Foto: privat

Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Anastasia

Ich bin verdammt müde. Während meine Ethnologie-Kommilitonen gerade auf Kuba, Sri Lanka oder in Portugal chillen, bin ich in der vergangenen Woche von Bibliothek zu Bibliothek gereist und habe mich meiner Hausarbeit gewidmet. Was? Mitten in den Semesterferien? Ja, ich geb‘s zu. Vielleicht habe ich mal wieder zu spät angefangen. Vielleicht habe ich mich während der lauen Sommerwochen in München nicht aufraffen können. Vielleicht macht sich das schlechte Gewissen wieder mal erst am Ende bemerkbar. Naja. Ich bin müde, aber unternehmungslustig, ignoriere die tollen Reise-Insta-Stories und freue mich auf eine bunt gemischte Veranstaltungswoche in München.

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Am Kap der Guten Hoffnung

Jeder Klick für einen guten Zweck: Die Brüder Tobias und Kevin Schmutzler haben einen Social-Impact-Film gedreht

Tobias Schmutzler, 26, und sein Bruder Kevin Schmutzler, 28, produzieren mit ihrem Start-up „Filmcrew Media“ Filme. Ihr Schwerpunkt: Sie drehen so genannte Social-Impact-Filme, die kein kommerzielles Ziel verfolgen. Sie wollen möglichst viele Menschen erreichen und gleichzeitig Gutes tun. Das neuste Projekt der jungen Münchner Filmcrew heißt „Robin – Watch for Wishes“. In dem Werk geht es um einen Zwölfjährigen, der an Krebs leidet. Überall auf der Welt kann man diesen Film online kostenlos ansehen. Im Interview erklärt Tobias, was es damit auf sich hat.

SZ: Was sind Social-Impact-Filme?
Tobias Schmutzler: Wir möchten eine soziale Filmproduktion schaffen, die nicht auf kommerzielle Zwecke ausgerichtet ist. In der Unterhaltungsbranche, insbesondere im Bereich Film, gibt es einfach noch nicht so viel, was in diese Richtung geht. Wir fokussieren uns eher auf den sozialen Aspekt, um unseren Namen für etwas Gutes einsetzen zu können.

Euer neuer Film „Robin – Watch for Wishes“ ist auf YouTube kostenlos verfügbar.
Seit dem 21. April ist der Film online, er dauert 75 Minuten und jeder kann ihn ansehen – weltweit. Und zwar für den begrenzten Zeitraum von vier Wochen. Das Besondere daran ist: Wenn man den Film anschaut, werden pro Aufruf des Videos zehn Cent gespendet. Nach fünf Tagen haben wir jetzt schon mehr als 90 000 Klicks. Das erste Etappenziel sind 15 000 Euro, aber wir haben bereits weitere Spender an der Hand, die diese Summe erhöhen, sobald der Film entsprechend oft gesehen wird.

Wofür wird das Geld gespendet?
Damit soll benachteiligten Kindern geholfen werden. Deshalb gehen alle Einnahmen, die durch die Klicks der Zuschauer erreicht werden, an die DKMS, SOS Kinderdorf und die McDonald’s Kinderhilfe.

Für den Zuschauer ist alles kostenlos – woher kommt das Geld für die Spende?
Wir haben dafür aktiv Spender gesucht. Es ist ein Mix aus Privatpersonen und mehreren Unternehmen, die sich auf unsere Nachfrage dazu bereit erklärt haben, zu spenden und dadurch das Projekt zu unterstützen.

So einen Film zu produzieren kostet Geld. Wie trägt sich das Start-up?
Parallel zu den sozialen Filmprojekten drehen wir zusätzlich Werbespots und Imagefilme für verschiedene Unternehmen. Durch das Geld, das wir damit verdienen, können wir anfallende Kosten für die Filmprojekte stemmen, wie zum Beispiel Reisekosten. „Robin“ zu realisieren war aber nur dank vieler Sachsponsorings möglich.

Ihr habt nicht nur in Deutschland, sondern auch in Südafrika gedreht.
Das war gar nicht so einfach. Besonders, wenn man ein begrenztes Budget hat und alles vom 10 000 Kilometer entfernten Deutschland organisieren muss.

Gab es auch mal Pannen?
Einmal gab es ein Problem mit der Drehgenehmigung. Ein Missverständnis. Wir wollten an einem bestimmten Ort am Kap der Guten Hoffnung drehen – wo aber niemand drehen darf. Wir hatten nur einen Tag Zeit, einen neuen Drehort zu finden, der zumindest so ähnlich aussah. Es ging gut aus.
  
Klingt trotzdem schwierig.
Die ganze Crew musste mit dem Equipment zwei Stunden auf einen Berg wandern. Einen Lift gab es dort nicht. Am Ende hatten wir vom Gipfel aber eine unglaubliche Aussicht auf das Meer und die perfekte Kulisse für unsere Filmszene.

Warum ausgerechnet Südafrika?
Während meines Studiums habe ich ein Praxissemester in Südafrika gemacht und mich ein bisschen in das Land verliebt. Dort habe ich auch an den Wochenenden als Freiwilliger in einem Heim für kranke Kinder gearbeitet. Im Film hat Robin eine Bucket-Liste, auf der Dinge stehen, die man als Junge in dem Alter tun möchte, wie zum Beispiel Fliegen oder Löwen sehen und: Er möchte Hoffnung finden. Sein Vater reist mit ihm deshalb ans Kap der Guten Hoffnung nach Südafrika.

Was ist die Message des Films?
Der Film soll dem Zuschauer schon nahe gehen. Er tut das aber auf seine ganz eigene Art und Weise. Ein sehr emotionales Thema wird als spannender Thriller präsentiert. Der Vater entführt den zwölfjährigen todkranken Jungen aus dem Krankenhaus, um alle Punkte auf der Liste des Sohnes abhaken zu können. Niemand weiß, wo die beiden sind. Nicht einmal die Mutter. Vielleicht bringt er den ein oder anderen zum Weinen, aber es ist kein Film über Tod und Krankheit.

Foto: Filmcrew Media

Interview: Ornella Cosenza  

Die Stimme der anderen

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Wie vertont man Zungenküsse? Maresa Sedlmeir, 23, ist Synchronsprecherin.
Seit Donnerstag ist sie in „Midnight Sun – Alles für dich“ zu hören

Die Teetasse steht auf dem Küchentisch, im Hintergrund macht die Waschmaschine Lärm. Mit angezogenen Beinen sitzt eine junge Frau mit blonden, schulterlangen Haaren und einem Lächeln auf den Lippen auf einem Stuhl. „I am who I’m meant to be, this is me“, singt Maresa Sedlmeir, 23, und breitet die Arme aus. „Look out ’cause here I come and I’m marching on to the beat I drum.“ Dann lacht sie fröhlich und sagt: „Ich habe vor kurzem ‚The Greatest Showman‘ gesehen und bin so ein bisschen aus dem Häuschen.“

Maresa ist Synchronsprecherin und steht täglich mehrere Stunden im Studio und leiht Schauspielerinnen ihre Stimme. Bella Thorne zum Beispiel. Gerade ist „Midnight Sun – Alles für dich“ im Kino angelaufen. Von Animes über Horrorfilme und Thriller bis hin zu Dramen und Komödien – das alles kann die junge Frau, die seit ein paar Jahren in München wohnt, in ihrem Portfolio vorweisen. Schließlich synchronisiert sie seit mehr als zehn Jahren Filme und Serien. Als Maresa neun Jahre alt war, wurde sie von Synchronsprecherin Inez Günther, eine Freundin ihrer Mutter, ins Studio mitgenommen. Für die Kinderserie „Franklin“, in der es um eine Schildkröte geht, sprach sie eine kleine Rolle – der Beginn ihrer Karriere.

Die Texte, die Maresa sprechen muss, sind in kleine Sequenzen unterteilt, die man Takes nennt. Meistens enden Takes, wenn die Schauspielerin eine Pause macht. Das kann ein Atmer, aber auch ein sehr langer Satz sein. Da es meist kurze Sätze sind, lernt Maresa sie auswendig. „Ich gucke es mir erst auf Englisch an und dann den deutschen Text“, erklärt die 23-Jährige. „Dann sage ich den Text trocken vor, danach läuft der Take ab und ich spreche das drauf.“ Sie versucht den Text genau in dem Rhythmus der Schauspielerin zu sprechen und perfekt in der Zeit zu sein. Dabei gibt es aber Einiges zu beachten: „Du kannst diesen Text nicht einfach ablesen und ihn spielen, sondern du musst auf den Mund gucken“, sagt Maresa. „Wann geht der Mund zu, wo verzögert die Person, wo stottert sie?“ Für die Synchronsprecherin ist es am wichtigsten, die Person, die spricht, wahrzunehmen – die Stimme, das Gesicht und die Gesten: „Ich versuche einfach immer zu sehen, was diese Person gerade machen wollte, was sie transportieren will und wie ich das dann durch meine Stimme auch mitgeben kann. Ich gucke dazu immer auf den Bildschirm, mach dieselben Gesten wie die Figur, versuche so wie die Figur zu gucken und das auch zu spielen.“

Ihre erste große Rolle hatte Maresa in der Disneyserie „Liv und Maddie“, in der es um Zwillinge geht, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Da die Zwillinge von derselben Schauspielerin, Dove Cameron, gespielt wurden, spricht im Deutschen auch Maresa beide Rollen. An ihre erste Szene erinnert sie sich stark zurück: „Da haben sie sich einfach unterhalten und da habe ich quasi erst die eine und dann die andere gesprochen und die werde ich nie vergessen.“ Sie wechselte nicht von Take zu Take zwischen den Schwestern, sondern synchronisierte erst eine und dann die andere. „Ich habe versucht, es vom Original abzunehmen und das kommt ehrlich gesagt auch so ein bisschen raus“, sagt Maresa und spricht von einer Sekunde auf die andere mit einer hohen, trällernden Stimme weiter: „Also eine coole Basketballerin würde nicht so sprechen.“ Genauso schnell wechselt sie zu einer lässigen, tiefen Stimme: „Und ein Model würde auch nicht so reden. Es ist eine Gefühlssache.“

Nicht nur Gefühle muss Maresa mit ihrer Stimme transportieren können, sondern sie muss auch Kuss- und Sexszenen machen. Da sie häufig ohne Synchronsprecherkollegen ihre Rolle einspricht, hat sie keinen Partner, den sie küssen könnte. „Das ist dann sehr lustig“, sagt Maresa und lacht. Überhaupt lacht sie sehr oft und scheint ein sehr fröhlicher Mensch zu sein. „Neulich habe ich zusammen mit einem Kollegen gesprochen, das hat man früher viel öfter gemacht. Wir standen da und haben beide unsere Hand geküsst. Das ist dann auch komisch, wenn man Lippenbewegungen nachmacht und mit der Zunge küsst.“ Ein Schmatzer in die Luft würde nämlich ganz anders klingen als ein echter Kuss. Auch Sexszenen synchronisiert Maresa in ihrem Kämmerchen: „Ich stöhne dann vor mich hin, neben mir sitzt ein Cutter und hinter der Scheibe sind Regisseur und Tonmeister. Ich versuche das, so authentisch wie möglich hinzukriegen. Mir ist auch nicht so schnell etwas peinlich. Ich bin so ein bisschen eine Rampensau, dass es mir dann egal ist, ob ich unangenehme Szenen mache oder nicht.“

Je öfter eine Synchronsprecherin eine Schauspielerin im Deutschen synchronisiert, desto sicherer ist es, dass man diese Person immer spricht. Bei Maresa Sedl-meir ist das nicht nur Dove Cameron, sondern auch Bella Thorne. Vor kurzem hat sie Bella Thorne in dem Liebesfilm „Midnight Sun – Alles für dich“, der gerade in die Kinos gekommen ist, im Deutschen ihre Stimme geliehen.

Den Film in der deutschen Fassung zu schauen, kommt für Maresa nicht infrage: „Oh nein, das ist schrecklich! Das kann ich gar nicht! Da sehe ich leider immer nur: ‚Oh Gott, wie hast du denn das gesprochen?!‘ und ‚Oh, das hättest du mal lieber so gemacht!‘ Manchmal gucke ich mir es an, um zu sehen, wie das Gesamtding geworden ist, weil ich auch nur meine Szenen gesehen habe, aber das fällt mir ganz schwer.“

 Alle außer ihren Eltern sind Schauspieler. Ihr Bruder Paul und ihr Onkel Christian Tramitz spielen aktuell in der Vorabendserie „Hubert und Staller“, ihre Tante und ihr Bruder sind am Theater. „Ich bin da auch nicht so kritisch und finde meine Familienmitglieder die Besten“, sagt Maresa und lacht – passend zu ihrem schwarzen, übergroßen Pulli, auf dem ein weißer Smiley abgebildet ist. Schon immer war die 23-Jährige an Theater und Film interessiert. Sie hat zwar selbst auch mal Theater gespielt, das hat ihr aber nie so gut gefallen wie das Synchronsprechen. „Mich stört es gar nicht, in den Hintergrund zu treten“, sagt Maresa und spielt mit den zwei dünnen, schwarzen Haargummis an ihrem Handgelenk. „Vor allem kann ich in Jogginghose ins Studio gehen und trotzdem eine Frau im Ballkleid sprechen.“

Foto: Florian Peljak

Text: Lena Schnelle

Nah, aber nicht zu nah

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Handwerkliches, Künstlerisches und Geschichtenerzählen: Der Filmemacher Lukas von Stein hat durch Crowdfunding und eine Förderung vom Sender Sky eine Dokumentation über den Musiker Jesper Munk gedreht.

Zu hören: leise Bassakkorde, Schlagzeug und Jesper Munks bluesige Stimme. Zu sehen: Munk, der in der Garderobe sitzt und raucht, am Spiegel die Setlist mit den Songs, die er gleich spielen wird. Dann: Munk auf der Bühne, wie er mit geschlossenen Augen ins Mikrofon singt.
Diese Aufnahmen in Schwarz-Weiß sind Szenen aus „For In My Way It Lies“, einem Dokumentarfilm über Jesper Munk. Mehr als ein Jahr lang haben der Filmemacher Lukas von Stein, 24, und sein Tonmann Marcel Morast den Musiker immer wieder begleitet und gefilmt: privat, im Studio, auf Konzerten. In ganz Deutschland und sogar in Kanada. Mehr als 80 Stunden Rohmaterial haben sie dabei gesammelt.
„Wir wollten keine inszenierten, filmreifen Momente herauspicken, sondern ein möglichst authentisches Bild von Jespers Leben als Musiker einfangen“, sagt Lukas. Dazu gehören auch die stillen Momente hinter der Bühne, Konflikte und Zweifel. Orientiert habe er sich am „Direct Cinema“-Stil der frühen Sechzigerjahre, bei dem die Filmemacher reine Beobachter sind und nicht eingreifen. Auch Lukas wollte einerseits „von außen drauf schauen“ und gleichzeitig einen psychologischen Eindruck von Munks Musikerseele geben – was der junge Filmemacher im Nachhinein grinsend als „ein bisschen größenwahnsinnig“ bezeichnet. Allein schon angesichts der Unmenge an Material.

Und nicht nur das: Wenn man das Leben einer Person mit der Kamera dokumentiert, dringt man in ihre Privatsphäre ein, muss auch delikate Momente ohne Skrupel filmen können. Skrupellos ist Lukas nicht, trotz seines Anspruchs nach größtmöglicher Authentizität. Er hatte manchmal sogar ein schlechtes Gewissen Jesper gegenüber, sagt er: „Ihn in einem intimen Augenblick mit seiner Freundin Lary zu filmen, hat sich ziemlich voyeuristisch angefühlt.“ Warum dann ein Dokumentarfilm? Warum über Jesper Munk?

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Nach seinem Abitur in Schondorf am Ammersee ging Lukas von Stein ein Jahr nach North Carolina an die Duke University, wo er einen Einblick in verschiedene Studiengänge bekam. Film und Politik gefielen ihm, deshalb begann er später ein Regiestudium an der Münchner Hochschule Macromedia, wechselte aber bald zur Kamera. Die Finanzierung übernahmen seine Großeltern, selbst wenn die Adelsfamilie nicht zu den besonders vermögenden zählt. Auch seine Eltern standen hinter ihm: „Ich habe von ihnen viel Rückhalt, aber nur wenig künstlerische Inspiration bekommen. Mit dem Filmemachen kam ich erstmals in Amerika in Berührung.“ Zu Beginn des Studiums habe ihn seine mangelnde Erfahrung manchmal verunsichert. Mit seinem Hut, der runden John-Lennon-Sonnenbrille und einer Selbstgedrehten im Mundwinkel wirkt Lukas heute aber gar nicht unsicher. Er ist eloquent, erzählt, dass das Kamerastudium eine gute Entscheidung war, weil es viele seiner Interessen verband: Handwerkliches, Künstlerisches und das Geschichtenerzählen.

Allerdings stand Lukas häufig in dem Konflikt, nicht nur Geschichten in Bilder übersetzen, sondern die Geschichten auch selbst schreiben zu wollen: Für seinen Abschlussfilm schrieb er deshalb ursprünglich ein fiktives Drehbuch über einen Mittzwanziger, der sich nicht traut, seinen Traum zu leben – ein Thema, das Lukas immer wieder umtreibt, auch jetzt im Jesper-Munk-Film. Doch dann sah er zufällig den Dokumentarfilm „Dont look back“ über Bob Dylan. „Von da an wollte ich zum ersten Mal lieber einen Dokumentarfilm machen, anstatt mein Drehbuch umzuset-zen“, erzählt Lukas. Denn seine zweite große Leidenschaft ist Musik, von den Rolling Stones über Folk bis hin zu Hip Hop. Er spielt auch Gitarre in einer Band.

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Ein Protagonist musste also her. Am besten jung, aufstrebend und noch erreichbar. „Ich hörte Jesper Munk damals rauf und runter und dachte sofort an ihn“, sagt der Filmemacher. Zufällig stellte er fest, dass er Jespers Bassisten von früher kannte, so kamen sie in Kontakt. Munk war einverstanden – wenn auch ein bisschen unsicher, ob er „interessant genug für einen Film“ sei: „Ich sehe mich selbst nicht als etablierte Künstlergröße, sondern bin ja noch in der musikalischen Entwicklung“, erklärt Munk, der damals nicht ahnte, welche Größenordnung das Ganze am Ende haben würde. Doch er bereue nichts, er sei dabei über sich hinausgewachsen, habe so manche Unsicherheit zu überwinden gelernt: „Das Projekt hat mir ganz neue Blickwinkel eröffnet.“ Außerdem gefiel dem Musiker, dass die Filmemacher irgendwie in einer ähnlichen Phase waren wie er selbst: Lukas lernte zum Beispiel erst im Laufe der Dreharbeiten, wie er mit seinem Protagonisten umgehen musste, damit der sich nicht unwohl fühlte. „Anfangs wollte ich es freundschaftlich angehen, aber dadurch war ich als Kameramann zu präsent“, sagt Lukas. Deshalb hielt er sich beim Filmen die meiste Zeit im Hintergrund. Erst nach Drehschluss führten die beiden längere Gespräche, ohne Kamera. Dabei legten sich auch die letzten Bedenken bei Munk, der nach eigenen Angaben nicht sehr leicht Vertrauen fasst.

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Eine Freundschaft mit dem Protagonisten macht es für einen Dokumentarfilmer aber nicht leichter: Lukas zufolge bat Munk ihn häufig, die Kamera auszumachen, wenn er einen schlechten Tag hatte oder etwas Unangenehmes passierte. Zum Beispiel, als einmal bei einem Meet and Greet keine Menschenseele erschien. Dann musste Lukas abwägen: Er wollte Munk ja nicht bloßstellen, gleichzeitig aber auch sein Ziel verfolgen – da blieb die Kamera auch schon mal an.

Wie war das für den Musiker? „Ich war dann einfach nur wütend“, erzählt Munk. Aber dann wurde darüber geredet und weitergemacht: Beide hatten Verständnis für die Situation des anderen.
Ende des Jahres soll der Film fertig sein. Seit diesem Frühjahr sichten Lukas und Marcel das Filmmaterial. „Das ist zäh und oft frustrierend“, sagt Lukas, der die Arbeit teilweise alleine machte, weil sein Tonmann viel arbeiten muss. Denn durch die Crowdfunding-Spenden und eine Förderung vom Sender Sky konnten sie gerade mal die Produktionskosten decken, sich aber keine Gage zahlen. Mehr nebenbei hat Lukas im Herbst 2016 seinen Abschluss gemacht: einen Film mit dem bis dahin vorhandenen Material samt Bachelor-Arbeit und einer Reflexion über das Projekt. „Ich habe enorm viel dabei gelernt, auch über mich selbst. Es ist also viel mehr als nur ein Abschlussfilm“, sagt er. Lukas freut sich, seinen Film bei Festivals zu präsentieren und dann endlich wieder den Kopf frei zu haben für neue Filmprojekte, seine eigene Band und das Schreiben.

Jesper Munk spielt die letzten Akkorde. Das Publikum jubelt. Auf der Bühne sind alle Unsicherheiten vergessen – dort lebt der Musiker seinen Traum.

Video: https://vimeo.com/226266371

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Text:
Anna-Elena Knerich

Fotos: Lukas von Stein, Alessandra Schellnegger

Neuland: Dokumentarfilm aus München

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Der junge Filmemacher Alexander Bambach gastiert mit seinem Dokumentarfilm “Zwischenstation” auf dem Zimbabwe International Film & Festival Trust.

Von der Isar um die ganze Welt: Der junge Münchner Filmemacher, Kameramann und Schlagzeugspieler Alexander Bambach, 26, gastierte mit seinem aktuellen Dokumentarfilm über zwei Münchner Obdachlose gerade in Afrika. Vergangenen Donnerstag lief sein Film „Zwischenstation“ auf dem Zimbabwe International Film & Festival Trust, einem internationalen Filmfestival in Harare, der Hauptstadt Zimbabwes.

Schon beim Münchner DOK.Fest, auf dem der feinfühlige Porträtfilm Premiere feierte, erntete der junge Filmemacher viel Applaus. „Zwischenstation“ wurde dort von den Münchnern zum Publikumsliebling gewählt. Im Mittelpunkt des Films stehen die mittellosen Lebenskünstler Bernd und Zoltan. Das Leben und Wirken der beiden Obdachlosen, die unter der Wittelsbacher Brücke leben, wird von Alexander wirkungsvoll eingefangen.

„Während der Dreharbeiten habe ich wahnsinnig viel von den beiden lernen können“ erzählt der 26-Jährige Regisseur. „Zwischenstation“ gastierte bereits auf weiteren Filmfestivals, unter anderem auf dem Arthouse-Festival Filmkunstwochen München. 

Text: Louis Seibert

Foto:
Alexander Bambach

Neuland: Easyorange

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Produktionsfirma und Künstlerkollektiv zugleich, das ist Easyorgange. Die Gruppe besteht aus fünf Münchnern, die Kurz-und Imagefilme, sowie Musikvideos machen.

Easyorange – das sind fünf junge Münchner zwischen 20 und 22 Jahren: Anian Krone, Armin Kottek, und Tim Schäfer sind Mediengestalter für Bild und Ton, Leon Hörtrich hat gerade sein Kameradiplom abgeschlossen und Leo Vinzenz eine Technologie- und Management-orientierte Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität (TUM). Zusammen produzieren die jungen Männer Kurzfilme, Imagefilme und Musikvideos. Ihre Zielgruppe sind Unternehmen, die im Social-Media einen guten Auftritt hinlegen wollen, sowie Künstler und Musiker. Easyorange ist also eine Produktionsfirma, aber auch ein Künstlerkollektiv.
Im August zeigen sie drei Kurzfilme beim In Frames-Kurzfilmfestival.

Text: Ornella Cosenza

Foto: Easyorange