Band der Woche

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Musiker Matthew Austin kommt ursprünglich aus Manchester, schließlich hat es ihn aber nach München verschlagen. In seinen musikalischen Anfängen beeinflusst haben ihn die Gitarristen Jimi Hendrix und Kurt Cobain – mit denen er etwas gemeinsam hat.

Es gibt einen Schlag von Gitarristen, die auf der Bühne wirken wie diese Suchbilder, auf denen man den Fehler finden muss. Kurt Cobain war so einer, Jimi Hendrix auch; und ebenso der Songwriter Matthew Austin (Foto: Michael Müller). Es liegt am Instrument – alle drei halten die Gitarre falsch herum, haben aber keine speziell gebaute Linkshänder-Gitarre. Das führt dazu, dass die Stimmwirbel nach unten schauen, weil die Saiten einfach anders herum aufgespannt wurden. Als Matthew das zum ersten Mal gemacht hat, war das ein wichtiger Moment für ihn: „Ich habe mich an der Gitarre gequält“, erzählt er, bis sein Vater ihn daran erinnerte, dass er Linkshänder sei – er tauschte die Saiten und konnte plötzlich viel leichter spielen: „Das war der Punkt, an dem ich angefangen habe, Musik zu machen.“
Das war noch als Teenager, in Manchester, wo Matthew aufgewachsen ist und seine erste Band gegründet hat. Beeinflusst haben ihn dabei auch die beiden berühmten Linkshänder-Gitarristen: Jimi Hendrix hat er als Kind gehört. Und Nirvanas „Nevermind“ sei ein Erweckungserlebnis für ihn gewesen. Doch mit der zum Teil ganz schön zerstörungslustigen Musik der beiden Rock-Gitarristen haben die Songs von Matthew nicht mehr viel zu tun. Seine Band ist in England geblieben, während er alleine nach Deutschland gezogen ist – erst nach Berlin und dann für ein Praktikum nach München, wo er geblieben ist. Und dementsprechend macht er momentan auch alleine Musik: Sanfte Pickings an einer halbakustischen Gitarren, bluesige Harmonien, und eine weiche Stimme darauf, ab und an kommt eine Mundharmonika dazu. Das ähnelt eher Bob Dylan in seinen Folk-Phasen – und nach dem Klischee britischer Musik klingt das auch nicht. Eher drückt die schwüle Teilnahmslosigkeit der Musik der US-amerikanischen Südstaaten auf Matthews Songs, die eben oberflächlich ein wenig sediert, aber innerlich ganz schon aufgebracht wirken. Zwei EPs hat er bisher veröffentlicht, darauf Titel, die auf ähnliche Weise düster schwirren: „Hide & Seeking“, „No Foundation“ oder „The Darkest Hour“. Letzteres hat er auch gerade in einem Trödelshop für die Münchner Hauskonzerte aufgenommen – er ist also angekommen in der Musikszene der Stadt.
Das zeigt sich auch an seinem Konzertkalender: Gerade ist er bei der Langen Nacht der Musik bei der Veranstaltung des Radiosenders M 94.5 aufgetreten, nun steht die Hauptrunde des Sprungbrettwettbewerbs an, gefolgt vom Hipster-Festival „Panama Plus“ und dem Stadt-Land-Rock-Festival der SZ.  

Stil: Akustik / Blues / Folk
Besetzung: Matthew Austin (Gitarre, Gesang)
Aus: Manchester / München
Seit: 2013
Internet: www.fayreground.com

Rita Argauer

Foto: Michael Müller

Jasper Flynn

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Ein Timbre wie Pete Doherty, dazu eine gute Portion Schlagzeug: Simon Oser und Syed Uzair Raza machen Indie-Folk, der im Kopf bleibt.

Songwriter haben es schwer. Sich in diesem Genre abzusetzen, etwas Eigenes zu schaffen, ist viel schwieriger als mit einer voll besetzten Band an neuen Sounds zu arbeiten. So verwundert es, wenn ein als Band besetztes Musikprojekt, sich erst einmal als Songwriter verkleidet. Doch so wirklich am Neuartigen ist Jasper Flynn (Foto: Syed Uzair Raza) sowieso nicht interessiert. Und ein wirklicher Songwriter ist dieser Jasper eben auch nicht. Hinter dem Pseudonym verstecken sich der Gitarrist, Sänger und eben doch auch Songwriter Simon Oser und der Schlagzeuger Syed Uzair Raza. Und passend zu dem fiktiven Namen, der auch einem Brit-Pop-Folk-Sternchen durchaus gut stehen würde, machen sie eine Melodie-verliebte, zum Teil auch rockende und dann wieder recht unaufgeregte Musik.
 Das hat man alles auch schon mal gehört – und dennoch haben Jasper Flynn einen gewissen Charme. Das mag wohl an dem Clou mit dem Bandnamen liegen, zum anderen daran, dass Simon seine Sache eben auch sehr gut macht: Sein Timbre liegt irgendwo in der Nähe von Pete Doherty, seine Akkord-Folgen sind nicht überraschend, aber nachvollziehbar und Syed am Schlagzeug trifft das richtige Maß, um die Musik anzutreiben, aber nicht zu übertünchen.
 2013 haben sich die beiden kennengelernt – an einem Ort, der lange für Münchner Musiker eine Sehnsuchtsstätte war: Dem Backstage-Raum des Atomic Cafes. Beide hatten schon Band-Erfahrungen, beide im Indie-Folk-Bereich – also lag es nahe, sich zusammen zu tun. Anfang 2014 fanden die ersten Proben statt, im Herbst nahmen sie ihre EP auf. Fünf Songs sind es geworden, doch da hört der gerade Weg auch schon auf – ihnen fehlen gerade noch die finanziellen Mittel, diese auch herauszubringen. Konzerte kommen dafür umso mehr rein, Münchner Klassiker der Bandszene wie etwa das Munich Rocks im Ampere, die lange Nacht der Musik oder auch das Stadt-Land-Rock-Festival der Süddeutschen Zeitung auf dem Münchner Tollwood-Festival.
 „Wir hoffen, dass wir mit den Konzerten unsere Bandkasse etwas auffüllen können“, sagt Simon. Mit diesem Geld wollen sie dann endlich ihre EP fertig stellen.  Rita Argauer

Stil: Folk / Indie
Besetzung: Simon Oser (Gitarre, Gesang), Syed Uzair Raza (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2014
Internet: www.facebook.com/JasperFlynnBand

Lost Name (Neo-Folk, Post-Singer-Songwriter)

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Jahr: 2014, Woche: 20

„Can you sing yourself alive?“, Andreas Langhammer schafft eine dringliche Tragik in seiner Musik, wie man sie bei Bright Eyes kennt. Als Lost Name flüchtet er, sobald er die Bühne betritt in eine andere Welt. Verzerrungen, Störgeräusche und Loops erzeugen diese Dringlichkeit, die den Zuschauer und Künstler gleichermaßen berührt.

Irgendwo zwischen der Welt und der Bühne liegt eine Grenze. Manche spüren diese Grenze weniger, diese Musiker nennt man meist authentisch, weil ihnen die Veränderung, die das Auf-der-Bühne-stehen mit ihnen macht, nicht so sehr anzumerken ist. Andere Künstler werden hingegen als exaltiert beschrieben, weil sie, sobald sie die Grenze zur Bühne überschritten haben, beginnen, eine künstliche Rolle zu spielen. Und manche Musiker schockieren: So wie der Münchner Songwriter Andreas Langhammer (Foto: Sandra Hilpold). Als Musiker nennt er sich Lost Name, das passt. Denn: Sobald er die Bühne betritt, wirkt es, als habe er sämtlichen Bezug zu seiner Lebensrealität vergessen. Distanzlos wirft er sich in seine Musik, die dadurch eine ungehaltene Kraft bekommt, während der Zuschauer zwischen Berührung und Sorge schwankt: Hoffentlich findet der Künstler nach dem Konzert zurück in die wirkliche Welt.

Eigentlich schreibt Andreas ganz einfache Songs mit Akustik-Gitarre und oft hymnisch-emotionalen Gesangslinien dazu. Mit verschiedenen Musikern hat er bereits zusammen gearbeitet: Oft mit Streichern, die seinen Songs eine klagende, aber passende Note geben. Dennoch arbeitet er auch immer wieder mit Verzerrungen, Störgeräuschen und Loops. So tritt er in wechselnden Besetzungen oder alleine auf, ein ähnliches Prinzip wie bei den Bright Eyes. Und Conor Oberst fällt da als Referenz nicht von ungefähr: Andreas schafft es, seinen Songs eine ähnlich dringliche Tragik zu geben, wie es der Kopf der Bright Eyes auf seinen frühen Alben konnte. Eine Dringlichkeit, die nicht weniger erzählt, als dass es in dieser Musik um innerste Berührung des Künstlers geht. Eine Dringlichkeit, die aber eben zweifelsohne auch nur mit einer gewissen Selbstaufgabe und Grenzüberschreitung auf die Bühne gebracht werden kann. Ein schwieriges Unterfangen, doch passend dazu beginnt Andreas’ erstes Album nach einem Intro mit dem fragenden und reflektierenden Songtitel: „Can you sing yourself alive?“.

2008 hat er dieses Album veröffentlicht, ein neues wurde Anfang diesen Jahres aufgenommen. Gerade sucht er nach einem Label, und noch viel wichtiger: Er sucht nach weiteren Gastmusikern, auch für seine Touren, die ihn gerade erst über Würzburg, Berlin und Hamburg bis nach Husum geführt haben. Rita Argauer

Stil: Neo-Folk, Post-Singer-Songwriter.
Besetzung: Andreas Langhammer (Gitarre, Gesang, Loops).
Aus: München.
Seit: 2008.
Internet: www.lostname.bandcamp.com.

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Lucie Mackert (Chanson / Songwriter / Folk)

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Jahr: 2014, Woche: 19

Hört mir zu! Die Songwriterin Lucie Mackert weiß sich vor Publikum zu präsentieren. Nach ihrem Schauspielstudium stürmt sie gerade Münchnens Bühnen. Rhythmusbetont, mit Schellenband am Fuß befestigt, erzählt sie Geschichten in ihren deutschsprachigen Chansons.

Die St-Laute am Ende von Worten zischen nur so von der Bühne. Aber auch weniger harte Buchstabenkombinationen wie etwa „ch“ schießt Lucie Mackert (Foto: Steffen Sixt) Richtung Publikum, angriffslustig und mit einer klaren Aussage: Hört mir zu! Auch ohne dass man um ihr Schauspielstudium und ihre Erfahrung im Ensemble des Theaters Tübingen weiß, ist das Theater in der Musik der Songwriterin präsent. Ihre deutschen Texte erzählen Geschichten, die einer Dramaturgie folgen, ihre Haltung hat Bühnenpräsenz, die weit von der so oft gesehen, schüchternen und vermeintlich authentischen Songwriter-Haltung entfernt sind.

Mit dieser Musik stürmt die gebürtige Pfälzerin gerade Münchens Bühnen und konnte die Publikumsentscheidungen beim „Milla-Song-Slam“ und der „Munich Song Connection“ im Einstein für sich gewinnen. In Frankfurt am Main hatte sie Schauspiel studiert, während des Studiums sei die Musik aber erst einmal aus ihrem Leben verschwunden, erzählt sie. Zuvor habe sie ihre Schulzeit über in Bands gespielt, zuerst am Schlagzeug, doch die Lust, an der Bühnenrampe zu stehen und zu singen, trieb sie an die Gitarre und ans Mikrofon.

Von ihren Schlagzeug-Kenntnissen aber profitiert ihre Musik auch heute wieder: Sie schlägt die Gitarre mehr rhythmusbetont als melodiös, an einem Fuß befestigt sie ein Schellenband, mit dem anderen tritt sie eine Bass-Drum. 2013 hat sie in München begonnen, diese Songs zu schreiben. Der Wunsch, die eigene Musik wieder in ihrem Leben zu etablieren, ließ sie ihr Engagement in Tübingen beenden, um als freie Schauspielerin, Synchronsprecherin und eben Musikerin in München zu arbeiten: „Mein Herz schlägt genauso für die Schauspielerei wie für die Musik,“ sagt sie, „für mich ergänzen sie sich perfekt.“

Zwischen Folk und Chanson sind ihre Lieder auch immer kleine Geschichten, die sie ähnlich distanziert, aber nahbar vorträgt wie etwa Anna Depenbusch. Und unter all dem erzählten Drama liegt auch bei Lucie ein gewisser Witz, der aber die Grenze zum Kabarett gekonnt und bewusst meidet. Am letzten Wochenende der Ausstellung „Aufgeschlossen“ der Junge-Leute-Seite der SZ tritt sie am Samstag, 24. Mai, im Farbenladen des Feierwerks (Hansastraße 31) auf. Rita Argauer

Stil: Chanson, Songwriter, Folk.
Besetzung: Lucie Mackert (Gitarre, Gesang, Percussion).
Aus: München.
Seit: 2013.
Internet: www.luciemackert.de.

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Blackout Problems (Pop / Folk / Rock)

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Jahr: 2014, Woche: 06

Die Band Blackout Problems protestiert mit ihren Songs. Im vergangenen Jahr reduzierten sie ihren vorherigen Alternativrock auf einen Pop zwischen Folk und Rock – und knüpfen gleichzeitig inhaltlich an das Weltverbesserertum von Woodstock an.

Kriegsmetaphern gegen den Krieg. Paradox ist das: „A protest against loaded guns“ heißt es in der Strophe von „Hope“, die in einen hymnischen Refrain führt, in dem die Münchner Band Blackout Problems (Foto: Birgit Burchart) schließlich fröhlich „And we’ll keep fighting and fighting“ singt. Doch irgendwo ist so viel Neo-Revoluzzertum auch etwas Schönes.

Wann gab es denn bitte die letzten ernst gemeinten Protestsongs? Jedenfalls nicht, als die Musikzeitschrift Spex im vergangenen Jahr zu ihrem eher albernen Protestsong-Contest aufrief. Doch die Blackout Problems halten sich da textlich eher an die großen Vorbilder aus den Sechzigern, sie haben ein Thema, gegen das sie ansingen. Und das kommt an, schließlich spielten sie 2013 größere Festivals wie das „Open Flair“ oder das „Frequency Festival“ und bahnen ihren Weg konsequent aus München hinaus. „Wir spielen Konzerte in Deutschland und Österreich“, sagt Gitarrist und Sänger Mario Radetzky; auch in der Schweiz, Italien, Tschechien und England waren sie schon, und auf einer zweiwöchigen Tour durch Russland und die Ukraine. Mit diesem Portfolio wartet das Trio auf, das man in Münchens sich um sich selbst drehender Szene bisher noch gar nicht bemerkt hatte. Sie begleiteten schon 2012 die Emil Bulls auf deren Tour und veröffentlichten das Album „Life“, das im Folgenden die Onlineleser-Charts der Musikzeitschrift Visions anführte.

Der damals noch druckvoll besetzte Alternativrock wurde auf der im vergangenen Jahr im Eigenverlag erschienenen EP „Twentyfourseven“ auf eine Akustikbesetzung heruntergebrochen. Der hymnische Impetus aber blieb. Pop zwischen Folk und Rock – und Musik, die eine zeitgemäße Übersetzung des Weltverbesserertums und der Zugänglichkeit der Woodstock-Musik ist. Nun erscheint eine Neuauflage dieser Single „Hope“, für deren Produktion sich Christoph von Freydorf, Sänger der Emil Bulls, verantwortlich zeigte. Rita Argauer

Stil: Pop-Folk
Besetzung: Marcus Schwarzbach: Bass, Gesang; Mario Radetzky: Gitarre, Gesang; Michael Dreilich: Schlagzeug.
Aus: München
Seit: 2008
Internet: www.facebook.com/blackoutproblems, www.blackout-problems.com

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Angela Aux (Folk / Indie / Elektronica)

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Jahr: 2013, Woche: 41

Mit seinem Stil “New Weird Bavaria” hat Florian Kreier eine musikalische Plattform für Schräges und Versponnenes geschaffen. Am 27. September erschien sein neues Album “Sleep Well Folk” und ab dem 22. November sind auch endlich die CDs gepresst.

Ob er sich damit einen Gefallen getan hat, das wird sich noch zeigen müssen. Doch in einem Geschäft, das so sehr in Schubladen und Genres denkt wie das Pop-Business, ist es von Vorteil, einen eigenen Begriff zu schaffen. „New weird Bavaria“ labelte Florian Kreier alias Angela Aux (Foto: Susanne Steinmaßl) einst die junge Szene, die um den Chiemsee herum entstand und nach München drängte. Allen voran die noch sehr elektro-funkige Kombo L’egojazz, mit der Florian das erste Mal in der bayerischen Landeshauptstadt von sich reden machte. Nachdem L’egojazz in eine Pause ging, brachte er sich immer wieder mit seinem Solo-Projekt, eben Angela Aux, ins Gespräch. Gerade hat er das zweite Album mit dem etwas fatalistischen, aber dennoch passenden Titel „Sleep well Folk“ veröffentlicht.

Viel Platz für Schräges und Versponnenes hat er darauf geschaffen. Doch eine gewisse Zugänglichkeit ist nicht zu leugnen. Ähnlich der Armada von schrägen Hipster-Bands, die in den vergangenen Jahren vornehmlich aus Brooklyn auf den Markt drängten und auf deren Begriff „New weird America“ Florian Bezug nimmt, vermischt er als Angela Aux verschiedene denkbare Einflüsse und Rhythmen mit einfachen wie wiedererkennbaren Melodie. Songwriter-Gitarren-Akkorde treffen dabei auf wildes elektronisches Geblubber und Glockenspiel. Und wo bei den US-amerikanischen Vorbildern der Einfluss von Afro-Rhythmik nicht zu überhören war, dominiert bei Angela Aux der Hang zum Krautrock.

Das Experiment mit diesem Stil, den in den Siebzigerjahren Bands wie Can prägten, glückt. Die ellenlangen Improvisationen dieser Musik bremst Florian gekonnt aus: Lange psychedelische Soundcollagen bleiben eine Andeutung, Krautrock bleibt ein Zitat. Die Lust am Experiment zeigt sich auch in seinen Live-Shows: So rezitiert er zwischen den Songs auch gerne seine eigenen Gedichte und Kurzgeschichten. Die Musik ist so mal Soundtrack zu seinen Worten, mal untermalen die Geschichten assoziativ seine Musik. Der Musiker, der gerade auch durch die erste Veröffentlichung seiner Band „Aloa Input“ in der überregionalen Musikpresse auftaucht, hat sich – zusammen mit Künstlern wie Joasihno – seine eigene kleine, aber sehr agile Szene geschaffen.

Foto: Susanne Steinmaßl

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Young Chinese Dogs (Indie, Folk)

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Zwischen poppigen Indie-Songs und rauem Folk haben die Young Chinese Dogs (Foto: Florian Huber) ihre musikalische Heimat gefunden. Am 11. Oktober erscheint ihr Album ‘Farewell to Fate’, auf dem sie diese Kombination perfektioniert haben.

Einen passenderen Titel hätte man kaum finden können. „Farewell to Fate“ haben die Young Chinese Dogs (Foto: Florian Huber) ihr Debütalbum genannt. Und von einer schicksalsergebenen Haltung haben sie sich auf dem Weg zu diesem Album tatsächlich verabschiedet. Eigentlich gibt es die Münchner Band schon seit 2011. Ursprünglich ein Projekt von Gitarrist und Sänger Nick Reitmaier – der seine Musikerfahrung unter anderem in der Backing Band von Uwe Ochsenknechts Sohn Wilson Gonzales sammelte. Doch dem Schicksal trotzend stieg er dort aus und begann die Musik zu machen, die er mochte: Akustischer Indie-Folk, der aber den Geist von rauem Rock’n’Roll atmet.

Auch Birte Hanusrichter wollte sich mit der trägen Lethargie des Abwartens nicht abfinden. Die Schauspielerin, die ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen kommt und beruflich in München lebt, sehnte sich nach einer Band. So ergoogelte sie eine Anzeige der Young Chinese Dogs, die auf der Suche nach einer Sängerin waren. Und seit Birtes Einstieg geht es voran. Unaufhörlich spielten sie Konzerte, schrieben Songs und bekamen schließlich einen Vertrag bei dem Berliner Label Motor Music. Das Album, das am Freitag, 11. Oktober, offiziell erscheint und am Tag zuvor im Münchner Atomic Café vorgestellt wird, spiegelt diese Absage an die Vorbestimmtheit. Der Folk des Trios bleibt rein akustisch – Credo der Band ist, dass nur Instrumente zum Einsatz kommen, die sie selbst tragen können – und trotzdem ist die Aufbruchstimmung der Musiker spürbar. Songs wie „Don’t talk about“ drängen euphorisch, getragen von Birtes ab und an ganz schön kratziger Alt-Stimme und Nicks Tom-Waits-Timbre.

Mit ihrer Musik haben sie sich auch einem Genre verschrieben, das derzeit eine Renaissance erlebt, nicht zuletzt durch den Erfolg von Mumford and Sons. Hinter denen folgten sie auf Platz Zwei der Charts von Balcony.tv in Dublin. Und von Sonntag, 29. September, an sind sie erst einmal auf ausführlicher Deutschland-Tournee.

Stil: Indie, Folk, Pop.
Besetzung: Nick Reitmeier: Gesang, Gitarre; Oliver Anders Hendriksson: Gitarre; Birte Hanusrichter: Gesang, Keys, Percussion.
Aus: München.
Seit: 2011.
Internet: www.youngchinesedogs.com,www.facebook.com/youngchinesedogs.

Von Rita Argauer

Like Time Flies (Akustik-Folk)

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Jahr: 2013, Woche: 38

Ein selbstprogrammiertes Computerspiel, gehäkeltes Merchandise und selbstgebaute Instrumente und Effektgeräte – bei Like Time Flies (Foto: Sophie Kiener) wird der Do-It-Yourself-Gedanke noch groß geschrieben. Dieser puristische Ansatz passt perfekt zu ihrem Akustik-Folk, den sie auch gerne mal spontan in der Öffentlichkeit aufführen.

Um den Highscore von knapp 60 000 Punkten zu erreichen, muss man sich intensiv mit der Musik von Like Time Flies beschäftigen. Ein kluger Schachzug ist dieses selbstprogrammierte Computerspiel, das die Münchner Band auf ihrer Homepage anbietet. Nach dem Prinzip gängiger Playstation-Spiele à la „Guitar Hero“ muss man im richtigen Rhythmus verschiedene Tasten drücken. Die Musik wird dadurch aufgeschlüsselt und nachvollziehbar.

Und so einfach, wie der zugängliche Akustik-Folk erscheint, überrascht das Arrangement durch Komplexität.

Mit Gitarren, Mundharmonika, Mandoline und Kontrabass ist das Trio seit 2011 unterwegs. Die beiden Sänger und Gitarristen Christoph Huebner und Gabriel McCaslin lernten sich einst beim Münchner Kammerchor kennen. Als Irish-Folk und Bluegrass Projekt begannen sie gemeinsam Musik zu machen. Schnell wurden aber auch einige eigene Songs geschrieben, die im Englischen Garten und in der Fußgängerzone zur Aufführung kamen. Mit Stephanie Spelthann am Kontrabass produzieren sie nun Songs, die immer noch die Gelassenheit einer Straßenmusikband in sich tragen, bei denen aber durchaus der harmonieverliebte Pop der Beatles durchblitzt. Beim Sprungbrett-Wettbewerb des Feierwerks standen sie dann in diesem Jahr auch das erste Mal auf richtigen Bühne und seien froh, dass der Schritt vom Park in den geschlossenen Raum funktioniert habe, wie Christoph erklärt. Besagter Wettbewerb hat ihnen nun die Produktion einer EP ermöglicht – darauf wollen sie ihre Instrumentierung weiter ausbauen. Einziges Kriterium sind dabei akustische Instrumente. Es ist Priorität, dass die Musik weiterhin spontan an öffentlichen Plätzen ohne Strom aufgeführt werden kann. Und dieser puristische Ansatz findet sich in ihrer Organisation. Sie machen alles selbst: löten ihr Equipment, bauen Effektgeräte, häkeln ihren Merchandise und programmieren Computerspiele. Rita Argauer

Stil: Akustik-Folk
Besetzung: Christoph Hueber: Gitarre, Mundharmonika, Gesang; Gabriel McCaslin: Gitarre, Mandoline, Gesang; Stephanie Spelthann: Kontrabass, Gesang
Aus: München
Seit: 2011
Internet: Computerspiel: www.liketimeflies.com/game.html, www.facebook.com/liketimeflies

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Nick and the Roundabouts (Folk / Blues / Alternative-Country)

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Der Sänger der Band Pardon Ms. Arden hat ein neues Solo-Projekt: Nick and the Roundabouts. Auf seinem neuen Album orientiert sich Nick Sauter mehr am Blues und Alternative-Country.

Nick Sauter (Foto: Laura Gabler) hat seinen Kontinent verlassen. Musikalisch zumindest. Denn der Sänger von Münchens Britrock-Darlings Pardon Ms. Arden sucht die Inspiration für sein Solo-Projekt Nick and the Roundabouts nicht mehr in Englands reichhaltiger Pop-Szene. Dabei konnten Pardon Ms. Arden das wirklich gut. Als die Münchner Szene vor einigen Jahren von allerhand England-affinen Bands heimgesucht wurde, waren Pardon Ms. Arden wohl die, die am meisten Erfolg hatten.

Im vergangenen Jahr trennten sie sich von Flowerstreet Records, um fortan auf ihrer eigenen Plattenfirma „PMA Records“ zu veröffentlichen. Darauf ist nun auch Nicks Solo-Album erschienen. Schon der Titel verrät, dass es ihn ganz tief in den Süden der USA verschlagen hat. So frönt er auf „Buffalo Church Choir“ unverhalten heruntergekochten Blues-Gitarren, Banjos und Mundharmonika-Soli. Und Nicks Stimme klingt nun mehr nach Bob Dylan als nach Liam Gallagher. „Ich liebe Musik wie Blues, Alternative-Country und Singer-Songwriter-Sachen“, erzählt Nick. Nach dem turbulenten Jahr 2012, in dem es ihn mit Pardon Ms. Arden auch auf riesige Festivals wie das „Frequency“ in Österreich oder das „Sziget Festival“ in Ungarn verschlagen hat, sei es nun um Nicks Hauptband gerade ein wenig ruhiger: der perfekte Zeitpunkt für Nick and the Roundabouts. Das ist sein alleiniges Baby, obwohl er auch gerne mal mit einer Live-Band auftritt. Und in die könnten sich dann schon auch mal Mitglieder von Pardon Ms. Arden verirren.

Stil: Folk / Blues / Alternative-Country.
Besetzung: Nick Sauter: Gitarre, Gesang; manchmal mit live Band.
Aus: München.
Seit: 2012.
Internet: http://nickroundabouts.tumblr.com.

Von Rita Argauer

Michael Tanner (Indie Folk)

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Man mische den New Yorker Weirdo-Look mit verschrobenen Hippie-Anleihen – heraus kommt Michael Tanner. Der Sänger tritt mit seiner Band in in diesem Jahr bei diversen Festivals auf und veröffentlicht seine erste EP “Three Sisters”.

So ganz zusammenpassen mag das alles nicht: der typische New Yorker Weirdo-Look mit verschrobenen Hippie-Anleihen. Dazu ein Allerweltsname und Musik, die zunächst ganz unscheinbar wirkt. Michael Tanner (Foto: Paula Weinthaler) ist ein Münchner Songwriter. Doch die ganze Zeit spricht er von seiner Band, deren Arbeit er trotz seines Namens, der darüber steht, als eine kollektive begreifen möchte. Die aktuelle Besetzung, mit der der 26-Jährige seine Folksongs instrumentiert, gibt es seit einem Jahr. Mal hört man da ein Glockenspiel, Streicher und einen Schellenkranz, aber manchmal blitzen auch mutig-aufdringliche Bläser durch.

Über die spärlichen Indie-Folksongs setzt er eine sachte, fast gehauchte Stimme. Trotzdem entwickelt die Musik eine Intensität, der man den Einfluss der gerade so gefeierten amerikanischen Folk-Stars wie zum Beispiel Bon Iver anhört. Vor allem in seinem Faible, mit nicht zu vorhersehbaren Songstrukturen zu arbeiten. So artet etwa das Lied „Nightingale“ von ruhiger Gitarren- und Lagerfeuerromantik zu einem psychedelischen Experiment aus. Obwohl er erst spät, mit 18 Jahren, angefangen hat, Musik zu machen, ist er jetzt gut vernetzt in der Münchner Szene. Die Songwriterin Yvonne Ebner spielt in seiner Band und Franko van Lankeren von den Talking Pets unterstützt ihn manchmal live.

Gerade hat Tanner seine erste EP „Three Sisters“ fertig gestellt, die er Anfang Juli veröffentlichen wird. Davor tritt er noch beim Stadt-Land-Rock-Festival der Junge-Leute-Seite der SZ auf dem Tollwood-Festival auf.

Stil: Indie Folk
Besetzung: Michael Tanner (Gesang, Gitarre, Bass, Klavier, Synth, Percussion), Julian Maisch (Gitarre), Yvonne Ebner (Gesang), Matthias Zimmermann (Bass), Magadalena Knödler (Violine, Gesang), Eva Rölke (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2012
Internet: www.facebook.com/MichaelTannerMusic

Von Rita Argauer