheit und die Scherereien. Gemeinsam mit den befreundeten Musikern der Band Lyndenstraße mieteten sie – nach etwa einjähriger Suche – einen Kellerraum in einem Wohnhaus mitten im Stadtzentrum. Hier im zweiten Untergeschoss, etwa zwölf Meter unter der Erde, wurde eigenhändig ein Proberaum aufgebaut. Das volle Programm, Schalldämpfung, Decken abgehängt, Wände mit Gipsplatten isoliert und der Boden mit Sand aufgefüllt: „Hier können wir jetzt ungestört proben, auch mitten in der Nacht“. Aber natürlich war der Umbau mit immensen Investitionen verbunden. Lucas betont: „Wir hätten es nicht gemacht, wenn wir nicht die Zusicherung hätten, hier mindestens fünf Jahre bleiben zu können. Diese Sicherheit war uns sehr wichtig.“

Und auch wenn Blek le roc jetzt ein musikalisches Zuhause gefunden haben, die wenigsten Bands haben die Mittel und auch das Glück, sich selbst einen solchen Proberaum einrichten zu können. Das weiß auch Lucas: „Ich habe das Gefühl, dass es immer schwerer und schwerer wird, was zu finden. Eigentlich sollte für eine junge Band die Möglichkeit bestehen, einfach irgendwo spielen zu können und sich so zu entwickeln. Momentan muss man glücklich sein, wenn man überhaupt was findet.“

Lucas spricht somit etwas aus, dem viele andere Musiker nur zustimmen können. Es gibt nicht nur zu wenige Proberäume, das Bestehen der bereits vorhandenen scheint gefährdet. Trotz vieler Gespräche mit Verantwortlichen der Stadt München war lange Zeit unklar wie es um den Bandraumkomplex in der Landsberger Straße 175 in Zukunft stehen wird. An diesem Freitag nun sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter zu, dass die Übungsräume für 500 Musiker erhalten bleiben sollen. „Wir sind bestrebt, kulturelle Flächen zu schaffen und zu erhalten“, sagte zuvor Betreiber Martin Wehr.

Kreative Lösungen sind jedenfalls mehr denn je gefragt. Manuel Palacio, DJ bei Fancy Footwork, sieht etwa einen ganz anderen Ansatz: „Die Zukunft sehe ich in der virtuellen Realität, einfach die VR Brille und die Instrumente in das Interface stecken und los geht’s, so könnte jeder vom eigenen Schlafzimmer aus mit seinen Bandkollegen proben.“

Text: Anastasia Trenkler und Philipp Kreiter

Foto: Robert Haas

Zeichen der Freundschaft: Rampenbier

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Bier, Theater und Zusammenleben und Zusammenarbeit – unsere Autorin berichtet von einem der tollsten Jahren ihrer Jugend.

Wir laufen die Rampe entlang, dann durch den langen Gang,
betoniert sind der Boden genauso wie die Wände und die Decke. Man hört schon
von hier den Wumps der Musik im Obergeschoss. Jemand Fremdem könnte man an
dieser Stelle niemals ernsthaft verklickern, dass wir gerade auf dem Weg ins
Theater sind. Viel zu sehr lässt die Atmosphäre auf eine Untergrund-Techno
Party schließen. Durch die schwere Türe werden wir die schmale Treppe hoch in
die bunten, provisorisch eingerichteten Räumlichkeiten unseres kleinen Theaters
geführt. Im riesig großen Proberaum ist das Licht aus und die Musik laut. An
jedem Möbelstück, auf jedem Schreibtisch, in der Einrichtung jedes einzelnen Raums
erkennt man den hier herrschenden, niemals endenden Arbeitsprozess. Jetzt sind
wir da. Und unsere Einflüsse haben direkten Einfluss auf die Arbeit an diesem
besonderen Theater.

Auf der Rampe sitzend denken wir nun – wenn wir alle wieder
gemeinsam für ein Projekt zusammen kommen –  an diese wunderbare Zeit,
wenn wir wieder einmal bis tief in den Abend hinein gearbeitet hatten, jemand
in weiser Voraussicht schon einmal eine Menge Bier gekauft hatte, und unsere
Energie noch stundenlang nicht nachlassen wollte. Aufgedreht von diesem Zauber
tanzten wir bis in die Morgenstunden in unserem Proberaum. Ich habe noch nie so
viel Gefühl gespürt wie in diesem Jahr, mit Euch. Diese Zeit gehört uns.

Als wir vor drei Jahren das erste Mal an dieser Rampe
ankamen, uns alle fremd waren, und ein Jahr dort miteinander verbringen
sollten, einte uns die unstillbare Lust, Theater zu machen, etwas zu bewegen.
Zu lange hatten wir auf der Schulbank stillgesessen, Matheformeln auswendig
gelernt und von einem Leben, frei mit der Kunst, geträumt. Plötzlich stießen
wir dort, vorerst unscheinbar, auf der Rampe auf Gleichgesinnte. Ein reger
Austausch begann, Freundschaften entstanden, wir als Team wurden zu einer
unschlagbaren Gemeinschaft. Es begann ein Jahr voll mit so vielen Eindrücken,
dass die Zeit nicht zum Verarbeiten reichte, ein einziger monatelang
anhaltender Rauschzustand. Wir verliebten uns ineinander, wir stritten uns
miteinander, wir wohnten zusammen, wir standen gemeinsam auf der Bühne und
leiteten Kindergruppen an. Das Rampen-Bier wurde zu einer festen Instanz unseres
Alltages, zwischen Schülergruppen und Schauspieltraining. Die Rampe war der
Aufgang des Theaters, für uns der Treffpunkt nach Feierabend, wenn wir die Aura
des Theaters noch nicht verlassen wollten. Auf der Rampe entwickelten wir
unsere Ideen gemeinsam weiter und lernten die Songtexte von Miley Cyrus’
Wrecking Ball und Lafees Virus auswendig. Wir schmiedeten Pläne für
Zusammenarbeiten nach unserem gemeinsamen Jahr, alle bereits in dem Wissen, dass
wir danach wieder sehr weit voneinander entfernt wohnen
würden.

In der Zwischenzeit – in den zwei Jahren seitdem unser Jahr
vorüber war– ist das Theater in ein Haus umgezogen. Unser Bunker von damals
ist für uns nicht mehr betretbar. Mit unserem Dosenbier sitzen wir deshalb
abends auf der Rampe und blättern wie in einem Fotoalbum durch unsere
gemeinsamen Erlebnisse – jemand erzählt von dem Abend, als wir “Die 5 Entdecker”
gründeten, mit einem Stapel “Cards against humanity” durch die Stadt liefen und
die Plakate zur Landtagswahl verschönerten, die CDU Plakate in Frischhaltefolie
wickelten und mit  „Ideen von gestern
frisch halten“ beschrifteten. Wie wir ins Freibad einbrachen und nackt durch
den Regen tanzten. Insider-Sprüche prasseln auf uns ein. „Krautsalat, du
Fotze!“, der wohl bekannteste, als ich Krautsalat aß und der Junge mit dem
Sprachfehler mir erklärte, wie das meine Verdauung beeinflusst. „Krautsalat? Du
furzen!“ sagte er. Ich war entsetzt: „Hast du gerade Krautsalat, du Fotze zu
mir gesagt?“. Oder als wir zu zehnt in einer Wohnung schliefen, an einem Tag
alle unsere Wäsche wuschen und im Wohnzimmer aufhängten. Am nächsten Morgen war
die Luftfeuchtigkeit im Zimmer ins Unermessliche gestiegen und unsere Kleidung
noch pitschnass. Wir steckten sie in die Mikrowelle, das war keine besonders
gute Idee. Der Abend als wir in der Stripperlounge, so war eine unserer WGs
benannt, völlig bekifft im Wohnzimmer rumlungerten und auf die Frage der
Anderen, was denn los sei antworteten: „Wir wollen nicht, dass ihr merkt, dass
wir bekifft sind.“  

Das Jahr war anstrengend, wir arbeiteten viel und steckten
all unsere Energie in die Projekte. Wir hatten kaum mal ein Wochenende frei,
erst Recht keine Zeit einem anderen Hobby nachzugehen. Trotzdem rauschen vor
unserem inneren Auge die ausgelassenen Momente vorbei. Die Premierenfeier mit
Sahneschlacht, Übernachtungsparties im Proberaum, Geburtstagsfeiern,
Inszenierungsideen, die Momente, wenn wir feststellten, dass wir ganz besondere
Menschen getroffen hatten, hier, an diesem Theater, auf dieser Rampe. Die
Geschichten nehmen kein Ende, genauso wie die Nächte an der Rampe, wenn wir
beieinander sind. 

Text: Jana Haberkern

Foto:
Yunus Hutterer