Gewächshaus statt Dunkelkammer

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Maximilian Gutmair träumt von einer Karriere als Fotograf. Nun macht er erst einmal eine Ausbildung zum Floristen – für seine Eltern.

Er hat sich für den Studiengang Fotodesign beworben, doch nun wird Maximilian Gutmair im September sein künstlerisches Talent ein wenig einschränken müssen. Er beginnt eine Ausbildung zum Floristen – verbunden mit dem Ziel, irgendwann die Gärtnerei seiner Eltern zu übernehmen. Ein Gespräch über Träume und Zufriedenheit.

SZ: Maximilian, dein Traum ist es, als Fotograf zu arbeiten. Wieso hast du dich jetzt für eine Floristenausbildung entschieden?
Maximilian Gutmair:
Ich habe Absagen auf meine Hochschulbewerbungen bekommen. Deswegen habe ich beschlossen, erst einmal etwas Handfestes zu machen. Ich kann nach einer Ausbildung immer noch Fotografie studieren, aber jetzt mache ich die Ausbildung erst einmal für meine Eltern.  

Für deine Eltern?
Es liegt nahe, den Beruf des Floristen einzuschlagen, um später vielleicht die Gärtnerei meiner Eltern zu übernehmen.

Aber es geht doch jetzt erst einmal um dein Leben, um deine Träume.
Das schon. Aber ich war kein einfaches Kind und habe meinen Eltern viele Sorgen bereitet. Sie haben aber immer Verständnis und Liebe für mich aufgebracht, da möchte ich auch mal was zurückgeben. Ich habe das Bedürfnis, dass ich ihnen keine Sorgen mehr bereite. Nur durch ihr Vertrauen hatte ich die Freiheit, meine Persönlichkeit über viele Umwege zu finden. Und jetzt möchte ich etwas zurückgeben.

Siehst du es als Zwang an, die Ausbildung zu machen?
Definitiv ja. Natürlich würde ich mir wünschen, als Fotograf sofort durchzustarten und die Floristenausbildung nicht mehr nötig zu haben, doch es ist schwer, in diesem Berufsfeld Fuß zu fassen. Aber jetzt habe ich mich für die Ausbildung entschieden. Selbst wenn jetzt noch die Zusage von einer Universität kommt, würde ich die Ausbildung machen.

Warum?
Natürlich ging es am Anfang darum, mal den Laden meiner Eltern übernehmen zu können. Doch ich habe gemerkt, dass ich etwas Handwerkliches machen möchte. Ich möchte etwas schaffen, das ich danach in der Hand halten kann – wenn ich schon meine Kunst vernachlässige.

Du klingst positiv gestimmt.
Ich habe das Gefühl, dass ich viel lernen werde, was ich für meine Kunst verwenden kann, wie ich zum Beispiel Blumen in meine Fotos einbetten kann. Während der Ausbildung habe ich die Chance, viel über gestalterische Grundkonzepte zu lernen.

Wirst du noch viel Zeit für deine Fotografie neben der Ausbildung haben?
Nein, ich habe die Befürchtung, dass die Ausbildung sehr zeitintensiv werden wird und ich wenig Zeit finden werde, Fotos zu machen. Ich versuche im Moment in den Monaten, die mir bis September noch bleiben, viel zu schaffen, einen Bekanntheitsgrad zu erreichen, der es mir ermöglicht, auch während der Ausbildung mal was auszustellen. Aber dieses Socialising fällt mir total schwer. Ich kann schlecht auf Leute zugehen und mich um Ausstellungsmöglichkeiten kümmern, da warte ich eher, bis sie mich ansprechen.

Wie verdienst du denn momentan deinen Lebensunterhalt?
Ich kellnere viel. Da kann ich mir gut mein Leben finanzieren und es springt sogar noch so viel raus, dass ich mir mein Foto-Equipment leisten kann.

In deinen Bildern veränderst du oft Körperteile, zum Beispiel die Augenpartie. Damit nimmst du oft einem Gesicht die Symmetrie, die allgemein als Schönheitsideal gilt. Was bezweckst du damit?
In meinen Fotografien spielt die Ästhetik eine große Rolle. Ich finde, dass man eine Ästhetik erhalten kann, auch wenn die Dinge oberflächlich nicht schön sind. Die Verzerrung der Wirklichkeit ist etwas Ehrliches, was in jedem von uns steckt. Ich finde es gut, wenn man bei meinen Fotos zweimal hinschauen muss, bis man verstehen kann, was man sieht. Das liegt daran, dass eben etwas abgebildet ist, was nicht sein kann oder was komisch ist. Und dass nur durch längeres Betrachten des Bildes ein Zugang gefunden werden kann, was dahinter steht.

Wo siehst du dich in fünf Jahren?
Auf jeden Fall habe ich ein geregeltes Leben. Meine Kunst kann ich regelmäßig präsentieren. Und ich wünsche mir, dass ich dann auch mal selbst damit zufrieden bin, was ich erreicht habe.

Weitere Informationen und Fotografien von Maximilian Gutmair findet man unter www.maximiliangutmair.com.

Gewagter Schritt

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Als Model zeigt sich Simon Lohmeyer oft im Jackett, Rollkragenpulli oder Karohemd. Auf seinem Blog präsentiert er sich jetzt nackt – und als Aktfotograf

München – Simon Lohmeyer, 24, ist seit sieben Jahren ein durchaus gut gebuchtes Männer-Model bekanntes Gesicht in der internationalen Model-Branche. Jetzt will er auch hinter der Kamera Karriere machen. Dafür hält er auf seinem Fotoblog Dirtydirty.me seinen nackten Hintern vor die Linse: Das Model fotografiert sich und vor allem andere nackt – privat und auch an öffentlichen Plätzen.

SZ: Läuft das Modeln nicht mehr so gut? Oder warum ziehst du dich und andere für die Kamera aus?
Simon Lohmeyer:
Ich habe relativ früh begriffen, dass das Model-Business nicht mein Lebensinhalt ist. Viele meiner Freunde in der Branche sind um einiges älter und modeln immer noch. Das ist nichts für mich. Wenn ich 35 Jahre alt bin, möchte ich nicht nur vor der Kamera posiert haben, sondern auch was anderes können. Deswegen habe ich vielen Fotografen, mit denen ich gearbeitet habe, über die Schulter geschaut. Meine „nackigen Projekte“ hatte ich schon immer im Hinterkopf.

Deine Fotografien sind sehr freizügig. Soll Dein Blog als Pornoheftchen im Zeitalter Web 2.0 gesehen werden? Glaubst du, du könntest nicht anders auf dich aufmerksam machen?
Mit meiner Kunst möchte ich nicht schockieren. Ich will keine Fotos wie Terry Richardson Schwanz-Bilder machen. Meine Bilder sollen noch wohnzimmertauglich sein. Sie sollen die Menschen zum Nachdenken anregen. Die heutige Gesellschaft ist mir zu spießig und unehrlich: Jeder trägt doch nur eine Maske und traut sich nicht, sein wahres Gesicht zu zeigen. Mit den Fotografien versuche ich sie zu demaskieren. Man muss noch über sich selbst schmunzeln können.

Meinst du nicht, dass du es in zehn Jahren bereust, Nacktfotos von dir ins Internet gestellt zu haben?
Nein, ich bin unkonventionell aufgewachsen. Meine Eltern waren Hippies. Als ich ein Kind war, sind wir mit dem VW Bus durch Deutschland getourt und haben an schönen Orten gehalten. Dort konnten wir uns in allen Facetten frei fühlen, Nacktheit war etwas Selbstverständliches. Mir gefällt es, nackte Menschen zu fotografieren es ist nicht meine Absicht Klamotten zu verkaufen. Ich habe mit Nacktheit kein Problem, ich könnte mich auch jetzt ausziehen und auf den Tisch setzen und ein Foto von mir machen.

Nicht jeder ist da so offen. Wie bekommst du die Mädels dazu, sich für dich auszuziehen? Bezahlst du sie?
Angefangen hat es damit, dass ich mich und meine damalige Freundin nackt fotografiert habe. Nachdem ein paar Freundinnen von ihr das Ergebnis gesehen haben, wollten sie sich auch von mir fotografieren lassen. Mittlerweile bekomme ich täglich Anfragen von Frauen und Männern, die sich gerne von mir nackt ablichten lassen wollen. Auf Shootings frage ich auch mal die Models, wenn sich die Situation ergibt, und ich glaube, dass etwas Schönes dabei rauskommen könnte. Eine Gage zahle ich nicht – die Bezahlung ist das Foto.

Hatte deine Ex-Freundin keine Bedenken, wenn sich vor deinen Augen nackte Frauen rekelten? War Eifersucht da ein Problem?
Am Anfang schon. Aber dann hat sie gesehen, dass alles professionell abläuft. Es ist nur ein nackter Körper vor der Kamera. Während der Aufnahmen bin ich weniger Mann, sondern ganz Fotograf. Ich will einfach ein schönes Bild.
Wie kann man sich ein Foto-Shooting bei dir vorstellen. Die Motive entstehen oft aus einer spontanen Situation. Bei einer Motorradtour durch einen Tierpark in Kambodscha habe ich das Model nackt in das Maul einer Löwenstatue gehoben. Das musste super schnell gehen! Die Zähne waren total spitz und haben sich in den Hintern von ihr gebohrt. Sie hat ganz schön gelitten. Zum anderen war dieser Platz gerade in diesem Moment nicht stark besucht und wir wollten nicht erwischt werden.

Gab es schon mal Ärger wegen deiner FKK-Fotografie?
Ärger zum Glück nicht. Bei einer Wasserbombenschlacht in Österreich haben die Nachbarn mal die Polizei gerufen. Die kamen vorbei, haben gelacht und uns gebeten, dass wir uns wieder anziehen. Ein anderes Mal habe ich in den Tempeln von Angkor Wat in Kambodscha mit einer Maske auf einem Podest ein Selbstporträt geschossen, ein paar Touristen sahen es, aber mehr, als dass sie mir kurz auf den Hintern geschaut haben, ist nicht passiert.

Foto: Simon Lohmeyer

Stefanie Witterauf